Endlich ist es so weit: Die Ungarische Filmwoche (Magyar Filmhét) geht in die zweite Runde. Diesmal mit einem dicht gefüllten Programmplan. Auf dem, von der ungarischen Filmakademie, dem nationalen Filmfonds und der nationalen Medien und Nachrichtenbehörde (NMHH) ausgerichteten, Filmfestival werden neben den besten Filmen aus 2015 nachträglich auch die besten ungarischen Produktionen aus 2013 und 2014 ausgezeichnet. Insgesamt 273 ungarische Spiel-, Fernseh-, Kurz-, Animations-, Dokumentarund Informationsfilme flimmern zwischen dem 1. und 6. März über die Leinwände.
Die Ungarische Filmwoche steckt noch in den Kinderschuhen – anders lassen sich die Unstimmigkeiten hinter den Kulissen nicht erklären. Für ein Filmfestival ungewöhnliche anderthalb Jahre lagen zwischen der 1. Ungarischen Filmwoche und ihrer am kommenden Dienstag anlaufenden zweiten Auflage. Das nationale Filmfestival wurde Ende 2014 geschaffen, um die zwischen 1965 und 2012 jährlich stattfindende Magyar Filmszemle (deutsch: Ungarische Filmschau) abzulösen. Diese galt bis dahin als das zentrale Event der heimischen Filmszene. In einem Versuch, das durch das Fehlen eines nationalen Filmfestivals im vorhergehenden Jahr entstandene Vakuum zu füllen, zeigte die Filmwoche zunächst alle Filme, die zwischen 2013 und 2014 Premiere feierten. Mit 20.000 Besuchern und ausverkauften Kinosälen war das Festival zwar faktisch ein Erfolg, doch nicht alles lief nach Plan: So hatte die ungarische Filmakademie angekündigt – wie bei Festivals dieser Art üblich – die besten Beiträge mit Preisen auszuzeichnen. Zu einer Preisverleihung kam es jedoch nie. Aus bis heute unbekannten Gründen wurde die Verleihung dieser Auszeichnungen zunächst auf Februar 2015 und anschließend auf unbestimmte Zeit vertagt.
Und der ungarische Filmpreis geht an…
Nun soll es aber endlich so weit sein: Am Abschlussabend des Filmfestivals, dem 6. März, soll der erste ungarische
Filmpreis verliehen werden, und zwar gleich in 18 Kategorien. Denn neben den besten Filmen aller Genres werden auch Einzelleistungen wie bester Regisseur, bester Drehbuchautor oder beste Hauptdarstellerin ausgezeichnet. Der aus Mitgliedern der ungarischen Filmakademie bestehenden Jury dürfte die Entscheidung im Hinblick auf die große Anzahl an Filmen nicht leichtfallen. Hinzu kommt, dass unter den Produktionen der letzten drei Jahre zahlreiche starke Kandidaten sind. Einige haben sich sogar schon auf internationalen Festivals ihre Meriten verdient. Beispielsweise das Drama „A nagy füzet“ (2013) [dt.: „Das große Heft“], das mit dem Hauptpreis des internationalen Filmfestivals in Karlovy Vary ausgezeichnet wurde oder Kornél Mundruczós „Fehér
isten“ (2014) [„Underdog“], welches auf dem renommierten Cannes Filmfestival Premiere feierte. Auch die schwarzhumorige Komödie „Liza, a rókatündér“ [„Liza die Fuchsfee“] gilt als Favorit für eine Auszeichnung. Die bizarre Geschichte der beinahe von einem Fluch in den Selbstmord getriebenen Krankenschwester Liza begeisterte 2015 die Kinobesucher. Zur großen Freude der Konkurrenz wird der mit weitem Abstand erfolgreichste ungarische Film nicht im diesjährigen Wettbewerb vertreten sein: das von der Presse gefeierte und sogar für einen Oscar nominierte Holocaustdrama „Saul fia“ („Son of Saul“). Anderenfalls wäre es wohl keine Frage, wer den goldenen Toldi mit nach Hause nimmt. Trotzdem ehrt man das Erstlingswerk des ungarischen Regisseurs László Nemes Jeles auf andere Weise: Mit der Vorführung von „Saul fia“ wird am kommenden Dienstag die 2. Ungarische Filmwoche offiziell eröffnet.
In Erinnerung an Vilmos Zsigmond
Neben der Würdigung aktueller Filme ist es das erklärte Ziel der diesjährigen Filmwoche, den am Neujahrstag im Alter von 85 Jahren verstorbenen Vilmos Zsigmond zu ehren. Der 1930 in Szeged geborene Zsigmond zählte weltweit zu den erfolgreichsten Cinematographen. Nach dem Scheitern der Revolution in Ungarn wanderte er 1957 nach Amerika aus, wo er als Kameramann in Hollywood Arbeit fand und bald erste Erfolge feierte. Auf dem Höhepunkt seiner Karriere in 1978 wurde Zsigmonds Arbeit an Steven Spielbergs „Unheimliche Begegnung der dritten Art“ sogar mit einem Oscar ausgezeichnet. „Zsigmond war einer der bedeutendsten ungarisch-stämmigen Figuren der Filmindustrie“, bekundet auch Emil Novák, Präsident der ungarischen Filmakademie, „bis zuletzt hat er sich für den Erfolg der ungarischen Filmbranche und die Ausbildung junger Kameramänner in Ungarn eingesetzt.“ Daher entschied sich die Filmakademie bereits wenige Tage nach Zsigmonds Tod die 2. Ungarische Filmwoche dem „Meister des Lichts“ (wie Zsigmond in Hollywood genannt wurde) und seinem Werk zu widmen. Daher werden zwischen dem 1. und 6. März mehrere Spielfilme und Dokumentarfilme aus dem Vermächtnis des ungarischen Kameramannes zu sehen sein. Auch eine Ausstellung mit Fotografien Zsigmonds – der neben dem Filmemachen ein leidenschaftlicher Fotograf war – wird es geben.
Die Veranstaltungen, Ausstellungen und Filmvorführungen der Ungarischen Filmwoche stehen außer für das Fachpublikum auch für normale Zuschauer offen. Als Veranstaltungsort dient das Großraumkino Cinema City im Obergeschoss des Einkaufszentrums MOM Park. Das offizielle Filmprogramm erscheint am Donnerstag den 25. Februar und ist unter www.filmhet. hu sowie auf der Webseite des Filmtheaters unter www.cinemacity.hu abrufbar. Die Filme werden in ungarischer Sprache, aber teils mit englischen Untertiteln gezeigt. Das macht die Magyar Filmhét auch für Expats zur einmaligen Gelegenheit, den ungarischen Film besser kennenzulernen. Tickets für die Vorführungen werden zum einheitlichen Schnäppchenpreis von nur 800 Forint pro Stück erhältlich sein.
▶▶ Katrin Holtz