Wer das Wort Kantine hört, denkt meist zuerst an lange Warteschlangen, Plastiktabletts und Frittiergeruch. Mit dieser Vorstellung hat das Ende 2014 eröffnete Bistro DIÓ – delicate:cantine jedoch reichlich wenig gemein. Statt Currywurst und Schnitzel gibt es in der Delikatessenkantine nahe dem Kalvin tér saisonale, hausgemachte Kost, die gesund und fit halten soll. Das Zepter und den Kochlöffel schwingt in dem kleinen aber feinen Einmannbetrieb der österreichische Gastronom Klaus Sommer.
Sicherlich ist das sympathische Auftreten von Klaus, der hinter der Theke, aus seiner offenen Küche heraus gerne auch mal ein Schwätzchen mit den Kunden hält – und das in mehreren Sprachen, darunter Deutsch, Ungarisch, Englisch, Französisch und Italienisch –, einer der Gründe, warum ihn viele Gäste gerne wiederbeehren. Seit über 15 Jahren lebt der Österreicher bereits in Ungarn, seit ungefähr eben so langer Zeit „ist die Gastronomie für mich ein zweites Standbein“, erzählt Sommer. Vor Budapest hatte er in Sopron in Westungarn bereits das Lokal DIÓ sarki fűszeres-Greissler am Eck betrieben.
Vier-Jahreszeiten-Vitalküche
Doch neben Sommer, sind es an erster Stelle die kulinarischen Köstlichkeiten, die überzeugen. Der passionierte Koch beschreibt seinen Stil als Vier-Jahreszeiten-Vitalküche. „Der Unterschied zu anderen ist, dass ich wirklich jeden Tag frisch und mit besten Grundprodukten koche. Ich gehe am Morgen auf die Budapester Märkte und in andere Spezialitätenläden und wähle die Zutaten aus. Dabei achte ich darauf, dass ich den Jahreszeiten entsprechend plane. Jetzt kommt der Frühling, da verwende ich wieder mehr Gemüse – Frühlingszwiebeln und Bärlauch zum Beispiel. Auch beim Fleisch achte ich darauf, dass ich nur die beste Qualität nehme“, erklärt Sommer, was er darunter versteht.
Und tatsächlich meint man, seinen Küchenkreationen die Vitalität geradezu anzusehen. Sein Filet Wellington im Blätterteig mit Zopfmuster ist umringt von Bohnen im kräftigen Grün und saftig orangefarbenen Babykarotten. Am liebsten verwende er für seine täglich wechselnden Menüs, bestehend aus einer Suppe, einem Hauptgericht und einem Dessert, Zutaten, die es nur für kurze Zeit gibt, „zum Beispiel Blutorangen oder Rhabarber“. Auch auf die Spargelsaison freue er sich schon. Sommer versteht sich bestens auf das kulinarische Komponieren, auf die Finessen der Harmonisierung verschiedener Gewürze – die anders als bei manch ungarischem Lokal aus mehr als nur Salz, Pfeffer und Paprika bestehen –, und auf die ansprechende Präsentation seiner Gerichte.
Neben den Jahreszeiten bestimmt ein thematischer Wochenplan, was im DIÓ auf der Speisekarte steht. So bereitet Sommer Freitags immer ein Fischgericht zu, Montag hingegen startet er mit einem leichten Menü in die Woche, dienstags gibt es traditionell österreichische Kost, wie Tafelspitz, Kaiserschmarrn oder Tiroler Spinatknödel in einer modernen Interpretation. Die Mitte der Woche wird im DIÓ mit dem Mangalica-Mittwoch eher gehaltvoll begangen. Dabei wird neben dem Fleisch des ungarischen Wollschweins auch anderes für die ungarische Küche Typisches, wie Graurind, Gans oder Ente, serviert. Am Donnerstag hingegen lockt Sommer mit einem Menü aus „Superfood“. „Superfood“, erklärt Sommer sind jene Lebensmittel, die viele Ballaststoffe enthalten wie Hülsenfrüchte oder Quinoa, aber auch solche, denen eine positive gesundheitliche Wirkung nachgesagt wird, wie Granatäpfeln oder Nüssen.
Neben dem Tagesmenü stehen auch Frühstück sowie Sandwiches und Salate auf der Speisekarte.
Die Nuss ist ein Muss
Bei Klaus Sommer ist die Nuss ein Muss, und zwar insbesondere eine, nämlich die Walnuss (ungarisch dió). Das hat nicht nur damit zu tun, dass sie gut schmeckt und viele ungesättigte Fettsäuren, Vitamine und Spurenelemente enthält, sondern auch damit, dass die Familie Sommer im Burgenland, kaum 230 Kilometer von Budapest entfernt, ein Weingut bewirtschaftet. In den Weinrieden wachsen auch zahlreiche Walnussbäume. „So erklärt sich auch meine Liebe zur Walnuss. Sie hat mich seit Kindheitstagen begleitet“, erklärt Sommer. Daher werden im DIÓ neben Weinen aus dem Hause Sommer, darunter Muskat Ottonel, Neuburger, Zweigelt oder Blaufränkischer, auch hausgemachte Delikatessen rund um die Nuss verkauft. Zum Angebot gehört beispielsweise die eigene Produktreihe „Budapesto“, in der der Gastronom unter anderen ein hausgemachtes Walnusspesto vertreibt. Das mundet besonders gut auf einer frischen Scheibe Walnussbrot und ein paar Probierhäppchen aus Walnusssalami und -Käse – die ebenfalls im DIÓ angeboten werden. Weiterhin gibt es Walnussöle und Walnussmarmeladen, aber auch Paprikapasten sowie außergewöhnliche Pestosorten, wie Lavendel-Mandel-, Mohn- oder gar Mangalica-Pesto.
Für Wiederholungstäter
Das DIÓ delicate:cantine mit seiner lässigen Atmosphäre, die sich sowohl im lichtdurchfluteten Eingangs- und Thekenbereich, als auch im eine Treppe tiefer gelegenen gemütlichen Gastraum durchzieht, ist die richtige Adresse für eine entspannte Mahlzeit mit Freunden oder die Mittagspause. Gerne können Vorbestellungen aufgegeben und Speisen zum Mitnehmen eingepackt werden. Das macht das DIÓ vor allem für anspruchsvolle Berufstätige zu einer gesunden und hochwertigen Alternative zu üblichen Kantinen und Schnellimbissen. Hier wird man gerne zum Wiederholungstäter: Klaus Sommer nutzt das und animiert Stammkunden weiterhin durch eine Treuekarte, die nach dem zehnten Besuch eine kleine Überraschung verspricht.
Katrin Holtz
Budapest, V. Bezirk, Királyi Pál utca 9
Öffnungszeiten: Montag bis Freitag zwischen 9.30 und 18 Uhr
Reservierungen und Vorbestellungen unter +36 30 599 0537
2-Gänge-Tagesmenü:1.890 Forint
3-Gänge-Tagesmenü:2.390 Forint
Einzelne Speisen: 690 bis 1.590 Forint
Kalte oder warme Getränke: 290 bis 790 Forint