Orientalisch anmutende Rhythmen von Trommeln, Flöten und Zupfinstrumenten, dazu bunte Röcke und glitzernde Oberteilen – der klassisch-orientalische Tanz, gemeinhin bekannt unter dem Namen Bauchtanz, kommt ursprünglich aus Ägypten. Inzwischen ist er aber auf der ganzen Welt zu finden. Auch in Budapest.
Ein kleiner Raum in einem Jugendzentrum. Eine Gruppe Teenager steht in einem Kreis. Bunte Tücher um die Hüften gebunden – manche mit Plättchen und Perlen bestickt, die bei jeder Bewegung klimpern. Inmitten der Mädchen und Jungen steht Sara Molnar, um den Jugendlichen das Bauchtanzen näherzubringen. Sie selbst tanzt seit Jahren, nun möchte sie auch anderen ihre Leidenschaft näherbringen. „Es ist wichtig, den Kindern verschiedene Kulturen und deren Ausprägungen zu zeigen“, erklärt die 29-jährige. Für Sara hat alles angefangen, als sie 17 war. Sport war für sie eher nebensächlich, lesen war ihr da schon lieber. „Zum Bauchtanzen hat mich schließlich die orientalische Musik gebracht. Die Rhythmen und die Atmosphäre haben mich direkt fasziniert“, erzählt Sara. Da eine Freundin zur selben Zeit schon in einer Tanzschule zum gleichen Stil tanzte, ist Sara einfach mitgegangen – und hat sich direkt in die Sportart verliebt. „Inzwischen bin ich nicht nur mehr von der Musik und den Bewegungsabläufen begeistert. Selbst das intensive und oft stundenlange Training vor Auftritten hat für mich seinen Reiz – und natürlich die herrlichen Outfits.“
Es zählt Kreativität
Bei dem Begriff Bauchtanz kommen einem vielleicht die üblichen Bilder von orientalisch anmutenden Tänzerinnen in bunten Tüchern in den Sinn. Aber so müssen die Kostüme nicht aussehen – der Bauchtanz besteht aus vielen verschiede ne Stilrichtungen. Neben der klassisch-orientalischen Richtung, bei der tatsächlich die bekannten bauchfreien Tänzerinnen mit glitzernden Oberteilen und wehendem Tuchstoff bewundert werden können, gibt es zum Beispiel den Baladi. Hier tragen die meist weiblichen Tänzerinnen goldene Armreife und Ohrringe, ein Kopftuch und eine Galabija – ein hemdartiges Gewand mit langen Ärmeln und weitem Rockteil. Jeder Stil hat dabei seine spezifischen Vorgaben für Outfits – wie sehr man sich dann schließlich an sie hält, bleibt dem oder der Tänzerin aber in der Regel selbst überlassen. Aber eins haben alle Kostüme, egal, zu welchem Stil sie nun klassischerweise getragen werden, gemein: Sie sind bunt.
Handarbeit statt Massenware
Wer mit offenen Augen durch die Straßen Budapests geht, hat vielleicht auch schon den einen oder anderen Laden gesehen, in dem komplette Bauchtanzkostüme angeboten werden. Sara rät allerdings vom Kauf ab. „Ich würde da niemals mein Kostüm erwerben. Es ist definitiv besser, sich die Sachen aus Ägypten zu bestellen oder sie selber zu nähen. Preislich liegt man dann bei ein paar hundert Euro, je nach Aufwand des Kostüms. Dabei kommt es immer auf die Anzahl der Verzierungen an, da diese alle per Hand aufgenäht werden“, erläutert sie. Sara selbst ordert ihre Outfits in der Regel in Ägypten, bearbeitet die Kostüme dann aber in Handarbeit weiter. „Bei einem meiner Kostüme, das ich in einer lokalen Schneiderei in Auftrag gegeben habe, habe ich die Verzierungen selbst angebracht – eine mühsame Arbeit, aber das Endprodukt kann sich sehen lassen. Mit externer Näharbeit und meinen Materialien lag ich dann bei etwa 200 Euro“, sagt Sara. Die klassisch-orientalischen Outfits gehen dabei etwas mehr ins Geld als Kostüme des eher folkloristischen Stils.
„Man tanzt mit dem Körper“
Eines dieser eher kostspieligeren Kostüme tragen die Jugendlichen im Jugendzentrum freilich nicht – aber auch die einfachen Tücher helfen, das richtige Gefühl für den Tanz zu bekommen. Zusammen mit der passenden Musik im Hintergrund beginnt Sara mit ein paar einfachen Bewegungen: Hüftkreisen, als ob man eine acht nachfahren würde, und der gleichzeitig korrekte Einsatz der Arme. Nach und nach werden die einzelnen Bewegungen mit Schritten und immer neuen Bewegungen verbunden und zusammen einstudiert. „Beim Bauchtanz konzentriert man sich nicht, wie der Name vermuten lassen könnte, nur auf den Bauch und die Hüften. Der ganze Körper ist in Bewegung: von den Fingerspitzen bis zum Fuß. Man muss dafür aber nicht super-flexibel sein, Bauchtanzen ist keine Gymnastik. Dennoch ist es ein gutes Training für den ganzen Körper und kann helfen, Verspannungen zu lösen und die Muskulatur zu kräftigen“, erzählt Sara. „Man tanzt mit dem Körper, nicht gegen ihn. Das tut ihm gut, vor allem dem Rücken.“ Aufgrund der Vielzahl an möglichen Bewegungsabläufen ist der Sport für jeden geeignet – egal, ob Jung oder Alt, eher korpulent oder schwanger. Ist die eine Bewegung oder Übung nicht möglich, so gibt es genug Alternativen.
Nach einer Stunde ist der Unterricht zu Ende. Bisher hatten die Jugendlichen nur einige Einheiten. Sollte einer von ihnen aber wirklich Gefallen am Bauchtanz finden, so ist Budapest definitiv der richtige Ort dafür. In Ungarns Hauptstadt gibt es viele Möglichkeiten für Auftritte und darüber hinaus zahlreiche Wettbewerbe.
„Es ist motivierend, dass es so viele Contests gibt. Das spornt an. Man möchte immer besser werden. Das kenne ich so aus anderen europäischen Ländern nicht. In meinem Geburtsort Stockholm, wo ich auch das Tanzen gelernt habe, gab es so gut wie keine Wettbewerbe für Bauchtänzer und Bauchtänzerinnen. Und da schließe ich die männlichen Tänzer explizit mit ein.“ Aber nicht nur Wettbewerbe, selbst Festivals mit dem Themenschwerpunkt Bauchtanz sind in der ungarischen Metropole zu finden – in diesem Jahr bereits zum achten Mal das Cairo! Festival Budapest. Mit Workshops, Konzerten und Wettbewerben wird es auch im Mai 2016 wieder Interessierten die Welt des Bauchtanzes näherbringen.
Lernen von den Profis
Wer also auch Teil der Bauchtanzgemeinschaft werden will, der hat in Budapest viele Möglichkeiten. Verschiedene Tanzschulen bieten Kurse an. Eine davon ist die von Maya Székely, Miss Belly Dance Hungary 2005. In ihrem Tanzstudio auf der Rákóczi út bietet sie zu unterschiedlichen Stilen Kurse an – und das sowohl für Beginner als auch für Fortgeschrittene. Der Preis für eine Stunde beträgt 1600 Forint. Wer lieber Zuhause trainieren möchte, für den bietet das Internet weitere Möglichkeiten. Auf Videoplattformen wie Youtube gibt es auch zum Thema Bauchtanz Anleitungen, sogenannte Tutorials. Professionelle Tänzer zeigen hier kostenlos, wie es geht und was zu beachten ist. Darüber hinaus können auch DVDs mit professionellen Anleitungen erworben werden.
Mehr Informationen zum Cairo! Festival Budapest erhalten Sie auf der offiziellen Webseite: www.cairofestival.com
Für Infos über Maya Székely und ihrem Tanzstudio: www.mayadance.hu
Weitere Tanzschulen finden Sie hier: www.bellydanceclasses.net/hungary