Seit die Idee aufkam, die ungarische Hauptstadt solle sich um die Austragung der Olympischen Sommerspiele 2024 bewerben, finden sich zahllose Gegner. Doch im Gegensatz zu sonst üblichen Kommentar-Kriegen und Sessel-Revolutionen scheint es, als würde sich nun tatsächlich Widerstand auch außerhalb der Wohnzimmer formieren.
Noch im Dezember reichten Bürger eine Frage in Sachen Olympia ein – und erhielten überraschenderweise einen positiven Bescheid. Mit der Frage „Stimmen Sie dem zu, dass Budapest sich nicht um die Olympiade und Paralympics 2024 bewerben soll?“ sollte es ab Ende Januar ans Unterschriftensammeln gehen. Auch Zuglós‘ Bürgermeister Gergely Karácsony erhielt im vergangenen Jahr grünes Licht für seine Initiative, die Hauptstädter zum Thema Umbau des Stadtwäldchens, sprich dem Városliget- Projekt, zu befragen.
„Hajrá, Budapest!“ als gemeinsamer Slogan
Überraschend, da sonst kaum üblich in der ungarischen Politik, haben sich nun beide Initiativen zusammengeschlossen. Unter dem Motto „Hajrá, Budapest!“ wollen sie gemeinsam für ihre Unterschriftensammlung werben. Im sozialen Netzwerk Facebook hat die Initiative bereits mehr als 13.000 Follower. Ihr Ziel ist es, so viele Menschen wie möglich schon im Vorfeld der Unterschriftensammlung zu mobilisieren. Denn gibt es das endgültige „Los“ vom Gericht, haben die Initiatoren 14 Tage Zeit, um 140.000 Unterstützer um ihr Signum zu bitten.
Doch noch immer müssen sich die Aktivisten der „Hajrá, Budapest“ gedulden. Die Kooperation zwischen den Initiatoren Gergely Karácsony und der Journalistin Katalin Erdélyi liegt derzeit nämlich auf Eis. Grund hierfür: der Beschluss des Gerichts wurde angegangen. Binnen Wochen muss nun entschieden werden, ob der Einspruch rechtens ist und damit die Unterschriftensammlungen vom Tisch sind, oder ob die Kampagne doch starten kann. „Wir warten derzeit auf die Entscheidung der Kurie. Diese ist für Ende Januar angesetzt“, erklärt Katalin Erdélyi. Wer jedoch hinter dem Einspruch steht und was genau eigentlich bemängelt wurde, wurde den Initiatoren bisher nicht mitgeteilt. Trotzdem bereitet man sich schon mit aller Kraft auf die bevorstehende Kampagne vor. Mehr als 2.000 Sammel-Helfer haben sich bereits registriert – binnen weniger Tage wohlgemerkt. Erdélyi sieht darin einen riesigen Erfolg. Doch zu diesen rein zivil organisierten Helfern dürften sich, sollte es ernst werden, noch weitere einreihen. Denn die Kooperationsbereitschaft erstreckt sich nicht nur auf die zwei Initiatoren Karácsony und Erdélyi. Vielmehr habe man alle Nicht-Regierungsparteien um eine Zusammenarbeit in diesen Fragen gebeten, inklusive der rechtsextremen Jobbik. Die ansonsten als „Schmuddelkind“ zwischen den Parteien wahrgenommene stärkste oppositionelle Kraft wurde, so Erdélyi, bewusst angefragt.
„Wir kämpfen mit der Volksabstimmung im Grunde genommen auch um die Demokratie. Wir können es uns schlicht nicht leisten, hier irgendjemanden außen vor zu lassen“ stellt die Investigativjournalistin klar. Die erste Partei, die sich offiziell hinter die Initiative stellt, ist die grüne „Politik kann anders sein“ (LMP). Am Samstag gab István Ferenczi, hauptstädtischer Abgeordneter der Partei, seiner Hoffnung Ausdruck, das höchste Gericht werde die Fragen zulassen und damit den Weg zur Unterschriftensammlung freigeben. Dabei stört sich die LMP besonders an den Kosten der Olympiade. Ferenczi sprach davon, dass die offiziellen Schätzungen der Kosten von 2.300 Milliarden Forint bei den „derzeitigen Korruptionsgewohnheiten des Kabinetts“ eher bei 3-4.000 Milliarden Halt machen würden. „Während der Bildungs- und Gesundheitssektor mit Finanzlöchern zu kämpfen hat, die deren Funktion bedrohen, darf Ungarn einfach nicht so viel Geld für ein wenige Wochen andauerndes Sportereignis ausgeben“, so Ferenczi weiter.
Noch am Mittwoch dann die Entscheidung. In einem ungewöhnlich schnellen Verfahren kassierte die Kurie die Initiative. Mehr zu den Gründen erfahren Sie in der nächsten Ausgabe der BZ.