Bereits zum 34. Mal findet in diesem Jahr die ungarische Pressefotoausstellung statt. Gezeigt werden die besten Bilder des Jahres. Darunter sind Werke, die Szenen aus den Themenkreisen Kunst und Kultur, Sport, Natur und Wissenschaft sowie Gesellschaft zeigen. Erstmalig wurden auch Bilder in der Sonderkategorie Flüchtlingskrise ausgezeichnet. Die Ausstellung wurde bereits am 25. März eröffnet und ist noch bis zum 14. Mai im Robert-Capa-Zentrum für Zeitgenössische Fotografie zu besichtigen.
Nach wie vor gehört die ungarische Pressefotoausstellung zu einer der bedeutendsten Plattformen der hiesigen Fotoindustrie. 240 Fotografen, viele von namhaften Printmedien, andere Freiberufler, haben sich in diesem Jahr mit 2.434 Wettbewerbsbeiträgen und insgesamt 7.029 Fotos beworben. Alle in der Hoffnung einen der begehrten und zum Teil hoch dotierten Preise des jährlich stattfindenden Fotowettbewerbs zu gewinnen. Rund 300 Fotoarbeiten konnten vor den kritischen Augen der aus nationalen und internationalen Experten bestehenden Jury standhalten und haben es in die Ausstellung geschafft. Als Kopf der Jury holte sich die Ungarische Pressefotoausstellung in diesem Jahr mit Petr Josek einen Experten aus der Tschechischen Republik ins Boot.
Ein Thema dominiert
Wenn man die ungarischen Pressefotos des vergangenen Jahres betrachtet, dann gibt es wohl ein Thema, um das man einfach nicht herumkommt: Die Flüchtlingskrise hat 2015 nicht nur die politische Diskussion und die Schlagzeilen, sondern auch die Titelbilder der Zeitungen in Ungarn und ganz Europa dominiert. „Viele Fotojournalisten haben die Flüchtlingsbewegung von Beginn an dokumentiert. Das visuelle Material, das dabei entstanden ist, drohte den Umfang unseres Fotowettbewerbs zu sprengen. Deshalb haben wir uns entschieden, erstmals in der Geschichte des mehr als drei Jahrzehnte alten Wettbewerbs eine gesonderte Kategorie zu schaffen, in der alle Bilder, die sich diesem Ereignis widmen, zusammengefasst werden“, erklärt Tamás Szigeti, Veranstalter der
Ausstellung und Sekretär der Abteilung Fotojournalismus des ungarischen Journalistenverbandes. Dabei wurden in der neuen Fotokategorie „Flüchtlingskrise“ sowohl Fotoserien als auch Einzelaufnahmen zu diesem Thema ausgezeichnet.
Auch der Hauptpreis des Journalistenverbands MÚOSZ ging in diesem Jahr an eine Fotoserie, die sich der Flüchtlingskrise widmet. Unter dem Titel „Transitland“ („Tranzitország) zeigt István Fazekas berührende Szenen, die sich in der zweiten Hälfte des vergangenen Jahres an Ungarns Grenzen abgespielt haben. Dabei setzt der hvg-Fotograf besonders eindrucksvoll auf das Spiel von Licht und Schatten. Seine Bilder, die zumeist Nachtaufnahmen sind, zeigen wartende Flüchtlingsgruppen im blendenden Licht der Polizeischeinwerfer, aber auch Söhne, die sich verängstigt hinter den Rücken ihrer Väter drücken. Bereits im vergangenen Jahr ging der Preis an eine Fotoserie, die die Flüchtlingsfrage thematisierte.
Ein Spiegel des gesellschaftlichen Diskurses
Besonders sehenswert sind auch die eher konzeptionellen Arbeiten des unabhängigen Fotokünstlers Miklós Déri, der für seine Portraitserie über die Stereotypisierung der ungarischen Romabevölkerung den renommierten André-Kertész-Preis erhielt. Déri ließ Intellektuelle, Wissenschaftler und andere prominente Mitglieder der Romaminderheit in Kostüme und Posen schlüpfen, die dem bis heute existenten Klischee der Roma als Musiker, Gauner und Jahrmarktswahrsager entsprechen. Dem stellt er Bilder der Personen in ihren Alltagsoutfits gegenüber. „Wenn wir ein Bild eines Roma sehen, setzt sich in unserem Kopf automatisch ein auf der Rasse des Fotografierten beruhender Wertungsprozess in Gang. Mit meinen Bildern wollte ich den latenten Rassismus sichtbar machen, mit dem Roma beinahe täglich in der Gesellschaft konfrontiert werden“, erklärt Déri das Konzept seiner Fotoreihe.
Insgesamt bietet die Ausstellung dem Besucher einen einzigartigen Rückblick auf die Bilder und Ereignisse, die uns im vergangenen Jahr beschäftigt haben. Seien es traurige Ereignisse, wie die Flüchtlingskrise, die Terroranschläge von Paris, das Begräbnis des ehemaligen Staatspräsidenten Árpád Göncz oder seien es fröhliche Momente, wie die Farbenschlacht auf dem Sziget-Festival, die Geburt eines neuen Menschen oder das Lachen einer Familie, die der Armut trotzt – die 34. Pressefotoausstellung lässt uns all das durch die Linse der Fotografen Revue passieren. Dabei repräsentieren die verschiedenen Ausstellungsräume jeweils unterschiedliche Themenbereiche.
Eine der Fotoserien, die in diesem Jahr mit einem Preis ausgezeichnet wurden, trägt den Namen „Nichts besonderes“ („Semmi különös“). Doch sowohl die einfühlsamen Portraitaufnahmen, die sich hinter dem Titel verbergen, als auch jedes andere Bild in der Ausstellung hat es geschafft, eben das „Besondere“ eines jeden Motivs zu finden und in Szene zu setzen.
Katrin Holtz
Robert-Capa-Zentrum für Zeitgenössische Fotografie
Budapest, VI. Bezirk, Nagymező utca 8
Öffnungszeiten: Montag 14 bis 21 Uhr,
Dienstag bis Freitag bis 19 Uhr, am Wochenende 11 bis 19 Uhr
Weitere Informationen finden Sie unter www.capacenter.hu