Eine Oper über tragische Geschwisterliebe, launische Götter und eine Tochter, die sich dem Gesetz ihres Vaters widersetzt – am 6. März feiert Richard Wagners „Die Walküre“ in der Ungarischen Staatsoper Premiere. Nachdem Regisseur Géza M. Tóth in der vergangenen Spielzeit bereits mit seiner äußerst modernen Inszenierung des „Rheingold“ für regelrechten Aufruhr sorgte, darf man auch für den zweiten Teil des „Ring des Nibelungen“ nicht minder als eine „kleine Revolution“ erwarten.
„Ich habe einen heißen Sturm der Elemente und der Herzen entfacht, der sich nur allmählich hin zu Brünnhildes magischen Schlaf abkühlt“, soll Komponist Richard Wagner in einem Brief an seinen ungarischen Kollegen Franz Liszt über seine neue Oper „Die Walküre“ geschrieben haben. Und tatsächlich könnte die Handlung des zweiten Teils der Tetralogie des „Rings“ kaum stürmischer sein. Sie knüpft unmittelbar an das Ende von „Rheingold“ an: Die beiden unehelichen Sprosse Wotans, Siegmund und Sieglinde, wurden in ihrer Kindheit vom Schicksal getrennt.
„Die Walküre“ beginnt mit dem erwachsenen Siegmund, der auf der Flucht Unterschlupf bei niemand Geringerem als seiner verschollen geglaubten Schwester und deren Gatten Hunding findet. Zwischen den Zwillingsgeschwistern funkt es und gemäß dem Motto „so blühe denn Wälsungenblut“, zeugen die beiden noch vor Ende des ersten Aufzugs den späteren Helden Siegfried.
Im unvermeidlichen Zweikampf zwischen dem gehörnten Ehemann Hunding und Siegmund plant Göttervater Wotan im zweiten Aufzug zunächst, seinen Sohn zu schützen, damit dieser ihm den Ring des Nibelungen beschaffe. Doch Siegmund und Sieglinde haben durch ihren inzestuösen Ehebruch den Zorn Frickas, Wotans Frau und Hüterin der Ehe, auf sich gezogen. Wotan, von Fricka gezwungen, zerschmettert das Schwert Siegmunds im Kampf, wodurch dieser von Hundings Hand fällt.
Gleich zu Beginn des dritten Aufzugs ertönt dann das lang erwartete Tatatataaata des Walkürenritts, bekannt aus Film, Fernsehen und von Klingeltönen. Wotans Tochter Brünnhilde, die entgegen dem Befehl ihres Vaters für Siegmund eingetreten ist, hat der schwangeren Sieglinde zur Flucht auf den Walkürenfelsen verholfen. Als Wotan naht, schickt Brünnhilde die werdende Mutter von dannen. In seiner Autorität verletzt, verdammt Wotan seine Lieblingstochter schließlich dazu von Flammen umgebenen in ewigen Schlaf zu fallen, bis ein sterblicher Held sie erlöse.
Frische Denkanstöße statt Volkstümelei
Die Handlung der „Walküren“ ist sehr komplex. Vor dem Besuch der Oper sei dazu geraten, sich mittels Lektüre ihre Vorgeschichte erneut ins Gedächtnis zu rufen. Auch lohnt es sich, das „Sitzfleisch“ vorab zu trainieren: Denn seit ihrer Premiere 1870 hat es noch kein Dirigent geschafft, die Oper unter 3 Stunden und 27 Minuten Spieldauer aufzuführen. Auch in Budapest werden einschließlich aller Pausen ganze fünf Stunden eingeplant.
Dafür könnte jedoch zum Teil auch die eigenwillige Regiearbeit von Géza M. Tóth verantwortlich sein, der neben einem konventionellen Bühnenbild auch auf den Einsatz von Videoprojektionen besteht.
Eigentlich ist Tóth ja Filmregisseur, noch dazu für Animationsfilme. Doch bereits 2013 bewies der Béla-Balázs-Preisträger mit seiner visuellen Interpretation der Matthäus-Passion, dass er durchaus in der Lage ist, seine fantasievolle Ästhetik auch auf andere Genres auszuweiten. 2015 wurde er von der Ungarischen Staatsoper beauftragt, ein neues Regiekonzept für den „Ring“ vorzulegen.
Mit seinen Inszenierungen will Tóth jedoch keinen neuen Einblick in volkstümelnde germanische Mythologie geben, sondern zum Nachdenken anregen und herausfordern. Dass dabei hohe musikalische Standards beibehalten werden, garantiert die Beteiligung von Dirigent Péter Halász.
Katrin Holtz
„Die Walküre“ – Oper in drei Aufzügen
Ungarische Staatsoper
Budapest, VI. Bezirk, Andrássy út 22
Aufführungen am 6., 10., 13., 17. und 20. März
Tickets und weitere Informationen unter www.opera.hu sowie www.jegymester.hu