Zu den großen Rätseln Ungarns gehört, wie normale ungarische Arbeitnehmer mit ihren erschreckend geringen offiziellen Gehältern über die Runden kommen und teilweise sogar eine Familie ernähren. Da ihnen Nahrung, Wohnraum, Kleidung und so weiter natürlich nicht nahezu umsonst zufliegen, bleiben nur zwei Möglichkeiten: Entweder sie können sich ihre Nettoeinkommen mit zusätzlichen schwarzen Einkommen etwas aufpolieren oder sie sind extrem leidensfähig. Wahrscheinlich sogar beides.
Es hat den Anschein, als würde die Leidensfähigkeit beziehungsweise -willigkeit in letzter Zeit bei immer mehr Berufsgruppen an ihre Grenzen stoßen. Immer mehr ungarische Arbeitsnehmer kommen nicht nur zur Überzeugung, dass sie zu wenig verdienen, sondern sind auch bereit, dies öffentlich kundzutun. Die spektakulärste diesbezügliche Nachricht der letzten Tage ist sicher die Überlegung einer nicht unbeträchtlichen Zahl an Mitarbeitern von Audi Hungaria, ihren Lohnforderungen mit einem Streik Nachdruck zu verleihen.
Wenn es sogar schon beim Flaggschiff der ungarischen Industrie derart rumort, dann kann man sich leicht ausmalen, wie es bei anderen Firmen aussieht. Möglicherweise werden wir uns bald persönlich davon überzeugen können, in welchen Firmen es noch Arbeitnehmer gibt, die sich nicht fair bezahlt fühlen und dies auch zu zeigen bereit sind. Bisher waren Streiks im nahezu streikfreien Nachwende-Ungarn nur eine Sache von Verkehrsmitarbeitern. Das könnte sich bald ändern.
Auf jeden Fall scheint das bisherige Maß an Lohnzurückhaltung die Geduld der ungarischen Arbeitnehmer inzwischen immer mehr zu übersteigen. Das hat sicher auch damit zu tun, dass ungarische Arbeitsnehmer immer größere Probleme damit haben dürften, zu akzeptieren, dass ausgerechnet für ihre vernünftige Bezahlung das Geld fehlt. Ob in Staatsbetrieben oder in der Wettbewerbssphäre: Während Top-Gehälter für Top-Manager kein großes Problem zu sein scheinen, wird auf den Ebenen darunter geknausert, was das Zeug hält.
Wenn es um gewisse Projekte der Regierung oder deren Lieblinge geht, haben sich bisher noch immer ein paar Milliarden gefunden. Nur für die „kleinen“ Staatsbediensteten, ob nun im Bildungswesen oder in den Krankenhäusern, scheint partout kein Geld da zu sein. Sie werden mit lächerlichen Lohnerhöhungen abgespeist und müssen teilweise sogar für ihnen bereits zugesagtes Geld hart kämpfen. Angestellten in Unternehmen, die für den Export arbeiten, dürfte es wiederum ein großes Rätsel sein, warum die mit ihrer Arbeitskraft hergestellten Waren auf dem Weltmarkt für ordentliche Preise verkauft werden, sie selbst aber mit relativ unordentlichen Löhnen abgespeist werden.
Im einfachen Angestellten muss immer mehr der Eindruck entstehen, dass es hier primär nicht um ein Geldproblem geht, sondern dass etwas mit der gerechten und fairen Verteilung der vorhandenen Gelder nicht stimmt. Und wenn schon nicht Fairness, sondern Ellenbogen und das Recht des Stärkeren regieren, dann sollte man halt nicht zimperlich sein. Falsche Zurückhaltung wird ohnehin nicht honoriert, sondern nur schamlos ausgenutzt… Eine Zwei-Klassen- Gerechtigkeit bei der Verteilung der Gelder scheint zwangsläufig zu Klassenkampf zu führen.
Der ungarische Staat hat diese Fehlentwicklung über Jahre hinweg toleriert und, wo er Mitsprache bei Lohnentscheidungen hatte, die Politik des Lohndumpings sogar noch nach Kräften unterstützt. Während Tag für Tag offensichtlicher wird, dass das auf Niedriglöhnen basierende ungarische Geschäftsmodell brachial gescheitert ist, übt sich die ungarische Regierung auch jetzt noch in dessen Zementierung. Und die Auslandsinvestoren assistieren – bar jeglichen strategischen Denkens – dabei kräftig.
So haben wir nun etwa die paradoxe, aber eigentlich traurige Situation, dass sich die von den Ungarn jahrelang herablassend belächelten Slowaken mit sehr wettbewerbsfähigen Angeboten auf dem ungarischen Arbeitsmarkt bedienen. Nachdem Westeuropa hier schon jahrelang wildern durfte, wühlt nun auch Ungarns nördlicher Nachbar in der Resterampe.
Wer weiß, was geschehen muss, damit die ungarische Regierung das Ausbluten des ungarischen Arbeitsmarktes endlich stoppt und Ungarn eines Tages vielleicht sogar wieder zum regionalen Magneten wird. Viel hängt diesbezüglich von den Auslandsinvestoren ab. Nutzen sie ihren Gestaltungsspielraum bei der Personalpolitik, aber auch beim Lobbying in Richtung Regierung, um ihre beachtliche Entwicklung der letzten Jahre in die Zukunft zu verlängern? Oder berauschen sie sich weiterhin nur kräftig an den billigen Arbeitskräften, nur um nicht an den Tag denken zu müssen, an dem damit endgültig Schluss sein wird?
„Nachricht der letzten Tage ist sicher die Überlegung einer nicht unbeträchtlichen Zahl an Mitarbeitern von Audi Hungaria, ihren Lohnforderungen mit einem Streik Nachdruck zu verleihen.“
Deutschland ist in Ungarn nur wenig mehr als Deutschland in Bangladesh. Die Ausbeutung kennt keine Grenzen. Und doch sollte Ungarn die von den Teutonen und Labanzen gerufenen Flüchtlinge ohne Murren und Maulen aufnehmen. Daraus wird nix, liebe Audifahrer.
Streiken, was das Zeug hält !! Hajrá Magyarorszàg.
Vor Monaten haben hier viele Ostdeutsche ihrer Wut auf Merkel freien Lauf gelassen und Ungarn gelobt. Für Ungarn nur interessiert sich keiner von denen. Sie haben den Wohlstand bekommen, den sie nicht verdienen und die Zeit zu jammern. In der EU gibt es eindeutig keine Solidarität. Mir ist zum Kotzen, wenn Deutsche Solidarität verlangen und Flüchtlinge verteilen wollen. Es muss doch irgendwie möglich, dass das reiche Europa Schutzsuchende aufnimmt und integriert. Stimmt.
Ungarn aber gehört nicht zum reichen Europa. Wer es nicht versteht, sollte den obigen Artikel nochmal lesen.
Ich wünsche allen Steikenden Mut und Geduld. Es wird ein langer Kampf.
Der kanadische Außenminister hat letzte Tage in einem Interview in der FAZ einiges erzählt über den Umgang mit Flüchtlingen in seinem Land und einen wichtigen Grundsatz verteiligt: Die Bevölkerung sollte niemals schlechter gestellt werden als die Migranten. Wenn diese den Eindruck hätten, Flüchtlinge bekämen mehr Leistungen, ist die Integration vorbei.
Na, den Migranten möchte ich sehen, der für ungarischen Lohn bei Audi, Mercedes, Bosch oder ungarischen Unternehmen in Ungarn arbeiten würde – und der nicht in Anbetracht der Sozialleistungen, die er im Falle von Arbeitslosigkeit oder Krankheit zu erwarten hätte, schnell über die westliche Grenze verschinden wollte !!
Liebe Migranten, geht gleich zum Faymann, zur Merkel, zum Junckers !
Dort sind die Gelder aus der Steueroase und aus Gewinnen der Waffeninsdustrie !
Glaub ich eher nicht, weil audi morgen (Montag) neue Vereinbarungen bezüglich der Löhne für die Mitarbeiter unterschreibt und genaueres danach bekannt gibt.
Bravo ! Ich würde mich schon freuen, wenn es nicht nur wenig mehr als die üblichen Hungerlöhne wären, die dann bekannt gegeben werden. Aber so oder so. Es beträfe nur Audi. Könnten diese Gehaltserhöhungen eine Signalwirkung haben ?
Der Umgang der deutschen Automobilhersteller mit ihren Zulieferern ist brutal und oftmals sittenwidrig, wie dieser Artikel zeigt:
http://www.wiwo.de/unternehmen/auto/krankes-system-die-brutalen-methoden-der-autokonzerne-gegen-zulieferer/11238074-all.html
Die Zulieferer gründen in ihrer Not Auslandstöchter und quetschen diese dann aus.
Die Arbeitnehmer der Zulieferer erwerben kein portables Wissen und keine portablen Skills wie z.B. handwerkliche Fähigkeiten.
Die Zulieferer können auch nicht peu a peu wachsen, durch allmähliche Ausweitung ihrer Produktion. Wenn ein Kfz-Hersteller 53.287 Auspuff-Anlagen ordert, dann muss der Zulieferer exakt diese Menge fertigen, nicht einen mehr oder weniger.
Es stellt sich die Frage nach dem Wert speziell solcher Industrieansiedelungen.
Rüdiger Schütz
Das Verháltnis Deutschlands zu Ungarn entspricht dem Verháltnis von Audi und Merceds zu Ungarn oder Rumánien.
Danke Herr Schütz für den Link.