Sowohl Einheimische als auch Touristen kommen bei der 3D-Hightech-Zeitreise durch die ungarische Geschichte voll auf ihre Kosten. Diese findet in der 700 Jahre alten, gotischen Michaelskapelle im Burgviertel statt, die dem Filmerlebnis ein besonderes Flair verleiht. Dazu musste sie allerdings erst aus einem Dornröschenschlaf geweckt werden.
In der Michaelskapelle sind zwei historische Filme zu sehen: die „Geschichte Ungarns” und „1490”, der den Zustand der Budaer Burg im Jahre 1490, dem Todesjahr von König Matthias zeigt. Beide Filme werden abwechselnd im 15-Minuten-Takt von 10 Uhr bis 17 Uhr gezeigt. Für die kleinen Gäste bietet die Kinderecke einen 3D-Film über Dinosaurier an. Funde aus Ungarn zeigen, dass deren Vorbilder einst auch hier durch die Ur-Wälder streiften. Die Filme sind in acht Sprachen zu sehen, welche individuell an jedem Platz gewählt werden können.
Ausblick auf Vergangenheit und Gegenwart
Ursprünglich war die Michaelskapelle ein Teil eines unterirdischen Friedhofes, der zur Matthiaskirche gehörte. Die Michaelskapelle war lange verschüttet. Dann wurde sie in die Fischerbastei integriert, nachdem sie bei deren Renovierung vor etwa dreißig Jahren entdeckt worden war. Die Fischerbastei selbst wurde von 1895 bis 1902 aus Anlass der Tausend-Jahrfeier der ungarischen Staatsgründung errichtet. Sie steht auf den Überresten der alten Stadtmauer des Burgviertels, die an dieser Stelle den Namen Fischerbastei trug. Im Zuge der Rückeroberung Budas von den Türken wurde sie schwer beschädigt und dann größten Teils abgetragen, wobei vermutlich auch die Michaelskapelle verschüttet wurde. Die Fischerbastei ist mit ihren Aussichtsterrassen und -türmen eine der beliebtesten Sehenswürdigkeiten von Budapest, da man von ihr den schönsten Blick auf die Stadt hat. Seit August letzten Jahren bietet sich in der Michaelskapelle nun auch noch ein beeindruckender Blick in die Vergangenheit. Roland Varga, Gründer der Firma 3DPast erzählt, dass er im Urlaub die Idee bekam, einen 3D-Film mit historischem Inhalt zu produzieren. Die direkte Anregung dazu kam ihm in Rom, wo es für Touristen schon so etwas gibt. Von 2010 bis 2012 entstand sein erster Film: die Rekonstruktion der Budaer Burg des Jahres 1490. Die Wahl des Themas war vom Gedanken geleitet, ein historisches Objekt in seiner Glanzzeit zu zeigen, das heute – ähnlich wie das Rom der römischen Kaiserzeit – nur noch in einigen Überresten zu bewundern ist. Varga, damals noch Informatikstudent an der Technischen Universität, begann zusammen mit einer Gruppe angehender Informatiker und Architekten, die Burg aus historischen Quellen zu rekonstruieren und zu modellieren. Später hat die Gruppe noch einen Historiker ins Team eingeladen. Der positive Zuspruch für ihr Erstlingswerk hat sie dann ermutigt, sich an eine deutlich größere Aufgabe zu wagen: „Die Geschichte Ungarns“. Während am ersten Projekt fünfzehn Studenten mitgewirkt hatten, waren an diesem Film sogar fünfzig Mitarbeiter beteiligt.
Landesweite Vorführmöglichkeit
Vargas Zielgruppe sind vor allem Touristen, da eine so komprimierte Darstellung der Geschichte Ungarns hervorragend mit ihrem häufig knapp bemessenen Zeitbudget korrespondiert. Doch auch Ungarn aller Altersgruppen sind nach den Worten von Varga ebenso begeistert. Sie würden sich sogar gerne auch eine längere
Version des Filmes ansehen. Vargas Plan ist es daher, die Geschichte Ungarns abendfüllend aufzuarbeiten und in die Kinos zu bringen. Bis es so weit ist, können die existierenden Filme auf Anfrage im ganzen Land gezeigt werden. Die Firma 3DPast verfügt über einen Vorführungsbus mit 20 Plätzen und über mobile Leinwände. Roland Varga freut sich, dass seine Filme inzwischen auch zu einer Attraktion auf Festivals geworden sind, wie zuletzt am 15. März, dem ungarischen Nationalfeiertag in Győr. Darüber hinaus sind Restaurants, Konferenzveranstalter und auch Betreuer von ausländischen Delegationen an den Vorführungen interessiert. Bis der Kinofilm fertig ist, müssen sich die Fans laut Varga allerdings noch etwa vier Jahre gedulden. Dies liegt zum einen an der aufwendigen Modellierung der Szenen, bei dem die Produzenten den Anspruch haben, bis ins Detail historisch korrekt zu sein. Zum anderen liegt es am enormen Rechenaufwand der Computer. Eine Sekunde Film besteht wegen der perspektivischen 3D-Darstellung aus zweimal 30 Bildern. Die Berechnung der Farben für jedes einzelnes Bild mit Hilfe nur eines einzigen Hochleistungscomputers hätte bei der Produktion des Filmes „1490“ ganze 14 Jahre gedauert. Deshalb wurde und wird bei der Farbberechnung auf sogenannte Rendering-Farmen zurückgegriffen. Einige Szenen des Films „Geschichte Ungarns“ wurden in Rendering- Farmen berechnet, die aus bis zu 1.400 Computern bestehen. Solche Kapazitäten sind derzeit nur in den USA verfügbar.
Weitere Informationen:
www.3Dpast.com