Gartenarbeit ist für viele eine Möglichkeit vom Großstadtalltag abzuschalten. Allerdings haben immer weniger Menschen einen Garten hinterm Haus. Hier helfen Community-Gärten. Sie nutzen oft den Platz von Baulücke und sind ein toller Weg sich mit der Natur auseinanderzusetzen oder soziale Kontakte zu knüpfen. Bereits 38 Community-Gärten gibt es in Budapest – einer von ihnen ist der Grundk3rt.
Die Bienen summen, die Sonne kitzelt die Nase, es duftet nach Tulpen und die Erde knirscht unter den Füßen. Die Baulücke gehört zu dem Bauprojekt “Corvin-Negyed” der Firma Futureal. Der Grundk3rt im VIII. Bezirk hat mit ihnen einen Vertrag, dass sie das Gelände so lange nutzen dürfen, wie die Baufirma es nicht selbst braucht. “Im Fall, dass sie das Grundstück bebauen wollen, sind wir gezwungen, auf ein anderes umzuziehen. Das muss dann schnell gehen. Manchmal schafft man es einfach nicht, alles abzubauen und ein Teil bleibt vor Ort zurück und geht kaputt. Wir müssen dann jedes Mal wieder von vorne anfangen”, berichtet Community-Gärtner Miklós Mátéka. Die Begegnungsstätte Gólya-Presszó bietet dem Community-Garten in solch einem Fall einen Raum, in dem sie einen großen Teil ihrer Sachen unterstellen können. Der Grundk3rt musste vor zwei Jahren zum dritten Mal umziehen, daher auch die Drei im Namen.
Solch ein kreativer Lückenschluss ist in Budapest keine Seltenheit. Seit ein paar Jahren wird das Konzept der Community-Gärten immer beliebter. Meistens kommen die Gartennutzer aus der nahen Umgebung. Auch Mátéka ist vor etwa drei Jahren auf die Gärten aufmerksam geworden. Er wohnt jedoch nicht im VIII., sondern in einem Außenbezirk Budapests. Trotzdem kommt er ein bis zwei Mal in der Woche in den Garten und packt mit an. “Ich selber habe hier kein Beet. Das habe ich nur in meinem eigenen Garten zu Hause. Ich verrichte kleine Arbeiten, baue viel – ich bin eher für die Logistik zuständig”, erzählt Mátéka. Wer Mitglied werden möchte, muss nicht unbedingt gärtnern wollen, aber muss sich bewerben. Die Interessierten werden zu einem Treffen eingeladen. Wenn sie von ihrer Einstellung zu Gartenhaltung und Natur her in die Gemeinschaft passen und aktiv sind, können sie ein Mitglied des derzeit 45-köpfigen Teams werden.
Ein Garten ohne Wasseranschluss und Elektrizität
Jedes Mitglied zahlt eine monatliche Gebühr von 500 Forint. “Das Geld wird gesammelt und nur im Notfall, wenn wir sonst nicht weiter kommen, genutzt. Das ist ein Grund, warum ich so weit fahre und nicht im Community-Garten bei mir zu Hause arbeite”, sagt Mátéka. Der Garten in seinem Bezirk werde von einer kommunalen Partei gesponsert, und wenn etwas fehlt, würde es einfach gekauft. “Aber hier müssen wir uns selbst helfen, selbstständig sein. Schauen, wo wir unser Material möglichst günstig oder geschenkt bekommen. Wir bauen zum Beispiel Trockner für Gemüse und Kräuter selber, statt sie fertig zu kaufen.” Das Gartenhaus habe die Gartengemeinschaft im Internet gefunden. Weil sie es selber abmontiert haben, bekamen sie es geschenkt. Der Grundk3rt ist immer auf der Suche nach Holzpaletten um Hochbeete und Möbel zu bauen. Den alten Feuerwehrschlauch mit dem sie an einer Löschstelle Wasser holen, schenkte ihnen eine Feuerwache. “Wir haben hier leider rein gar kein Grundwasser, das haben wir extra überprüfen lassen. Wir sind deswegen darauf angewiesen von einer Löschstelle Wasser zu holen und in unseren Regentonnen aufzubewahren”, erzählt Mátéka. Auch der Boden des Grundstücks war nicht zum Gartenanbau geeignet. Die Baufirma Futureal habe die geeignete Erde gespendet. Doch eine kleine aber nicht unerhebliche Besonderheit war schon da: Bienen. In einem Mauerloch tummelt, wild arbeitend, ein Bienenvolk. “Wir haben einen Imker gefragt, ob wir die Bienen in einen richtigen Stock führen können”, berichtet Mátéka. Doch wäre das wohl zu gefährlich für das Volk selbst. Der Imker habe ihnen dazu geraten, ein Tuch vor die Wand zu hängen. “Die Bienen fliegen so schräg von oben in den Verschlag, das soll artgerechter sein.”
Angebaut werden darf, was das Herz begehrt. Einige pflanzen nur Blumen an, andere Kräuter und Gemüse und wieder andere experimentieren mit Exoten. Die neuste Überlegung ist es, am sonnigsten Fleck des sonst eher dunklen Gartens eine Bananenpflanze anzubauen. Die Community verwendet für den Grundk3rt ausschließlich natürliche Produkte, chemische Pestizide sind strikt verboten. Im Garten gibt es sogar eine natürliche Toilette. Eine Art Plumpsklo mit Brille. Man setzt sich darauf und verrichtet sein Geschäft. Dann streut man Holzspäne darüber. Nach einer Weile wird der Behälter auf einem der vier verschiedenen Komposthaufen entleert. Nach zwei Jahren können die kompostierten Reste in den Beeten weiterverwendet werden.
Auch NGOs haben eine Parzelle
Die Nutzer vom Grundk3rt sind eine bunte Mischung. Das älteste Mitglied ist 80 Jahre alt und bringt regelmäßig ihre kleinen Enkelkinder mit. Vom Zoowärter bis zum Ingenieur sind verschiedene Berufsgruppen vertreten – auch ein paar NGOs haben sich reingeschlichen. Népi Ősgyógyászat, Menedék Migránsokat Segítő Egyesület und Messzelátó Egyesület haben hier ein Hochbeet. Die NGO Menedék Migránsokat Segítő Egyesület beschäftigt sich mit dem Leben von Migranten und nimmt regelmäßig einige zur Gartenarbeit mit. Messzelátó Egyesület hingegen setzt sich mit Naturheilkunde auseinander. Sie pflanzt ausschließlich Kräuter an und gibt Führungen durch ihren medizinischen Wald im Grundk3rt. “Wir sind eine Art Begegnungsstätte. Man kann lernen selbstständig etwas anzubauen, sich mit der Natur auseinanderzusetzen – wird etwa daran erinnert, wie eine Tomate wirklich schmecken sollte –, und lernt unglaublich viele, verschiedenen Menschen kennen”, berichtet Mátéka über seine Community. Der Garten wird von der Baufirma Futureal und natürlich von den Mitgliedern selbst auch als Veranstaltungsort genutzt. So können immer wieder Leute von außen in die kleine, grüne Welt hineinschnuppern. Jeden Mittwoch trifft sich, wer möchte im Garten und arbeitet zusammen, manchmal wird auch gemeinsam gespeist – natürlich möglichst das, was im Garten angebaut wird.