„Jede Liebe ist wild gewordener Egoismus“, lautet ein Zitat aus einem Roman des ungarischen Schriftstellers Sándor Márai. Wer wiederum eine innige (Vor-) Liebe für erlesene Delikatessen, kultivierte Unterhaltung und Jugendstil-Interieur pflegt, ist im Café Ëgoist nahe dem Szabadság tér am richtigen Platz. Das erst im vergangenen November unter diesem Namen neu eröffnete Lokal bietet Müßiggang auf höchstem Niveau in einer Umgebung, die einen vom Ungarn der Jahrhundertwende träumen lässt.
Bereits von außen ist das Gebäude in der Honvéd utca 3 ein außergewöhnlicher Anblick: eine mintgrüne Fassade, florale Ornamente, geschwungene Fenstergiebel und zwei hölzerne Eingangstüren, deren Glasfassungen an ein Spinnennetz erinnern. Das 1903 nach Plänen von Emil Vidor errichtete Bedő-Haus gehört zu jenen Architekturschätzen, die die Epoche des Jugendstils in Budapest hervorbrachte. Heute befindet sich im Haus der Familie Bedő, das 2007 grundsaniert und dessen Fassade nach historischen Abbildungen erneuert wurde, das Ungarische Jugendstilmuseum – und seit Ende 2015 auch das Café Ëgoist.
Für Liebhaber von Antiquitäten
Im Inneren des Bedő-Haus wird man geradezu überwältigt vom Anblick der stattlichen Sammlung von Möbeln, Bildern und Dekorationen des Jugendstils. Wo genau das Museum aufhört und Café Ëgoist anfängt, lässt sich kaum sagen. Daher scheint es fast ein Frevel, sich auf einem der adretten Jugendstilsofas niederzulassen und die Menükarte des Ëgoist zur Hand zu nehmen. Als Gábor Körmendi und Tamás Dér sich entschieden, ihr Café auf den Namen Ëgoist zu taufen, meinten sie das keinesfalls negativ. „Wenn wir an einen Egoisten denken, dann denken wir an jemanden, der selbstbewusst durchs Leben geht“, erklärt Gábor Körmendi, „jemand, der sich selbst gern hat und sich deshalb auch hin und wieder etwas Besonderes gönnen möchte.“ Außerdem hieß das Etablissement schon vor dem Krieg so, ein Plakat an einer Wand im Thekenbereich liefert den Beweis.
Für Feinschmecker
Ganz dieser Lebensphilosophie entsprechend verspricht Café Ëgoist seinen Gästen nur die besten Zutaten, die es am Markt zu kaufen gibt: So lockt das Café bereits zum Frühstück mit delikaten Leckerbissen, wie beispielsweise Croissant mit Trüffelchutney.
Zwar bietet Ëgoist keine warme Küche an, doch als leichtes Mittagessen oder kleine Zwischenmahlzeit eignen sich die exquisiten kalten Platten bestens. Gerade der Carpaccio-Teller mit seinen hauchdünn geschnittenen Scheiben roher Rinderlende bestreut mit Parmesan und serviert auf Salat, ist eine Gaumenfreude. Feinschmecker werden auch besonderen Geschmack an der Spezialität des Hauses, der Fleischplatte „Le Grande Ëgoist“ finden: Der gemischte Teller ist belegt mit Serrano-Schinken, Scheiben ungarischer Kolbász, die aus dem Fleisch des Mangalica-Schweins zubereitet und mit Trüffel verfeinert wurde, und einer hausgemachten Pastete – hier handelt es sich entweder um Entenleber oder je nach Tagesangebot auch um Wild.
Das Ëgoist ist für Genussmenschen, betont Miteigentümer Körmendi und so darf es natürlich auch an süßen Speisen nicht fehlen: An der Theke des Cafés werden neben Konfekt und bunten Macarons auch Kuchen und Torten angeboten. Das Highlight ist die hauseigene Süßspeise „Ëgoist“. Eine im Stil der französischen Tarte zubereitete Spezialität mit drei Sorten Schokolade. Zur Tarte empfiehlt sich natürlich ein Kaffee. Hier tritt im besonderen Maße der Perfektionismus der Betreiber des Cafés zutage: Gleich acht verschiedene Kaffeesorten stehen zur Verfügung, bei Fragen steht ein professioneller Barista zur Seite und auch der Espressoautomat selbst ist ein Hingucker: Dunkelbraunes Leder überzieht den Rücken der Maschine, die Filterhalter sind mit hochwertigen Holzgriffen verziert und ein edles Holzlabel an der Rückseite verrät, dass es sich hier um eine Spezialanfertigung handelt. „Ein Hobby“, verrät uns Körmendi. In seiner Freizeit baut er alte Espressomaschinen auseinander und rüstet sie um einige auffällige Details auf. Das Ganze nennt er „Pimp my Coffeemaker“.
Für Kulturliebhaber
Wer seinen Geist wie auch seinen Gaumen kultivieren möchte, sollte einen Blick auf den Veranstaltungskalender des Cafés werfen. Beinahe wöchentlich hat das Ëgoist hier neue kulturelle Ereignisse in petto. Da wäre beispielsweise der Kultursalon, zu dem anerkannte Experten aus Kunst, Kultur und Wissenschaft geladen werden, um über ihr Fachthema zu sprechen. In der Veranstaltungsreihe „Gastro Art“ kann bei einem Abend mit Verkostungen und Vorträgen neues Wissen über die Küche anderer Länder erworben werden. Der nächste Gastro-Art-Abend findet am 25. Februar statt und widmet sich den Delikatessen und Weinen Spaniens. Bisher werden die Vorträge in ungarischer Sprache gehalten, für die Zukunft plant das Café Ëgoist aber auch Abende auf Deutsch.
Katrin Holtz
Budapest, V. Bezirk, Honvéd utca 3
Öffnungszeiten: Montag bis Samstag 9 bis 19 Uhr
Reservierungen unter (+36-70) 643-2331 oder info@egoistcafe.hu
Preise
Frühstück: 600 bis 1.400 Forint
Kalte Speisen und Salate: 1.400 bis 2.900 Forint
Süße Speisen: 350 bis 850 Forint
Kaffeespezialitäten: 450 bis 750 Forint