Die NGO K-Monitor rief auch in diesem Jahr wieder zur „Dawn of the declaration of Property“. Hinter der Anspielung auf einen Zombiefilm-Klassiker steht jedoch ein ernstes Vorhaben: Mit Hilfe von Freiwilligen wurden in der Nacht von Sonntag auf Montag die handschriftlich ausgefüllten Vermögenserklärungen der Landesväter- und Mütter im Interesse der besseren Auswertbarkeit abgetippt und im Internet veröffentlicht. Und nur wenige Stunden später taten sich bereits erste Fragen auf.
Die heftig umstrittenen Fragen der Mathe-Zwischenprüfung für Mittelschüler scheinen auf einmal kein Versehen mehr, wenn man sich die Vermögenserklärung der für diesen Schulzweig zuständigen Staatssekretärin Rózsa Hoffmann ansieht. Im Formular trug die Bildungsverantwortliche, gefragt nach ihren Einkünften über ihre Abgeordnetendiät hinaus, ausgerechnet diese, nämlich monatlich 897.453 Forint in die dafür nicht vorgesehene Rubrik ein.
Probleme mit großen Zahlen
Dass große Zahlen keineswegs zur Stärke einiger der Volksvertreter gehören, zeigt sich am Beispiel von Gergely Tapolczai. Auch dieser Politiker aus den Reihen der Regierungskoalition machte von sich Reden, als er sage und schreibe 570 Millionen Forint Schulden deklarierte. Die Verwirrung war groß, hatte er doch weder ein übermäßig großes Haus, noch Kunstschätze angegeben, die diesen Betrag gerechtfertigt hätten. Einen Tag später dann die „Entwarnung“, er hätte sich lediglich verschrieben, seine Schulden beliefen sich „nur“ auf 5,7 Millionen Forint.
Doch nicht nur das Haben oder die Schulden sagen viel aus über Ungarns politische Klasse, auch das verbreitete Nicht-Haben. Wie das Nachrichtenportal index.hu schreibt, sind vor allem oppositionelle Abgeordnete von existenzieller Armut bedroht.
Schon ein flüchtiger Blick auf die Erklärungen zeigt: Armut ist nicht mehr nur auf die Krisenregion im Nordosten des Landes beschränkt. So nennt beispielsweise die sozialistische Abgeordnete Anita Heringes weder ein Haus, noch eine Wohnung, ja noch nicht einmal ein Auto ihr Eigen. Schlimmer noch: Sie schiebt einen Schuldenberg von 4,6 Millionen Forint vor sich her. Auch ihre Parteikollegin Ildikó Borbély Bangóné hat weder eine eigene Bleibe, noch ein eigenes Auto, immerhin besitzt sie aber drei Laptops – und sogar zwei Aktenvernichter. Dieses Bürogerät scheint eine besondere Rolle im Leben von MSZP-lerinnen zu spielen, stellt index.hu fest, denn auch Parteikollegin Márta Demeter besitzt davon ein Exemplar, sogar ein ausgesprochen kostspieliges. Das ist aber auch alles, was sie ihr Eigen nennt. Nicht einmal einen Kredit hat sie angegeben.
Und wie steht es um das ungarische Regierungsoberhaupt? Viktor Orbáns Umfeld, angefangen von seiner engen Familie über seine Freunde und Parteikollegen erfreuen sich zwar gut gehender Finanzangelegenheiten und eines fast märchenhaften Vermögenszuwachses. Doch ganz anders Premier Orbán selbst. Neben seinem Gehalt als Premier (1,75 Millionen Forint pro Monat) besitzt er insgesamt rund 5,5 Millionen Forint an Ersparnissen, aber auch etwas mehr als 7 Millionen Forint Schulden. Kein Auto, aber immerhin ein Wochenendhaus in Felcsút und die Hälfte einer Wohnung in Budapest. Anständig, aber keineswegs exorbitant wohlhabend, möchte man sagen.
Augenwischerei
Bleibt die Frage, wozu das Ganze. Die auf Papier und per Hand geschriebenen Erklärungen sind – im besten Falle – so viel Wert wie das Papier, auf dem sie geschrieben sind. Es gibt kaum eine Rückkopplung, kaum eine Überprüfung der angegebenen Daten. Und viel wichtiger: Die Vermögensverhältnisse der Ehepartner bleiben weiterhin im Dunkeln. Insofern ist es fast schon egal, was die Abgeordneten in ihrer Erklärung angeben, viel interessanter wäre zu sehen, wessen Kinder mehrere zehn Millionen Forint teure Wohnungen auf ihrem Namen haben, oder wessen Ehepartner gleich mehrere Autos hat.
Immerhin können die Politiker nach dieser Fingerübung jetzt stolz von sich behaupten, ihre Vermögensverhältnisse offengelegt zu haben.