Von András Jámbor
Lieber Viktor, als Ministerpräsident des Landes, in dem ich lebe, empfehle ich Dir nicht, Demonstranten auszulachen. Immerhin handelt es sich diesmal um 50.000 bis 80.000 Menschen, die für ein Ziel, noch dazu ein sehr edles Ziel, nämlich für die Verbesserung des Bildungswesens und für die Zukunft unserer Kinder, gestern auf den Straßen von Budapest demonstrierten. Es ist keine gute Idee, sich über sie lustig zu machen.
Lieber Viktor, die Demonstranten haben nicht verlangt, dass Du zurücktreten sollst, sie wollen lediglich, dass Du Dich bei Ihnen entschuldigst. Dass Du nett und freundlich bei denen um Entschuldigung bittest, die Du beleidigt und in den letzten sechs Jahren gedemütigt hast.
Lieber Viktor, Sie haben von Dir lediglich verlangt, dass sie als Lehrer arbeiten können, dass unsere Kinder in einem besseren Bildungssystem lernen können, dass unser Land besser funktioniert. Ist aber nicht genau das die Aufgabe eines Ministerpräsidenten? Wäre es in einer Demokratie daher nicht die Aufgabe des Ministerpräsidenten, sich endlich mit den Forderungen der Protestierenden zu beschäftigen statt sie auszulachen?
Diese 50.000 bis 80.000 Menschen entsprechen einem halben Friedensmarsch (Name einer mehrmals durchgeführten Pro-Regierungs-Demonstration, Anmerk. Red.). Allerdings eines Friedensmarsches, der von selbst und ohne millionenschwere Anzeigekampagne und Tausenden Bussen zustande kam. Einfach nur, um von Dir eine bessere Zukunft zu fordern.
Viktor, die Forderungen der Protestierenden auszulachen, ist genau diese Arroganz wegen der Ihr Salgótarján (In dieser Stadt konnte sich kürzlich der Kandidat der Opposition gegen den Fidesz-Kandidaten durchsetzen, Anmerk. Red.) verloren habt. Sie ist genau diese Arroganz, von der selbst ein großer Teil Deiner Wähler genug hat. Sie ist diese Arroganz, die Wut und unterdrückte Gewalt auf die Straße bringt, um eines Tages zu explodieren. Das kannst Du aber nicht wollen. Und wenn Du es willst, dann haben wir ein großes Problem.
Versuche Dich bitte einmal im Leben einsichtig zu zeigen, verlasse den Kriegspfad und sehe Deinen eigenen Landsleuten ins Auge. Auch denen, die nicht für Dich gestimmt haben und bitte Sie um Entschuldigung. Wenn Du das nicht hinbekommst, dann lass wenigstens Deinen überheblichen Stil.
Ich kann und möchte Dir nicht drohen, ich habe keine Lust dazu. Es wäre aber an der Zeit, vernünftig zu werden. Denn je arroganter und überheblicher Du antwortest, umso größer wird das Problem.
Die meisten Menschen beschäftigen sich nicht so sehr mit der Politik, dass sie der Abbau der verfassungsmäßigen Gesetzlichkeit interessieren würde oder die Übernahme der öffentlichen Medien durch die Regierung. Sie wissen aber, dass man in einer Demokratie die Macht zu guten Entscheidungen zwingen kann. Ist die Macht dazu jedoch nicht willens, dann gibt es keine Demokratie mehr. Wenn diese Menschen jetzt sehen, dass die Regierung ihre berechtigten Forderungen verlacht, dann werden sie sich nicht ernst genommen fühlen. Dann werden aber auch die Demonstrationen etwas anders ausfallen als bisher, mit einer anderen Tonart und mit anderen Dimensionen.
Freilich kann jeder so lange lachen, wie er will, die Frage ist nur, wer zuletzt lacht.
Der Kommentar erschien am Mittwoch auf dem regierungskritischen Blog kettosmerce.hu.