Für viele Ungarn zählt die Besetzung durch die Osmanen noch immer zu einem eher dunklen Kapitel der ungarischen Geschichte. Und das nicht ohne Grund: Als Spielball zwischen den Habsburgern und den Osmanen verlor Ungarn nicht nur praktisch seine Souveränität, sondern auch Territorium und Menschenleben. Die 150 Jahre Fremdherrschaft brachten allerdings auch kulturelle Einflüsse der Osmanen mit sich, die aus dem Alltag kaum noch wegzudenken sind – und das vor allem in positiver Hinsicht.
Was wäre die Ungarische Küche ohne Paprika zum Beispiel. Bevor die Osmanen Paprika mit nach Ungarn brachten,
wurden vor allem Gewürze wie Dill, Majoran und Rosmarin benutzt. Heute ist Paprika nicht mehr wegzudenken aus der landestypischen Küche: Sie findet in vielen Gerichten, so etwa beim „Paprikáscsirke“, Verwendung. Aber das war bei weitem nicht alles, was neu ins Land kam – und blieb. Auch Tomaten, Mais, Kirschen und Quitten waren vorher nicht bekannt. Ebensowenig wie das Füllen von Gemüse, dessen Herkunft auch im Osmanischen Reich liegt. Praktizierende Muslime meiden Schweinefleisch. Trotz der unterschiedlichen religiösen und ethnischen Zusammensetzung der osmansichen Truppen blieb das Schwein daher in der Regel der ungarischen Bevölkerung als Fleischlieferant vorbehalten. Doch eben dieser Umstand brachte die Ungarn dazu, immer neue, auf Schweinefleisch basierende Gerichte auszuprobieren. So wurde es im Laufe der Zeit zu einer elementaren Zutat. Doch nicht nur herzhafte Speisen hielten Einzug in die ungarische Küche. Das von Turkvölkern in den Nahen Osten gebrachte und wiederum von den Osmanen nach Ungarn eingeführte Baklava prägt auch heute noch ungarische Süßspeisen. So wurde beispielsweise der Teig des Gebäcks zur Strudelherstellung benutzt. Und auch Hörnchen kamen erst während der Besetzung auf den ungarischen Teller.
In den Straßen der Stadt
Und was wäre Budapest ohne seine Kaffeehäuser – auch hier ist der osmanische Einfluss bis heute erfahrbar, entstanden die ersten von ihnen doch unter der Besetzung. Budapest ist unter anderem auch für seine Bäderkultur bekannt. Besonders entlang der Donau finden sich bis heute erhaltene und zum Teil noch in Betrieb befindliche Bäder. So zum Beispiel das Király Bad (II. Bezirk) und das Rudas Bad (I. Bezirk). Die osmansiche Architektur hat, wenn sie auch keinen einheitlichen Architekturstil prägte, hier ihre prachtvollen Spuren hinterlassen.
„Ich habe einen Apfel in meiner Tasche“
Vielleicht haben auch Sie diesen Satz schon einmal gehört. Denn er unterscheidet sich im Ungarischen und im Türkischen nur minimal, und ist daher ein gutes Beispiel für die Überschneidung der beiden Sprachen. Neben dem Apfel sind auch Wörter wie „kapu“ (Tor) oder „oroszlán“ (Löwe) nahezu identisch mit ihrem türkischen Gegenstück. Schaut man sich eine Liste mit den Wörtern der ungarischen Sprache an, so findet man bei rund 9,5% ein ähnliches oder gar identisches Wort im Türkischen. Im Vergleich dazu: Im Finnischen, also der dem Ungarischen nächststehenden Sprache, gibt es 20% an Überschneidungen. Auch durch den engen kulturellen Austausch der Magyaren mit Turkvölkern vor der Niederlassung im heutigen ungarischen Siedlungsgebiet wurde die ungarische Sprache mitgeprägt.