Am Mittwochmorgen kam es landesweit zu stillen Protesten vor Schulen. Für diesen Tag hatte die Bewegung „Ich will unterrichten!“ (Tanítanék) ihre einstündige Arbeitsniederlegung angekündigt. Landesweit nahmen mehr als 200 Schulen teil, denn bisher sieht die Bewegung keine ihrer Forderungen erfüllt. Nach wie vor fordern sie vor allem eines: wirkliche Gespräche.
Doch eben diese scheint die Regierung auch weiterhin kategorisch abzulehnen. Der jüngst ins Amt gelangte Staatssekretär für Bildung, László Palkovics, ließ im Anschluss an die Protestaktion der Tanítanék-Bewegung wissen, man werde nicht gesondert mit den demonstrierenden Lehrern verhandeln. Auf einer Pressekonferenz sprach Palkovics davon, dass der zivile Widerstand kein annehmbares Mittel sei, allerdings hätten die Teilnehmer keine Retorsionen zu befürchten.
Erste Schritte gen Kompromiss
Doch was ist in den vergangenen zwei Wochen seit der Großkundgebung geschehen? Der wohl bedeutendste Punkt dürfte ohne Zweifel die Ankündigung sein, dass das umstrittene Klebelsberg- Institut (Klik) aufgelöst werden soll. Vergangene Woche Dienstag teilte Bence Rétvári, Staatssekretär im Superministerium für Humanressourcen, mit, dass das Verwaltungsmonstrum bereits im Sommer der Vergangenheit angehören soll. Doch wie genau dies aussehen soll, ist nicht bekannt. Schnell machte sich das Gefühl breit, hier würde erneut nach dem Prinzip „Divide et impera“ verfahren, denn die Auflösung des Kliks ist eine der Kernforderungen der streikenden Lehrer. Tatsächlich wäre dies nicht der erste Versuch, einen Keil in die bisher geschlossene Front der Pädagogen zu schlagen. Tatsächlich war der kurz nach Beginn der Proteste einberufene Rundtisch der Regierung ein erstes Unterfangen – jedoch mit wenig Erfolg. Auch die Leiterin der Demokratischen Gewerkschaft der Pädagogen (PDSZ), Istvánné Galló, sieht in der Ankündigung Rétváris keinen wirklichen Willen zur Veränderung seitens der Regierung. Vielmehr vermutet sie, das Institut würde lediglich umbenannt und in mehrere kleinere Einheiten unterteilt.
Erste Hinweise darauf veröffentliche das Portal vs.hu am Mittwoch. So hätte die Regierung auf Betreiben des Kommunikationsstabes des Ministerpräsidenten zwar entschieden, das Klik aufzulösen. Gleichzeit zitiert das Portal aber ein ranghohes Regierungsmitglied mit der Aussage, dass auf der strukturellen Basis des Klik ein neues Institut entstehen könnte. Dieses könnte dann – zumindest dem Namen nach – unbescholten und unbelastet starten und der Regierung somit erlauben, dies als Zugeständnis an die Protestler zu verkaufen. Auch die neue Struktur scheint bereits bekannt: dezentralisierte, kleinere Einheiten, jedoch mit mehr Befugnissen ausgestattet. Auch die Universitäten würden dem neuen Institut unterstellt. Die dies betreffende Konzeption soll in zwei Wochen vor das Parlament gebracht werden und bereits ab September in der Praxis umgesetzt werden.
Erste Schritte in Richtung Einigung scheint es jedoch bereits zu geben: So sprach Frau Galló in der vergangenen Woche davon, dass es in 18 der 25 Forderungen der Pädagogen erste Chancen auf Kompromisse gebe. Konkrete Punkte wollte sie auf der Pressekonferenz zwar nicht preisgeben, doch sei beispielsweise die Senkung der Unterrichtsstunden für Lehrer auf 22 Wochenstunden ein Punkt, in dem es kein Nachgeben seitens der Gewerkschaft gibt – und das, obwohl dies ein hart umkämpfter Punkt ist. Dennoch sprach sie sich auf der Pressekonferenz vorsichtig zuversichtlich aus.
Angst vor negativen Auswirkungen
Dabei sprach sich die PDSZ-Leiterin in der vergangenen Woche noch gegen die Arbeitsniederlegung aus, schließlich könnte dies mit negativen Konsequenzen für die Arbeitnehmer einhergehen. Kurz vor dem Streik dann die Überraschung: Die PDSZ nimmt doch an der Aktion teil.
Dass die Angst vor negativen Konsequenzen nicht gänzlich unbegründet scheint, zeigen Geschehnisse am Morgen aus dem hauptstädtischen VIII. Bezirk. Die stellvertretende Bürgermeisterin des Bezirks, Péterné Sántha, fuhr, so berichtet es das Portal www.kettosmerce. hu, vor Schulen vor und fragte unter anderem vor der Losonci téri Grundschule die Anwesenden, wer als Lehrer an der Arbeitsniederlegung teilnehme und bat, dies per Handzeichen zu signalisieren. Dass auch das Angstmachen kein neuer Zug ist, zeigt allein das Beispiel des mittlerweile zur Leitfigur avancierten István Pukli. Von ihm forderte das Klik nach der Teilnahme an der Miskolcer Demonstration mit unerfüllbarer Frist nicht-existierende Papiere (die Budapester Zeitung berichtete).
Neuer Anlauf
HR-Minister Zoltán Balog teilte zum Ende der vergangenen Woche mit, eine landesweite Rektorenkonferenz einberufen zu wollen. Wie er im Interview mit dem Kossuth-Radio sagte, sollen dort die Schlüsselfiguren des Bildungssystems zu Wort kommen. Der Minister möchte, dass dem nationalen Großereignis kleinere, regionale Foren folgen. Mehr als 300 Rektoren sind im ersten Anlauf geladen, um ihre Sorgen mitzuteilen. Sowohl auf dem landesweiten, als auch später in den regionalen Foren soll, so der Wunsch des Ministers, erreicht werden, dass einerseits Informationen direkt an die jeweiligen Empfänger gelangen und andererseits auch die Lehrer das Gefühl vermittelt bekommen, ihre Sorgen werden ernst genommen. Auf den Foren soll es unter anderem um den Abbau der Bürokratie gehen. Auf die Forderung der Lehrer, auch den lexikalischen Lehrstoff für Schüler zu reduzieren, antwortete der studierte Theologe, die Welt hat sich verändert, heute arbeiten die Menschen mehr, so müssten auch die Kinder mehr lernen – allerdings müsste dies in sinnvollem Rahmen und so passieren, dass es nicht zu Lasten der Kindheit geht.
Weitere Aktionen geplant
István Pukli, Direktor des Zuglóer Blanka Teleki Gymnasiums, sprach am Mittwochmorgen vor mehreren Hundert Demonstranten über die weiteren Pläne: „Wir, die Zivile Bildungsplattform, geben der Regierung zwei Wochen, um wirkliche Gespräche zu beginnen.“ Ansonsten müsse mit weiteren Aktionen gerechnet werden.
Balog Zoltan scheint der Laden um die Ohren zu fliegen. Ist er überfordert oder hat er die Orientierung verloren, ist er machtlos ? Effizienzfanatiker Orban hat das entstehen eines Systems ermöglicht, welches nicht nur unfähig ist zum echten Dialog ist, sondern eine ineffiziente, starre Bürokratie zur Folge hat. Diese Drmokratiedefizite muss Ungarn bewältigen. Die Bildungspolitik zeigt das grösste Versagen.