Nachdem wir in der vergangenen Woche die Hintergrunde einer für ungarische Verhältnisse ungewohnt verbreiteten Streikbereitschaft ausleuchteten, gab es bei den zwei dabei namentlich erwähnten Unternehmen der Automobilindustrie konträre Entwicklungen: Am vergangenen Donnerstag kam es in Sopronkövesd zu einem ersten Warnstreik, einen Tag darauf im achtzig Kilometer näher zur Hauptstadt gelegenen Győr zum Tarifabschluss.
In Győr hatte sich nach mehrmonatigen Tarifverhandlungen der erste Streikausschuss in der Automobilindustrie gebildet, ausgerechnet bei der Audi Hungaria Motor Kft., die nicht nur als größter Exporteur und Vorzeigeunternehmen des Landes gilt, sondern auch im Kreis der Arbeitnehmer anerkannt ist, wie der Stammplatz auf dem Siegerpodest bei Erhebungen der attraktivsten Arbeitgeber Ungarns zeigt. Warum es ausgerechnet bei der Audi Hungaria zur Eskalation im Tarifkonflikt kam, ist nicht abschließend geklärt. Man darf aber davon ausgehen, dass den Gewerkschaften die Lohnentwicklung beim Konzernschwesterwerk von VW in Bratislava nicht entgeht.
Die beste Lösung für alle Beteiligten
Jedenfalls kam es am vergangenen Freitag nach zwei angespannten Wochen zum Tarifabschluss, den alle Seiten begrüßten und der sicherlich die beste Lösung für alle Beteiligten ist. Dabei setzte sich weitgehend der Standpunkt der Unternehmensführung durch, denn der Grundlohn wird nicht einheitlich – wie von der Gewerkschaft gefordert –, sondern gestaffelt nach Lohngruppen um 15-20.000 Forint angehoben. Damit wird der „Mindestlohn“ bei Audi fortan 190.000 Forint monatlich betragen. Was übrigens rückwirkend zum Jahresbeginn wirksam wird – in diesem Punkt gab das Management nach, das die neuen Tarife eigentlich wie üblich ab April einführen wollte. Die Cafeteria wird auf 570.000 Forint aufgestockt, was vermutlich einen einsamen Rekord in Ungarn darstellt. Und wer dem Unternehmen das ganze Jahr über treu bleibt, wird als Bonbon auch noch bis zu 60.000 Forint obendrauf bekommen.
Vermutlich hätten die Arbeitnehmer in 99 Prozent der ungarischen Unternehmen für einen solchen Tarifabschluss keine Minute lang ans Streiken gedacht. Beim Automobilzulieferer Autoliv beispielsweise sind mit vielen Überstunden netto 150.000 Forint im Monat normal. Ermutigt vom Beispiel Audi in Győr bildete sich auch in Sopronkövesd ein Streikausschuss, denn das Angebot des Arbeitgebers von zweieinhalb Prozent mehr hatte die Mitarbeiter vor den Kopf gestoßen. Die Gewerkschaft hatte nämlich zwölf Prozent mehr gefordert.
Bedenkliche Haltung
Je nach dem Standpunkt des Betrachters könnte man das als „allerhand“ oder aber als „Nullrunde“ bezeichnen. „Allerhand“ deshalb, weil die Verbraucherpreise derzeit stagnieren, die Einkommensteuer gesenkt wurde und die Regierung Familien immer mehr Steuervergünstigungen einräumt. Doch auch die „Nullrunde“ lässt sich erklären, wurde den Arbeitnehmern doch 2013 vom damaligen Geschäftsführer die Einführung eines dreizehnten Gehalts zugesagt, und zwar ausgerechnet für 2016, wovon das heutige Management aber nichts mehr wissen will.
Diese Haltung erscheint bedenklich, wenn man weiß, dass Autoliv den ungarischen Standort gerade ausbaut: Bis 2017 sollen in der Fertigung von Sicherheitsgurten weitere 700 Arbeitsplätze entstehen. Von den aktuell 2.500 Mitarbeitern sind rund zwei Drittel zum Streiken bereit. Die Stimmung ist in dem Unternehmen, wo die Schichten an Hochsommertagen nicht selten bei 40 Grad Celsius am Band absolviert werden müssen, dermaßen aufgeheizt, dass die Gewerkschaft am vergangenen Donnerstag spontan zum Mittel des Warnstreiks griff.
Gerade hatte das Management seine Offerte auf acht Prozent heraufgesetzt – die Reaktion mit dem zweistündigen Ausstand rund um den Schichtwechsel am Frühnachmittag hätte nicht deutlicher ausfallen können. Das Management zeigte sich in einer Pressemitteilung an die Regionalzeitung Kisalföld verstört, man habe „schließlich den eindeutigen Willen gezeigt, die Pattsituation zu beheben“, indem die „Kompensation deutlich angehoben“ wurde. Der Produktionsausfall infolge des überraschenden Warnstreiks verursache Probleme bei der Bedienung der Kunden, doch werde „das Unternehmen alles tun, damit dies für die Geschäftspartner ohne negative Folgen bleibt“.
Zu niedrige Löhne und schlechte Arbeitsumstände haben mitunter halt auch in Ungarn Nebenwirkungen. Die lassen sich wohl am besten abstellen, indem man die Rahmenbedingungen verbessert.
„Man darf aber davon ausgehen, dass den Gewerkschaften die Lohnentwicklung beim Konzernschwesterwerk von VW in Bratislava nicht entgeht.“
Wie hoch sind denn die Gehälter in Bratislava?
190.000 Forint (ca. 600 €) netto Mindestlohn bei Audi sind auch nicht viel mehr als ein Taschengeld für Blöde. Wenn für einen einzelnen Flüchtling in Deutschland so wenig bereit gestellt würden, gäbe es einen riesigen Aufschrei.
Wintekorn und seine Banausen verputzen dass schon beim Frühstück, wofür einer in Ungarn einen Monat arbeitet.
Streiken, bis den Teutonen der Speck von den Knochen fällt !!