Haare in Regenbogenfarben, knappe Kostüme und aufwendig verzierte Waffen – dieser Anblick ist in Budapest doch noch eher selten zu sehen. Der Trend des Cosplays scheint nun aber langsam auch die Donaumetropole zu erreichen. Ein Einblick in die Szene zwischen Anime und Manga.
Das aus Japan in den 90er Jahren auch in die USA und nach Europa geschwappte Cosplay hat seinen Ursprung in der Manga- und Animeszene. Der Wunsch, so originalgetreu wie möglich Charaktere aus japanischen Comics, Zeichentrickfilmen oder Spielen nachzuahmen, steht dabei im Vordergrund – und das nicht nur mit dem Outfit: Selbst Gesten und Mimiken der Figuren werden bis ins Detail einstudiert und dann etwa auf Wettbewerben präsentiert. In Deutschland findet beispielsweise schon seit 2007 eine nationale Cosplaymeisterschaft statt. In der ungarischen Hauptstadt finden sich mittlerweile immer mehr Cosplay-Begeisterte auf Events zusammen. Auch die beiden Cosplayerinnen Catleen und Zsófi sind in der noch jungen Szene aktiv.
Übung macht den Meister
Aller Anfang ist bekanntlich schwer. Das gilt besonders für das Cosplay. Denn neben den aufwendigen Kostümen und Perücken wird mindestens genauso viel wert auf das Make-up und die stilechte Imitation der Charaktere gelegt – um dann das Gesamtkunstwerk auch auf Fotos als Endprodukt verewigen zu können.
Catleen startete mit Cosplay bereits 2011 und variierte seitdem immer wieder ihre Outfits. „Selbst heute lasse ich mir noch immer nicht genug Zeit mit meinen Kostümen. Dabei geht es ja ums Detail.“ Laut der jungen Cosplayerin ist das auch der erste Tipp für Einsteiger. „Zeit ist das entscheidende. Wer mehr hat, kann Fehler vermeiden und so gründlicher an seinen Outfits arbeiten. Dann muss man sich auch keine Sorgen machen, dass die selbstgenähten Kostüme noch bei der ersten Anprobe wieder aufgehen.“ Auch Geduld ist ein entscheidender Faktor. „Mit jedem vollendetem Outfit wird man besser“, weiß Catleen. „Ich empfehle für den Anfang deswegen, nicht direkt das aufwendigste Kostüm zu wählen oder gar ein fertiges zu kaufen“.
Catleens erstes Cosplay war eine Figur aus der Romanreihe Harry Potter. „Ich habe mir Teile übers Internet besorgt. Alles, was mir leicht erschein, habe ich dann selbst übernommen – wie zum Beispiel den Zauberstab.“ Dass sie motiviert ist, sich immer weiter zu verbessern, merkt man ihr an. „Nach ein paar Jahren habe ich das Kostüm noch einmal hervorgeholt – natürlich, um Details hinzuzufügen.“
Zsófi hingegen setzte von Anfang an auf OCs (Original Characters), und verkleidete sich zusammen mit einer Freundin als Figur aus einer gemeinsam geschriebenen Geschichte. „Wir haben nicht viel Zeit für Make-up oder Perücken investiert, es war zuerst vor allem der Spaßfaktor, der uns gereizt hat. Aber für das erste Mal war es trotzdem ziemlich eindrucksvoll“, gibt Zsófi an.
Und woher bekomme ich mein Kostüm?
Wer ein fertiges Kostüm oder auch nur einzelne Teile kaufen möchte, dem bleibt in Ungarn kaum etwas anderes übrig, als das Internet zu bemühen. Selbst in Budapest gibt es nur sehr wenige Läden, in denen der Cosplayer fündig werden kann. „Das Beste ist es, sich auf Secondhandläden zu konzentrieren, und die Kleidung dann nach eigenen Vorstellungen umzuändern“, so Catleen weiter. Und auch Zsófi greift lieber auf Onlineshops und Ebay zurück. „Lediglich Make-up lässt sich in Budapest recht gut finden – mein Tipp: Kryolan City in der Nähe des Oktogon.“ Wer jedoch alles selber nähen möchte, der findet in den zahlreichen Stoffläden in ganz Budapest eine große Auswahl, um beinahe jedes Projekt umsetzen zu können.
Conventions und Events
Ist das Kostüm dann einmal fertig, gibt es verschiedene Wege, es auch standesgemäß in der Öffentlichkeit zu präsentieren. Besonders beliebt sind Conventions – auch, weil man hier definitiv auf Gleichgesinnte treffen kann. Zusätzlich zum Austausch mit anderen Cosplayern gibt es in den meisten Fällen zusätzlich noch Händlerstände, die das Herz eines jeden Manga- und Animefans mit einer Vielzahl an Merchandising höherschlagen lässt. Die regelmäßig stattfindene MondoCon ist dabei die größte Veranstaltung in Budapest – mit mehr als zehntausend Besuchern an einem Wochenende. Darüber hinaus bieten aber auch das CosplayCarnival und das Anime Christmas eine Anlaufstelle für viele Cosplayer. Und damit nicht genug – von Jahr zu Jahr kommen immer mehr Veranstaltungen hinzu.
Doch es gibt auch noch andere Möglichkeiten, sich und sein Outfit zu präsentieren – und dabei natürlich möglichst nah an der Figur zu sein: Das Fotoshooting. Vor allem erfahrene Cosplayer treffen sich auch außerhalb der großen Events, um ihr Gesamtkunstwerk mit Hilfe von Fotos zu erhalten. Budapest bietet dafür mehr als genug Möglichkeiten, sich vor schöner Kulisse abzulichten. „Mein Lieblingsplatz ist die Margareteninsel. Ich war dort bereits einige Male für Shootings. Das Museum im Nagytétény hat aber auch seine Reize und für Strandszenen eignet sich der Kopaszi Dam“, findet Catleen. Zsófi hat noch andere Plätze im Blick. „Neben meiner eigenen Wohnung finde ich besonders die Wälder in und um Budapest interessant. Und bei Nacht versprüht die Hauptstadt einen ganz eigenen Charme, der mich besonders fasziniert“, sagt die Cosplayerin.
Was andere denken
Beiden Mädchen fällt auf, dass Außenstehende dem ganzen eher kritisch gegenüberstehen. „Besonders die alteingesessenen Budapester reagieren eher ablehnend auf die auffälligen Verkleidungen. Touristen dagegen sind schon eher offen, manche wollen sogar ein Foto machen“, geben beide an. Von ihren Freunden und Familien werden sie aber unterstützt. „Meine Eltern sind es schon gewohnt, dass ich alberne Dinge mache, sie sind eigentlich ganz glücklich damit“, verrät Zsófi. Und auch ihre Freundin, mit der sie ihr erstes Kostüm zusammenstellte, ist noch immer dabei. „Auch jetzt noch arbeiten wir an neuen Geschichten und Charakteren, die wir dann mit Outfits verkörpern können“, sagt Zsófi. Catleen hat Cosplay noch mehr zu verdanken. „Über Conventions und andere Events habe ich neue Freunde und sogar meinen Partner gefunden. Man kommt schnell ins Gespräch, gemeinsame Interessen verbinden eben direkt“, sagt Catleen.
Zukünftige Projekte
Für die Zukunft haben die beiden auch schon geplant. Auf Catleens To-do-Liste steht dieses Jahr unter anderem die Interpretation der Disneyfigur Elsa im Steampunk-Look. „Steampunk ist eine Stilrichtung, die die Mode des Viktorianischen Zeitalters mit modernen und futuristischen Dingen vermischt. Die Kleidung ist häufig in braun und weiß gehalten und wird mit industriell konnotierten Accessoires wie Zahnrädern oder anderern mechanischen Teilen ergänzt“, erläutert Catleen. Taschenuhren und sogenannte Googles (an altmodische Schutz- oder Fliegerbrillen erinnernde Augengläser) runden die Outfits ab. Zsófi dagegen plant für dieses Jahr neben weiteren eigenen Charakteren auch eine Figur aus dem Onlinespiel „League of Legends“. Die Charaktere aus diesem Spiel sind bei Cosplayer in der letzten Zeit immer beliebter geworden. Momentan wird das Onlinegame von rund 34 Millionen Menschen gespielt. Die Vielzahl der Figuren in den unterschiedlichsten Outfits bietet da für fast jede Vorliebe eine ideale Grundlage für ein Cosplay.
Die Möglichkeiten beim Cosplay sind also fast grenzenlos – und der Kreativität steht nichts im Weg. Ganz nach dem Motto: Was gefällt, ist auch erlaubt.
Mehr von den beiden Cosplayerinnen gibt es hier:
https://www.instagram.com/drzoerose/
Für weiteres Bildmaterial von Cosplayern weltweit: http://www.deviantart.com/browse/all/artisan/costumes/costumes/cosplay/