Am Mittwochmorgen ging die Nachricht durch die Medien, der IS habe mitgeteilt, Brüssel sei nur der Anfang gewesen, „morgen können auch Portugal und Ungarn Zielpunkte sein“. Dies dürfte Öl ins Feuer der Diskussion um neue Terrorabwehrgesetze sein.
Am heutigen Freitag wird ein Gesetzentwurf vor das Parlament gebracht, das bereits im Vorfeld die Gemüter erhitzte. Obwohl es als moralisches No-go gilt, aus Toten politisches Kapital zu schlagen, will die Regierung, getragen von der Schockwelle der Anschläge in Brüssel, doch noch ein Gesetz zur Terrorabwehr durchbringen. Das Nachrichtenportal index.hu sprach mit dem fachlichen Leiter der Gesellschaft für Freiheitsrechte (TASZ) über den bekanntgewordenen Entwurf.
Keine reelle Chance auf Umsetzung
Vier Punkte sind es, die die Regierung nun mit Nachdruck verwirklichen will. So soll dem Zentrum zur Bekämpfung des organisierten Verbrechens in Zukunft direkter Zugang auf die wichtigsten Datenbanken gewährt werden. Weiterhin soll im Falle eines Terrorangriffs der Datentransfer von Privatpersonen eingeschränkt werden. Dies soll die Kommunikation der Rettungshelfer sichern. Auch die Rechtsbefugnisse der Polizei und Grenzschützer sollen erweitert werden. Für den größten Wirbel sorgte jedoch der Punkt, in dem es um das Verbot von Kommunikationsmitteln geht, die von den Behörden nicht überwacht werden können.
In der drastischsten Lesart würde dies gar auf ein Verbot von Smartphones hinauslaufen. Dániel Máté Szabó von der TASZ betrachtet dies hingegen als Absurdität und schlicht nicht umsetzbar, sind Chiffrier-Apps doch heute keine Seltenheit mehr. Mehr noch: Mit seiner Entscheidung vom 16. Januar hat das Straßburger Gericht für Menschenrechte entschieden, eine Erlaubnis des Justizministers reicht nicht aus, um eine Abhöraktion zu genehmigen. Hierzu müsse erst noch eine unabhängige Instanz, sprich, ein Gericht die Verhältnismäßigkeit dieses Schrittes abwägen.
Applikationen im Fadenkreuz
Noch am Donnerstag bemühte sich der stellvertretende Fraktionsvorsitzende Gergely Gulyás um klärende Worte: „Es ist keine Rede davon, dass Smartphones verboten oder deren Gebrauch eingeschränkt werden soll,“ sagte er gegenüber Index. Vielmehr sollten nur solche Apps auf die Verbotsliste, die ein Abhören unmöglich machen. Als Beispiel nannte er hier CryptTalk, Secphone und SilentPhone. Diese Applikationen sind jedoch allesamt über den Apple AppStore und den Android PlayStore erreichbar.
Auch ist es mehr als fraglich, wie ein Verbot umgesetzt werden soll. Denn betrachtet man das Duell zwischen Apple und dem FBI dieser Tage in den USA, ist es mehr als unwahrscheinlich, dass das amerikanische Unternehmen die beanstandeten Apps aus seinem Store entfernen wird. Ebenfalls bleibt die Frage, wie kontrolliert werden soll, dass bereits heruntergeladene Apps nach dem Verbot gelöscht werden. Auch dazu müsste es eine Kooperation mit den zwei Tech-Giganten Apple und Google geben. Und wie steht es um aus dem Ausland nach Ungarn gebrachte Mobiltelefone? Der Operative Stamm traf sich vergangene Woche, um mit Papier und Kuli bewaffnet, über die Terrorgefahr im 21. Jahrhundert zu beratschlagen. Die Idee, Apps verbieten zu wollen, zeigt einmal mehr, wie wenig affin die ungarische Regierung in Sachen moderner Kommunikation ist.