Mit dem Niveau der Kaffeekultur in Kolumbien, einem der wichtigsten Kaffeeproduzenten der Welt, kann sich Ungarn nicht messen. Auch wenn gerade Budapest über prunkvolle Kaffeehäuser verfügt und man dort den Kaffee aus teurem Porzellan schlürft – an die Qualität des echten kolumbianischen Kaffees kommt man hier nicht heran. Das glaubt zumindest Jorge Andrés Suarez. Um den Budapestern zu zeigen, was ein richtiger Kaffee ist, eröffnete der Kolumbianer Ende vergangenen Jahres sein eigenes kleines Lokal: Café Macondo.
Wem der Name Macondo bekannt vorkommt, der assoziiert ihn vielleicht mit Gabriel García Márquez. In seinem Roman „Hundert Jahre Einsamkeit“, der ihm den Nobelpreis für Literatur einbrachte, beschreibt der kolumbianische Schriftsteller das imaginäre Dorf Macondo von der Gründung bis zu seinem Niedergang. Der vor nicht einmal zwei Jahren verstorbene Márquez wird in seiner Heimat Kolumbien als bedeutendster literarischer Vertreter des Landes verehrt. Kein Wunder also, dass Cafébetreiber Jorge Andrés Suarez seinem Landsmann mit der Taufe seines Lokals auf den Namen Macondo eine letzte Ehre erweisen wollte. Auch im Inneren erinnert ein an die Wand gemalter Stammbaum der Familie Buendías – deren Schicksal der Leser im Roman verfolgt – an „Hundert Jahre Einsamkeit“. Auch eine schon etwas ausgelesene Ausgabe, die Suarez vor Jahren aus seiner Heimat nach Budapest brachte, ziert die Cafétheke.
Kaffee ist nicht gleich Kaffee
Auf den ersten Blick macht das winzige Café an der Ecke Szondi utca und Csengery utca, nur wenige Gehminuten vom Westbahnhof entfernt, nicht viel her. Zwar bringt die in den Nationalfarben Kolumbiens – gelb, blau und rot – bemalte Decke etwas Farbe in das Lokal, doch kann dies nicht vom tristen Zustand des etwas dürftigen Mobiliars ablenken. Doch wie man hier schnell erfährt, geht es im Café Macondo auch nicht darum, mit teurem Interieur zu glänzen: „Wir sind nicht eines dieser Cafés, in das man geht, um gesehen zu werden. Wer zu Starbucks geht, will angeben, und hat nichts von Kaffee verstanden.“ Als Kolumbianer verfügt Suarez, der bis zu 12 Tassen am Tag trinkt, über extrem geschärfte Geschmackssinne. „In Ungarn haben sie ein Problem bei der Röstung; sie lassen den Kaffee quasi verbrennen, was einen unangenehm bitteren Beigeschmack zur Folge hat“, erklärt Suarez. Darum wählte er eine kleine Artisan-Rösterei in Csömör aus, die bereits mit
kolumbianischen Kaffeebohnen der Sorte Antioquia arbeitete, um für ihn nach speziellen Anweisungen den Kaffee zu rösten. Dazu besuchte er die Rösterei Beanlight sogar persönlich vor Ort. Wenn in ein paar Wochen sein Geschäft richtig ins Rollen gekommen ist, plant Suarez, sogar kleinere Abpackungen seiner eigenen Kaffeeröstung in seinem Lokal zu verkaufen. Neben der Röstung sind aber auch beim Prozess der Kaffeezubereitung einige Kniffe zu beachten. Auch hier würden viele den Kaffee mit zu heißem Wasser unnötig verbrühen. Als waschechter kolumbianischer Kaffeekenner unterlaufen Suarez derartige Fehler natürlich nicht. Und das Fazit: Tatsächlich schmeckt der Kaffee im Café Macondo milder, als man es normalerweise gewohnt ist. Und überraschenderweise glaubt man sogar die leicht säuerliche Zitrusnote durchzuschmecken, die die Röstung verspricht. Natürlich wird Kaffee im Macondo in allen denkbaren Ausführungen vom Espresso über Café con Leche bis hin zur Melange serviert.
Alles aus Kolumbien
Zum Süßen des Kaffees gibt es jedoch keinen raffinierten Zucker, sondern eine klebrige, zähe Masse namens Panela. Diese wird aus Zuckerrohsaft hergestellt und so weit eingekocht, bis man sie in Form pressen und abgepackt verkaufen kann. Im Geschmack ist es mehr wie Karamell. Statt eines Kekses wird in diesem Coffeeshop ein „Bocadillo Veleño“ – eine quaderförmige Süßigkeit aus Guavengelee – zum Kaffee gereicht. Die fruchtige Süße verdreht einem fast den Kopf. Deshalb, erzählt Suarez, verzehren die Kolumbianer sie gerne zu Käse. Für Ungarn mag sich das jedoch etwas zu gewöhnungsbedürftig anhören. Auch weitere exotische Produkte sind im Café Macondo erhältlich: Da wären beispielsweise die kolumbianische Nationallimonade „Columbiana“ – ein Getränk ähnlich dem ungarischen Traubisoda – wie auch Limonaden aus Tamarinde oder Maracuja. Daneben: Kaffeebonbons, getrocknete Kochbananenchips, eingekochte Feigen und Chontaduro (eine sehr stärkehaltige Palmfrucht) oder Milchshakes aus Guanábana – einer stachelig grünen Frucht, die in Deutschland auch
als Sauersack bezeichnet wird. Neben den haltbaren Produkten bietet der Coffeeshop auch täglich frische Snacks an: Dazu gehören Empanadas (mit Fleisch oder Gemüse gefüllte Teigtaschen), Arepas con queso (runde Maisfladen mit Käse), Natilla (ein kolumbianischer Pudding). Und für diejenigen, denen es gar nicht süß genug sein darf: mit süßer Creme gefüllte Feigen. Die extravaganten Produkte machen einen Besuch im Café Macondo zu einem aufregenden Ereignis. Und dank Suarez, der gerne über seine Produkte und seine Heimat plaudert, kann man noch einiges über Kolumbien lernen.
▶▶ Katrin Holtz
Café Macondo
Budapest, VI. Bezirk, Szondi utca 22
Öffnungszeiten: Montag bis Mittwoch 10 bis 20 Uhr, Donnerstag bis Samstag 12 bis 22 Uhr
Telefon: +36 70 551 4625
www.facebook.com/Macondocafebudapest
Preise
Kaffeespezialitäten: ……………280-780 Forint
Frische Snacks: …………………260-800 Forint