Vergangene Woche Montag verlieh der deutsche Botschafter Heinz-Peter Behr dem Malteser-Aktivisten András Schumicky das Verdienstkreuz am Bande des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland. Gewürdigt werden damit insbesondere dessen Leistungen im Zusammenhang mit der Betreuung von DDR-Flüchtlingen im Sommer 1989 und generell sein jahrzehntelanges Engagement für die deutsch-ungarische Freundschaft.
András Schumicky hat 1989 entscheidend dazu beigetragen, dass beide Malteser-Lager in Budapest den riesingen Anstrom von ostdeutschen Flüchtlingen bewältigen konnten, da er die Anstrengungen der westdeutschen und ungarischen Helfer koordiniert hat. Seit dieser Zeit engagiert er sich unentwegt für die deutsch-ungarischen Beziehungen, so etwa im Rahmen der grenzüberschreitenden intensiven karitativen Zusammenarbeit des ungarischen und des deutschen Malteser-Hilfsdienstes. Botschafter Behr hob bei der Übergabefeierlichkeit in der Deutschen Botschaft in seiner Laudatio die verschiedenen Leistungen von Schumicky hervor, die den strengen Anforderungen für die Verleihung des Verdienstordens erfüllen. „Als im Sommer 1989 tausende DDR-Flüchtlinge in Budapest strandeten und die Botschaft der Bundesrepublik wegen Überfüllung geschlossen werden musste, erklärte sich der ungarische Malteser-Hilfsdienst zur Betreuung der Flüchtlinge bereit.“ Bis zur Grenzöffnung im September 1989 sei dies eine erhebliche Herausforderung gewesen. „Dass wir heute, mehr als 25 Jahre danach, rückblickend sagen können, dass
wir diese Herausforderung gemeistert haben, lag zu großen Teilen an Menschen wie Ihnen, Herr Schumicky. Über viele Wochen haben Sie sich mit einem von Herzen kommenden Engagement um die deutschen Flüchtlinge gekümmert und somit eine ganz zentrale Rolle bei der Lösung dieser Flüchtlingskrise eingenommen.“ Nicht zuletzt aufgrund seiner sehr guten Kenntnisse der deutschen Sprache war Schumicky dafür prädestiniert gewesen, dazu beizutragen, dass der Informationsaustausch zwischen den Flüchtlingen und deutschen Hilfsorganisationen auf der einen Seite und den ungarischen Helfern und Hilfsorganisationen auf der anderen Seite reibungslos ablief. „Auch durch meine persönlichen Erfahrungen, die ich in dieser Zeit in der Botschaft in Budapest gemacht habe, weiß ich, welch ein Kraftakt dies war“, erinnerte sich der Botschafter. „Seit dieser Zeit engagieren Sie sich unentwegt für die deutsch-ungarischen Beziehungen, sowohl im Rahmen der grenzüberschreitenden karitativen Zusammenarbeit des Ungarischen Malteser Caritasdienstes und Deutschen Malteser-Hilfsdienstes als auch in zahlreichen anderen Lebensbereichen und haben in diesem Kontext verantwortungsvolle Positionen übernommen.“ Von 1992 bis 1996 war Schumicky Generalsekretär des Ungarischen Malteser Caritasdienstes. Nach verschiedenen weiteren Karrierestationen ist er seit 2007 im „ÉrMe“-Netz tätig (siehe dazu unser Interview auf den Seiten 20 und 21) und hatte auch die Leitung der Baukommission der Römisch-Katholischen Kirche in Páty inne. Darüber hinaus betreut er seit 2011 die Ungarische Delegation des Ungarischen Malteser-Ritterordens und ist seit 2012 als Beauftragter des Außenministers in der Karpato-Ukraine tätig.
Die Auszeichnung ist das Ergebnis einer Gemeinschaftsleistung
In seiner Dankesrede betonte Schumicky, dass eine Auszeichnung dieser Art nicht einer Person, sondern der Gemeinschaft all derer zustehe, die sich in einer Krisensituation einer Aufgabe stellen. „Aufgaben muss man nicht
suchen”, so Schumicky. „Das Leben trägt sie an einen heran. Man muss nur ja sagen.” Dass Helfen ein Dienst ist, der Freude macht, hat Herr Schumicky von Csilla von Boeselager, der Mitbegründerin des Ungarischen Malteser Hilfsdienstes (MMSz) gelernt, die eine besondere Gabe hatte, Menschen zu inspirieren und dazu anzuregen, über sich selbst hinauszuwachsen. Aus ihrer eigenen persönlichen Krise heraus, bei ihr wurde Krebs diagnostiziert, hatte sie schon 1988 damit begonnen, Hilfsgütertransporte nach Ungarn zu organisieren. „Erstaunt blicke ich heute zurück, welche Aufgaben mir von Csilla in so jungen Jahren anvertraut und zugetraut worden waren”, erinnert sich Schumicky. Seine Deutschkenntnisse, die von so entscheidender Bedeutung waren, sagt der studierte Maschinenbauingenieur, habe er elterlicher Strenge zu verdanken, in erster Linie seiner Mutter. Deren Vater war in Garmisch-Patenkirchen in amerikanischer Kriegsgefangenschaft. Seine Familie und die damals 11jährige Mutter verbrachten aus diesem Grund zwei Jahre in Deutschland. Seine intensiven Verbindungen nach Deutschland haben dazu geführt, dass ihm von Anfang an eine Schlüsselrolle bei der Betreuung der Kontakte der Gemeinde seines Wohnortes Páty mit ihrer deutschen Partnergemeinde zufiel. Kirchheim bei München und Páty haben eine vergleichbare Größe und befinden sich beide im Einzugsgebiet eines Ballungsraumes, was für einen Erfahrungsaustausch auf Gemeindeebene interessante Anknüpfungspunkte liefert. Über die Jahre haben sich viele persönliche Freundschaften entwickelt. Günter Schwindl, der 40 Jahre lang eine liberale Politik im Gemeinderat Kirchheim vertreten hat, über mehrere Jahrzehnte auch als stellvertretender Bürgermeister, kann sich daher nicht vorstellen, dass Spannungen, die derzeit auf höchster politischer Ebene die Gemüter erregen, bestehende Freundschaften trüben könnten. Man würde sich eher noch intensiver bemühen, einander zu verstehen, wobei das Wissen über die geschichtlichen Erfahrungen des anderen hilfreich sei.
Kommt die Familie bei so viel Engagement am Ende nicht zu kurz?
Ehefrau Ildikó, diplomierte Soziologin und Wirtschaftswissenschaftlerin, hat besonders in der Zeit als ihre sechs Kinder noch klein waren, ihrem Mann den Rücken frei gehalten. Es wurde jedoch offensichtlich, dass auch die Beziehungen innerhalb der Familie der Pflege bedurften. Bei der Überwindung dieser Krise war Inspiration aus Deutschland von entscheidender Bedeutung, wie András Schumicky betont. Das Ehepaar Schumicky hat die Gedanken des visionären Erziehers Josef Kentenich für sich entdeckt. Bereits vor 100 Jahren, als Kindererziehung unter dem Motto „Zucht und Ordnung” stand und das Wort des Familienoberhauptes Gesetz war, hat ein katholischer Priester Prinzipien formuliert und in jahrzehntelanger Erziehungsarbeit unter Beweis gestellt, die von den natürlichen inneren Motivationen des Menschen ausgehen. Diese Motivationen werden nicht unterdrückt, sondern gefördert und veredelt. Aufgabe des Erziehers ist es dabei, sich selbst im Spiegel der Menschen, die ihm anvertraut sind, zu erziehen. In diesem Umfeld wird das Übernehmen von Verantwortung zum Selbstausdruck und Führungspersonen lernen, was heute als emotionelle Intelligenz bezeichnet wird. Das Ehepaar Schumicky hat diese Gedanken, die heute unter dem Namen Schönstatt-Bewegung bekannt sind, nicht nur in der eigenen Familie umgesetzt, sondern auch andere Familien in Ungarn dafür begeistert. Zumindest die Schumickys haben ihre eigenen Zerreißproben gut bewältigt. Heute sind die Kinder in Organisationen engagiert, die ihren Eltern am Herzen liegen.
Familiäre Generalprobe
Der Geehrte und seine Familie wussten zunächst nichts von der Ordensverleihung. Diese wurde von einem Freund der Familie, Georg von Twickel, initiiert, der den Vorschlag bei den deutschen Behörden eingereicht hatte. Als die Nachricht ankam, bastelten die Töchter einen Orden, den sie dann ihrem Vater, dem Botschafter zuvorkommend, schon einmal im Familienkreis überreichten. Ein bemerkenswertes Detail ist der Umstand, dass das Mitteilungsschreiben vom Botschafter ausgerechnet am Geburtstag des Geehrten unterzeichnet worden war. Ob da jemand planend seine Hand im Spiel hatte, wird fröhlich spekuliert. Der Botschafter winkt ab. Höhere Fügung vielleicht? Dann wäre es doch noch bedeutungsvoller gewesen, man hätte mit der Ehrung noch ein Jahr gewartet, bis zum 55. Geburtstag vielleicht? András Schumicky lacht. Seine Familie ist gläubig, aber nicht abergläubisch.
Lieber András Schumicky,
liebe Redaktion der BZ,
über Deine hohe Auszeichnung, die Du zu recht erhalten hast, habe ich mich sehr, sehr gefreut. Für mich bleibt unvergessen, wie ihr im Team um Frau Csilla von Boeselager und Pater Imre Kozma im Sommer 1989 selbstlos den damals hilfebdürftigen DDR- Flüchtlingen geholfen habt. Unsere damaligen Kontakte haben sich bis heute gehalten. Darüber dürfen wir uns Beide freuen und stolz sein zu gleich. Bleibe gesund und tue auch in Zukunft das, was getan werden muss – um es mit den Worten von Pater Imre Kozma zu sagen (siehe: „Wir taten einfach, was richtig war“ 2. August 2014 – geschrieben von EKG in Feuilleton · Grenzöffnung 1989).
Peter Kämpfe