Mystische Frauengesichter, in denen eine Vielzahl von Details versteckt sind. Bunte Farben neben ausdruckstarken Kontrasten in schwarz-weiß. Große und kleine Kunstwerke. Der Künstler Kay Roy ist bei seinen Arbeiten äußerst vielseitig. Doch nicht nur Zeichnen beschäftigt das Multitalent – er designt Taschen, fotografiert und meditiert.
Schon in jungen Jahren begann Roy mit dem Zeichnen. Kaum verwunderlich, entstammt er doch einer klassischen Künstlerfamilie. Von klein auf konnte er so miterleben, wie die Menschen um ihn herum Dinge erschufen – nur folgerichtig waren da seine eigenen ersten Versuche als Künstler. Von seinem Heimatort in Transsylvanien zog Roy später mit seiner Familie nach Ungarn.
Vom Lederarmband zum eigenen Label
Seine ersten Designs entstanden nach einem Urlaub in Thailand. Mit edlen Mineralien im Gepäck kombinierte er die Exotik Südostasiens mit Leder – die so entstandenen Armbänder legten den Grundstein für seine Designkarriere. Doch nicht nur das spätere Produkt als solches war ihm wichtig, durch den Arbeitsprozess mit den verschiedenen Materialien konnte er vor allem innovative Techniken ausprobieren. Der nächste Schritt ließ dann auch nicht lange auf sich warten. Zusammen mit Freunden gründete er 2005 das Label Vayaro. Bis heute hat sich die Produktpalette des Modeunternehmens um mehr als nur ein paar neue Armbänder erweitert: Neben futuristisch anmutenden Geldbörsen und Taschen reicht die Auswahl bis hin zu Gitarrenkoffern.
Auch seine Kamera hält der junge Künstler gerne in seinen Händen. Vor seine Linse darf fast alles: Landschaften, Produkte, Menschen. Die Liste ließe sich beinahe unendlich fortsetzen. Was ihm aber besonders am Herzen liegt, sind seine Zeichnungen. Das drückt sich auch im Arbeitsumfang aus – je nach Motiv sitzt er zwischen ein paar Stunden bis zu ein paar Monaten an einem seiner Werke. Zwar arbeitet er bei seinen Bildern hauptsächlich mit Acryl, will sich aber auch hier nicht auf ein Material oder eine Technik festlegen. Vielseitigkeit ist für ihn entscheidend: ob mit Aquarellfarben, Salz oder Modelliermasse – an Abwechslung mangelt es in Roys Zeichnungen und Malereien sicherlich nicht.
Kreativität ist Vielseitigkeit
Neues ausprobieren und sich dabei keinen Regeln und Zwängen unterwerfen lassen – das sind Roys Prinzipien, die sich in seiner Kunst ausdrücken. Eine persönliche Handschrift lässt sich bei all der Kreativität und seiner sprunghaften Innovation dann natürlich doch erkennen. Ein elementarer Teil seiner Kunst besteht aus kontrastreichen Schwarz-Weiß-Bildern. Mit Hilfe feiner Multiliner fügt er hier winzigste Details auf den hellen Grund ein, die sich wiederum mit dominierenden schwarzen Flächen abwechseln und im Kontrast in Dialog zum hellen Untergrund treten. „Ein schwarzer Stift hält bei mir meistens nur wenige Stunden. Und dabei sind Zeichenmaterialien in Budapest verhältnismäßig teuer. Vor allem im Vergleich mit zum Beispiel den Vereinigten Staaten, wo ich längere Zeit gelebt und gearbeitet habe“, erzählt er.
Der andere Teil seiner Kunstwerke strotzt dagegen nur so vor Farbe. Mal ist es leuchtende, dann wieder gedecktere Töne, mit denen er seine häufig verwendeten weiblichen Figuren in mythologisch anmutenden Kontexten aufbereitet. Mal verpasst er einer Figur einen auffälligen Federkopfschmuck, mal lässt er das Gesicht einer weiteren mit detailreicher Bemalung in einem konträren Licht erscheinen. Und auch auf figuraler Ebene gilt wieder: Keine Beschränkungen. Denn auch Tierfiguren gehören zu seinem Repertoire – etwa ein Tigerkopf, der von bunten Linien eingefasst ist. Oder aber gleich komplett abstrakte Figuren.
Roy gibt sich in Bezug auf sein Künstlerdasein selbstbewusst, reflektiert sich dabei aber ständig. „Ich bin zwar von meinen Arbeiten und meinem Können überzeugt, aber ich weiß auch, dass es immer etwas zu verbessern gibt. Das ist entscheidend für meine Weiterentwicklung als Künstler.“
Dem geneigten Interessenten verkauft er seine Werke. Ein Auftragskünstler ist er aber definitiv nicht. „Meine Arbeiten sind wie eine Art Tagebuch für mich. Wenn ich sie mir nach einiger Zeit wieder anschaue, erinnere ich mich an den Schaffensprozess und an meine Gefühle und Wahrnehmungen – das, was ich währenddessen sah, roch und auch die Orte, an denen ich mich befunden habe.“
Auch beim Thema Lieblingskünstler möchte er sich ungern festlegen. Und hat zur Erklärung auch gleich ein passendes Beispiel parat. „Ich möchte nichts den anderen überordnen. Das wäre, als ob ich sagen würde: Die Rose ist die schönste Blume. Aber alle Blumen sind schön. Keine ist den anderen untergeordnet.“
Von Budapest in die Welt und zurück
Roy ist erst kürzlich wieder zurück nach Budapest gezogen. Vorher hat er sechs Jahre in Los Angeles gelebt und dort unter anderem bei einer Galerie gearbeitet, aber auch Filmkulissen und für sein Label designt. Die Arbeit in der Hollywood-Metropole half ihm auch, Vayaro bei Stars und Sternchen bekannter zu machen. Daneben konnte er seine Werke in verschiedenen Ausstellungen zeigen, wie beispielsweise in den Räumen der „Hive Art Gallery & Studios“ in Downtown L.A. Doch in der zweitgrößten Stadt der USA wurde es ihm irgendwann zu viel. „Neue Leute treffen, das ging recht schnell. Aber trotz oder gerade weil Los Angeles so viele Einwohner hat, war es schwierig, tiefgründige Bekanntschaften zu schließen“, erläutert Roy.
Aktuell hat er bereits wieder eine interessante Innovation im Hinterkopf. „Ich arbeite am Design eines 3D-Logik-Spiels, in etwa vergleichbar mit einem Zauberwürfel. Der Prototyp ist bereits in Arbeit, mehr will ich aber noch nicht verraten.“
Doch den Kosmopoliten hält es nicht lange an einem Ort – auch seine Heimatstadt Budapest nicht. „Spätestens im nächsten Jahr soll es Richtung Tibet gehen. Die Lebensweise der Einwohner, ihre Spiritualität, das fasziniert mich sehr“, erzählt der Künstler. Komplettes Neuland betritt er damit persönlich aber nicht. „Ich lege jedes Jahr eine Schweige-Meditation ein. Zehn Tage lang habe ich dann keinen Kontakt zur Außenwelt, beschäftige mich bis zu elf Stunden am Tag mit Meditation – schweigend natürlich, wie der Name schon sagt“, gibt er schmunzelnd an. Keine persönlichen Kontakte, keinerlei materielle Ablenkung. „Sogar lesen vermeide ich. Die ersten drei, vier Tage sind dabei am schwierigsten“. Die fernöstliche Kultur mit uraltem Wissen über Heilverfahren hat ihn seit einigen Jahren unter anderem auch dazu bewogen, vegan zu leben. „Ich versuche deshalb auch definitiv, keine tierischen Produkte wie Leder mehr für meine Arbeiten zu verwenden, sondern auf pflanzliche Stoffe zurückzugreifen.“
Wenn Sie jetzt neugierig auf die Werke des Künstlers geworden sind, können Sie hier vorbeischauen:
Zeichnungen: https://www.facebook.com/vayaroart/timeline
Fotografie: https://www.facebook.com/VayaroPhotography/timeline
Design: https://www.facebook.com/Vayaro/timeline