Eine sonntägliche Bootstour mitten in der Hauptstadt? Das soll ein Bauprojekt im sechsten Bezirk möglich machen. Die Regierung verabschiedete Pläne für ein 215 Milliarden Forint teures Projekt, das das Stadtbild stark verändern wird. Innerhalb eines Monats soll das Konzept stehen, doch mittlerweile formieren sich auch Gegner der Umgestaltung.
Die verkehrstechnisch bedeutende Podmaniczky utca im Westen Budapests verläuft parallel der vom Nyugati pályaudvar (Westbahnhof) ausgehenden Gleise und verbindet die Gegend um den Bahnhof mit dem Stadtwäldchen. Hier verkehren nicht nur Reisende, die mit dem Zug in Richtung Osten Ungarns unterwegs sind, sondern auch Menschen, die im Einkaufszentrum WestEnd auf der Suche nach modischen Schuhen oder englischsprachigen Kinofilmen sind. Die Idee für die Umgestaltung der Gegend stammt ursprünglich von Geschäftsmann Sándor Demján, einem der reichsten Männer Ungarns. Er war mit seiner Immobilienfirma TriGránit für den Bau des 1999 eröffneten Shoppingcenters verantwortlich. Es dürfte auch in seinem Interesse liegen, dass durch die Veränderungen rund um die Podmaniczky utca der Wert der Gebäude sich voraussichtlich noch weiter erhöht. Es ist geplant, den Bahnhof und dessen Schieneninfrastruktur zu renovieren und ihn dafür zwei Jahre zu schließen. Der Nyugati samt Gleisen soll unter die Erde verlegt werden; darüber soll auf einer zweiten Ebene ein 25 Hektar großer Park mit 4.000 Bäumen, zahlreichen Bänken und einem See entstehen, auf dem man Bootfahren kann. Die Idee ist, einen Gemeinschaftsraum zu schaffen. Wohnhäuser, Bürogebäude und Einkaufszentren sollen nicht gebaut werden, dafür Sportflächen, Springbrunnen, Cafeterien und kleine kulturelle Einrichtungen. Die Details des Konzepts werden bis Ende April ausgearbeitet, sodass 2017 mit den Bauvorbereitungen begonnen werden kann.
Budapester Berühmtheiten uneins
„Bäume sind unsere Verwandten, unsere Brüder, solche Lebewesen, die man nicht verletzen darf“, kritisiert der mit dem Attila-József-Preis ausgezeichnete Schriftsteller und prominenter Gegner des Projekts Tamás Ungvári gegenüber Népszava Online die geplante Abholzung vieler Bäume. Große Hoffnung auf die Schlagkraft verschiedener Petitionen bestehe zwar nicht, aber der moralische Erfolg sei sicher. Zahlreiche weitere Berühmtheiten wie etwa der ehemalige Staatssekretär Géza Jeszenszky, der Schriftsteller und Dichter János Térey und der Historiker Krisztián Ungváry unterzeichneten letzte Woche eine Erklärung, in der sie sich für einen Baustopp aussprachen. Auf der anderen Seite formieren sich die Befürworter des Projekts, unter anderem Júlia Fabényi, Direktorin des Ludwig-Museums und der Schauspieler und Kossuth-Preisträger Károly Mécs. Es darf also erwartet werden, dass die Auseinandersetzung über Sinn und Unsinn dieses Projekts noch nicht zu Ende ist.
Dieses Projekt macht Sinn. Oder möchte sich jemand vorstellen, dass noch viele Jahre diese trostlose ungenutzte Fläche bleibt. Wie immer gibt es Streit um die Nutzung und Gestaltung der Fläche. Normal ist das in einer Demokratie. Sicherlich wird es unter Fidesz schnelle gehen als vergleichbare Projekte im reichen Deutschland.