Natur, wandern und kontakten: Mit den „Budapest Hikers“ besteigt man nicht nur Berge, man lernt auch neue Leute kennen. Was mit der Suche nach Freunden zum Wandern begann, ist heute ein beliebter, internationaler Meet-up geworden.
„Ich bin durch ein Facebookevent auf die „Budapest Hikers“ aufmerksam geworden. Seit Jahren wandere ich und habe nach einer Möglichkeit gesucht, auch während meines Erasmussemesters in die Natur zu gehen“, berichtet Anna Elbert. Sie ist Teil der Osterwandertour am vergangen Wochenende. Mit gut 50 anderen Wanderlustigen startete sie im Börzsöny-Gebirge bei Budapest, um den Nagy-Hideg-hegy (864 Meter), dessen Name übersetzt so viel wie „großer, kalter Berg“ bedeutet, sowie den Csóványos zu besteigen. Mit seinen 938 Metern ist Letzterer der höchste Berg des Börzsöny-Gebirges. Vor gut einem Jahr gründete Ágnes Kecskés ein Meet-up auf Facebook, um eine Gruppe zum Wandern zu finden. Damals teilte keiner ihrer Freunde ihr Hobby. Es meldeten sich 170 Personen an. Auf der ersten Tour lernte sie ihre späteren Geschäftspartner Emilie Common (24) und Jamie Murphy (27) kennen. „Durch die große Nachfrage kam ich auf die Idee, „Budapest Hikers“ zu gründen. Ich organisiere seither monatliche Wandergruppen für Anfänger und Fortgeschrittene“, erzählt Ágnes Kecskés. Die junge Unternehmerin ist erst 21 Jahre alt, arbeitet im Facebookmarketing und studiert im Fernstudium Technologiemanagement. „Gemeinsam suchen wir die Wanderrouten aus und probieren sie auch selbst aus, bevor wir sie in unser Programm aufnehmen“, berichtet der Web-Entwickler Jamie Murphy. Gerade im Frühjahr sei eben das unerlässlich, da in den Bergen vereinzelte Bäche noch zugefrorene sein können oder Wege durch Baumstämme versperrt. Wenn das der Fall ist, so Murphy, müsse das Team eine alternative Route finden.
Lokale Geschäfte sollen unterstützt werden
Die Touren werden immer so geplant, dass man an lokalen Gaststätten vorbeikommt, um eine Mittagspause zu machen. „Uns ist es sehr wichtig, die lokalen Geschäfte und Einrichtungen zu unterstützen. So Planen wir zusätzliche Aktivitäten, wie zum Beispiel eine Fahrt mit der Kemencei-Erdei-Museumseisenbahn bei der Osterwanderung. Auch rufen wir dazu auf, Essen in einem hiesigen Restaurant vorzubestellen, statt sich ein Fresspaket für den ganzen Tag zu machen“, meint Emilie Common, die neben ihrer Arbeit bei den “Budapest Hikers” als Produktionsingenieurin tätig ist. Das Team informiert sich vor Antritt der Wandertour, wo die nächsten Siedlungen, Förster, Pensionen und Restaurants sind. Bei einem Zwischenfall wissen sie so, wo man am schnellsten Hilfe bekommt. Murphy hat zusätzlich auch eine Erste-Hilfe-Ausbildung und kann so gegebenenfalls sofort eingreifen. Jeder Teilnehmer bekommt eine Wanderkarte und eine Telefonnummer für den Notfall. Eine Einführung, worauf man beim Wandern achten muss, bleibt allerdings aus. Während der gesamten Wanderung befinden sich mindestens je ein Guide an der Spitze und einer am Ende. „Es gibt immer solche Teilnehmer, die förmlich rennen und solche, die alle paar Meter stehen bleiben, um ein Foto zu machen“, berichtet Emilie Common. So kann es schnell passieren, dass Lücken entstehen und die Vorderen warten müssen. „Auch wenn es kaum einer zugibt, freut sich doch jeder mal, eine Pause machen zu dürfen.“ Obwohl die Guides die Strecke kennen, müssen auch sie sich absichern und nutzen ein GPS-Gerät auf den Touren. Die nächste Anschaffung sollen Walkie-Talkies sein. Im Schnitt zahlen die Teilnehmer pro Tour um die 5.490 Forint (rund 18 Euro). „Durch das Geld, das wir einnehmen, decken wir unsere internen Kosten. Das heißt, dass der Bus, der uns zu der Wanderroute bringt, das Mittagessen, die Flyer und unsere Ausrüstung damit bezahlt wird“, rechnet Kecskés vor.
Wandern, um neue Leute kennenzulernen
Zu den Touren melden sich im Schnitt zwischen 50 und 100 Teilnehmer an. Die Gruppen sind stets multikulturell gemischt und von sechs bis 75 Jahren sind oft alle Altersklassen vertreten. Die „Budapest Hikers“ sind inzwischen nicht nur für ihre besonderen Wanderrouten, sondern auch als Meet-up bekannt. Viele der Teilnehmer kommen nicht nur, um Wandern zu gehen, sondern um neue Leute kennenzulernen. Die Touren werden, soweit nicht anders verlangt, auf Englisch geleitet. „Auch ich habe den Großteil meiner Freunde in Budapest über ‚Budapest Hikers‘ kennengelernt“, erzählt Jamie Murphy. Ágnes ist waschechte Budapesterin, Emilie ist vor gut anderthalb Jahren aus Frankreich und Jamie vor circa einem halben Jahr aus Großbritannien nach Budapest umgezogen. Die Wandergruppen sind genauso international wie ihre Guides. „Ich und meine Freundin kommen aus Schweden. Uns Schweden ist die Leidenschaft zum Wandern praktisch angeboren. Diese Gruppe gibt mir die Möglichkeit, aus der Stadt rauszukommen, in der Natur einmal tief durchzuatmen und mich vom Alltag zu lösen“, erzählt Tore Storvold, einer der Teilnehmer der Osterwanderung. „Bei den Touren lernt man immer wieder besondere und vor allem internationale Menschen kennen. Alleine für die guten Gespräche lohnt sich solch ein Ausflug.“ Bis jetzt ist das junge Team mit seinem Konzept sehr zufrieden: „Wir möchten in den nächsten Monaten expandieren. Schon jetzt organisieren wir kleine Wanderurlaube“, sagt Ágnes Kecskés. In Zukunft sollen diese auch außerhalb von Ungarn stattfinden. Bis zum Ende des Jahres möchten sie die ersten internationalen Touren fertig geplant haben. Zielgebiete wie die Slowakei und Städte wie Prag stehen dabei bei Kecskés ganz oben auf der Liste. „Vielleicht können wir sogar Partnergruppen in andern Städten gründen“, sagt sie strahlend. „Ich bin jedenfalls gespannt, wie wir uns weiterentwickeln werden, und freue mich schon darauf, bei der nächsten Tour, neue Leute kennenzulernen.“
Falls auch Sie jetzt die Wanderlust gepackt haben sollte, finden Sie weitere Informationen zu den nächsten Touren der „Budapest Hikers“ unter www.budapesthikers.com.