Eine Sternwarte, auch astronomisches Observatorium genannt, bietet Menschen die Möglichkeit, mit wissenschaftlichen Instrumenten den Sternenhimmel zu beobachten. Bisher war Budapests einzige Sternwarte nicht für die Öffentlichkeit zugänglich. Doch das soll sich bald ändern. Die Budapester Zeitung besuchte vorab die Einrichtung und gibt einen kleinen Einblick.
Der XII. Bezirk von Budapest (Hegyvidék) liegt in einem bergigen und vor allem grünen Waldgebiet. Neben den beliebten Aussichtspunkten Normafa und János-hegy versteckt sich auf der Budaseite aber auch noch ein anderes Schmuckstück: Das Konkoly-Observatorium. In einem parkähnlichen, gepflegten Garten befinden sich die frisch modernisierten, hellen Gebäude der ungarischen Akademie der Wissenschaften sowie verschieden große Türme zum Sterneschauen. Die Sternwarte ist ein astronomisches Observatorium in Budapest, das der ungarischen Akademie der Wissenschaften gehört und hier von ihr betrieben wird. Das Observatorium wurde im Jahre 1871 vom adeligen Astronomen Miklós Konkoly-Thege als Privatsternwarte gegründet und im Jahre 1899 an den ungarischen Staat als „ewiges Geschenk an die Astronomie“ vermacht. Miklós Konkoly-Thege war eine interessante Persönlichkeit des 19. Jahrhunderts und gilt als der Begründer der modernen Astronomie in Ungarn. Nicht umsonst ist die Straße, die direkt vom Normafa zur Sternwarte führt, nach dem Forscher, Politiker und Zugführer benannt. „Heutzutage gilt das Observatorium als Begegnungsstädte für Wissenschaftler, um gemeinsam Kometen, Mineralplaneten, Sterne und Lichtquellen zu erforschen“, berichtet László Kiss, Direktor des Observatoriums. Im Jahre 1940 wurde im größten Dom der Anlage, der über ein großes Teleskop von Zeiss verfügt, sogar ein Komet entdeckt. Maßgeblich beteiligt war das Observatorium auch am Großprojekt der Sonde Philae. Diese ist der erste von Menschen gebaute Apparat, der auf einem Kometen weich landete. Dabei wurde der Komet 67P/Tschurjumow-Gerassimenko entdeckt. Er ist der erste Komet und der siebte Himmelskörper insgesamt, der von einer gelandeten Raumsonde erforscht wurde oder noch wird. Der Arbeitsalltag in einer Sternwarte ähnelt einer realistischeren Form einer Folge „The Big Bang Theory“: Stundenlang wird auf hohem intellektuellen Niveau über physikalische Theorien diskutiert, die selbstverständlich auch mit 3D-Modellplaneten getestet werden. Die 3D-Modelle werden selbst hergestellt und perfektioniert. Um die Arbeit so akkurat wie möglich zu gestalten, können die Bildinformationen online vom jeweiligen Teleskop abgelesen werden. Es werden Mikroplaneten, Kometen und Solarsysteme erforscht. „Unsere Kernkompetenz liegt dabei in der Stellarastronomie, die sich besonders mit Fixsternen und deren Eigenbewegung und Entfernung beschäftigt“, so László Kiss. „Unsere Teleskope sind dabei solide und verlässlich, doch natürlich nicht vergleichbar mit einem 60-Millionen-Euro-Teleskop der NASA.“
Bisher ist die Sternwarte Budapest noch nicht für die Öffentlichkeit zugänglich. Dies soll sich allerdings bald ändern – und damit wird ein großer Wunsch des Managers erfüllt. Anlässlich des Merkurtransits am 9. Mai wird die Sternwarte erstmalig ihre Pforten öffnen: „Ein Merkurtransit ist relativ selten. Der Merkur zieht zwar alle 116 Tage zwischen Sonne und Erde vorbei, jedoch verfehlt er dabei meist die Sonnen und wandert entweder oberhalb oder unterhalb der Sonne vorbei. Ein Transit, also ein Überqueren der Sonnenscheibe, findet in unregelmäßigen Abständen von 3,5 bis 13 Jahren statt“, erklärt László Kiss. „Merkur wandert an diesem Tag für einige Stunden als kleines schwarzes Pünktchen über die Sonne. Im Grunde findet dann eine Sonnenfinsternis statt, nur, dass Merkur es nicht schafft, einen wesentlichen Teil der Sonne zu verdecken und so auf der Erde eine Verdunkelung des
Sonnenlichtes auszulösen. Von der Erde aus gesehen, ist er auf der Sonne sogar kleiner als die meisten Sonnenflecken.“ Mit bloßem Auge ist ein Merkurtransit also gar nicht zu erkennen. Den letzten, sichtbaren Merkurtransit gab es im Jahre 2003. Das erste öffentliche Event der Sternwarte wird eine Tagesveranstaltung, die voraussichtlich um 12 Uhr am Mittag beginnt. „Mit zwei bis drei kleineren Teleskopen werden wir die Besucher am Merkurtransit teilhaben lassen. Im Anschluss sind einige Vorträge von unseren Forschern geplant“, erzählt Kiss voller Vorfreude. Das erste „Schnupperevent“ wird für Besucher kostenlos sein, die später geplanten „Open Nights“ im Garten des Observatoriums sollen mindestens 500, höchstens aber 1.000 Forint kosten und sind damit sehr erschwinglich. „Wir wünschen uns, dass die Leute in Zukunft gerne zu uns kommen und dafür auch nicht allzu viel ausgeben müssen. Nichtsdestotrotz ist die Instandhaltung und Wartung der Geräte auch sehr kostspielig, daher können wir die Events nicht kostenlos veranstalten.“ Die Open Nights sollen an Mittwochabenden stattfinden, idealerweise in der ersten Mondhälfte, damit Besucher einen beeindruckenden Halbmond nach dem Sonnenuntergang betrachten können. Geplant seien auch ein Museum sowie eine permanente Ausstellung. Besonders stolz ist die Sternwarte auf die älteste Bibliothek für Astronomie Ungarns. „Wir verfügen über Primärquellen von Kopernikus, Keppler und Galiläa. Das sind für uns Hauptinformationsquellen, die bis ins 18. Jahrhundert zurückreichen.“ Reden während der Events sollen grundsätzlich auf Ungarisch und Englisch stattfinden: „Astronomie ist eine internationale Wissenschaft. Daher legen wir großen Wert auf die Kommunikation in englischer Sprache.“
Internationalisierung der Institution
Das Forschungsinstitut rund um das Observatorium beschäftigt derzeit rund 80 Forscher, darunter 50 Astronomen, welche von Universitäten oder kleineren Observatorien kommen. „Wir sind das größte Forschungsinstitut Ungarns. Zwei Drittel aller Astronomen arbeiten bei uns. Da wir während unserer Forschungsarbeit überwiegend englischsprachige Literatur rezipieren und dementsprechend auch überwiegend auf Englisch veröffentlichen, ist diese Sprache für jeden Mitarbeiter dieser Branche absolut unumgänglich“, betont Kiss. Das Budapester Observatorium pflegt internationale Partnerschaften, die der Direktor sehr wertschätzt. „Internationale Beziehungen pflegen wir während unseres Wissensaustausches mit den ausländischen Partnern. Dazu zählt vor allem das Max-Planck-Institut in Deutschland. Hinzu kommt wertvolle Expertise aus den Niederlanden, Spanien, Italien, Frankreich, Großbritannien, Dänemark und Australien.“ László Kiss hat selbst sieben Jahre lang in Sydney gelebt und an der Universität Astronomie unterrichtet, was man seinem einwandfreien Englisch anmerkt. „Viele meiner ehemaligen Studenten sind in die USA gegangen, denen man die Wichtigkeit in der Astronomiehistorie natürlich nicht abschlagen kann. So stehe ich im regen Austausch mit Wissenschaftlern aus Princeton, Harvard, Baltimore und Arizona. Ein Gespräch mit meinen ehemaligen Studenten erfüllt mich immer wieder mit Stolz.“ Das Konkoly-Observatorium beschäftigt derzeit auch fünf Forscher aus dem Ausland, darunter zwei aus Australien. Die anderen drei kommen aus Italien, Tschechien und China. „Wir nehmen immer gerne internationale Fachkräfte auf und achten dabei auch auf faire Gehälter, die nicht Ungarn-, sondern branchentypisch kalkuliert sind.“ Schließlich leitet das Observatorium auch Bachelor- und Masterstudiengänge an der ELTE-Universität im Bereich Astronomie.
Mehr Informationen unter finden Sie unter www.konkoly.hu