Im Jahr 2000 gelangte der Anlageberater Mario Ohoven zu zweifelhafter Berühmtheit, als er ein TV-Interview kurzerhand mit einem Blick auf die Uhr und dem Satz „Ich muss weg“ abbrach. Inwiefern auch die Mitglieder der ungarischen Regierung von diesem denkwürdigen Fernsehmoment Kenntnis haben und sich in ihrer Strategie daran orientieren, ist nicht bekannt. Sicher ist nur, es scheint genau ein Reizwort zu geben, mit denen man Fidesz-Größen momentan zum Stottern, Schwitzen oder schlicht Verschwinden bringen kann.
Alles begann, als bekannt wurde, dass der in keinem offiziellen Vertragsverhältnis mit der Regierung stehende Árpád Habony vollkommen kostenlos Räumlichkeiten im Museum der Schönen Künste für seine Hochzeit zur Verfügung gestellt bekommen hatte. Die offizielle Begründung des Museumsdirektors: Habony ist eine wichtige Person – und es ist immer gut, mit wichtigen Personen gut gestellt zu sein. Dies war zumindest eine zusammenhängende Aussage. Zu so einer sahen sich Vertreter von Fidesz und Regierung bei der Frage nach dem umtriebigen Berater in den vergangenen Tagen jedoch außerstande.
Vorsicht, Glatteis!
Da wäre beispielsweise der Fidesz- Fraktionsvorsitzende Lajos Kósa. Vergangene Woche versuchte ein Reporter des Blogs 444.hu vergeblich, eine sinnvolle Antwort auf die Frage „In welcher Funktion gibt Habony Ratschläge?“ zu bekommen. Nach mehrfachen Ausweichmanövern durch Kósa (und dem Novum, dass ein Mitglied der Regierungspartei überhaupt zugab, von Habony Ratschläge zu erhalten), bat er den Journalisten schließlich, seine Frage geradeheraus zu stellen, nur, um dann mit Schweigen und „Hat noch jemand eine sinnvolle Frage?“ die Pressekonferenz zu beenden. Doch nicht nur der Fraktionsvorsitzende gerät bei dem, dessen Namen nicht genannt werden darf, ins Stottern. Auch der routinierte und keineswegs um direkte Aussagen verlegene OB István Tarlós wollte einfach keine klare Antwort geben. Im oppositionellen Fernsehsender atv wurde er befragt, warum er denn ausgerechnet mit Habony die Pläne zur Umgestaltung des Agglomerations-Nahverkehrs bespreche. Die lapidare Antwort: „Ich bespreche das mit vielen Menschen, darunter auch mit Habony.“ Ja, warum eigentlich nicht? Schließlich ist er kein offizieller Berater, sondern Medienmacher, insofern scheint es naheliegend, dass er sich zum hauptstädtischen Personennahverkehr äußert, streng hinter verschlossenen Türen, wohlgemerkt.
Ein weiterer Exponent trat bei der Nennung Habonys lieber die Flucht an, als zu reagieren. Regierungssprecher Zoltán Kovács, qua Amt eigentlich dafür verantwortlich, schwer kommunizierbare Dinge öffentlichkeitstauglich zu verpacken, fühlte sich nach Habony befragt, wohl ebenfalls außer Stande, dem Journalisten zu antworten. Zugegeben, auf der Pressekonferenz zum EU-Rüffel hinsichtlich des Cafeteria-Systems in Ungarn hatte er schon zu Beginn klargestellt, nur Fragen zu eben diesem Thema zuzulassen, doch mit seiner Reaktion, als dann doch eine diesbezügliche Frage kam, hätte wohl niemand gerechnet. Es war erst die dritte Frage und doch machte Kovács bei der Nennung Habonys auf den Hacken kehrt und ließ die versammelten Journalisten ratlos zurück.
Die Beispiele der vergangenen Woche zeigen deutlich: Zwar meidet man Habony offiziell und doch ist er immer wieder dicht am Feuer mit dabei. Jüngstes Beispiel: Der Casino-Betreiber, Leiter des ungarischen Filmfonds und Orbán-Vertraute Andy Vajna stellte den Mann mit der markanten Silbersträhne ausländischen Besuchern laut eigener Aussage gegenüber dem Nachrichtenportal Origo als „Freund“ vor. Zumindest hier ist klar, in welcher Position Habony gegebenenfalls Ratschläge gibt – der Rest des Fidesz hüllt sich aber weiterhin in Schweigen.