Grand Cafés waren im Budapest des 19. Jahrhunderts der letzte Schrei, heute haftet den Kaffeehäusern mit all ihrem Prunk eher etwas Antiquiertes an. Schon lange sind es nicht mehr Künstler, Journalisten und revolutionäre Köpfe, sondern Touristen oder betuchte Pensionäre, die sich im New York, Centrál und Co. herumtreiben. Doch das soll sich wieder ändern: Das erst im Dezember 2015 eröffnete Kaffeehaus Liberté unterzieht dem Konzept des „Grand Cafés“ einer Rundumerneuerung.
Nur einen Katzensprung vom Szabadság tér und der Basilika, nur einen Steinwurf vom Parlament und nur ein paar Schritte vom Budapester Westbahnhof entfernt – die Gegend rund um die Aulich utca könnte kaum günstiger gelegen sein. Trotzdem ist das architektonisch schöne Viertel kaum gastronomisch erschlossen. Dabei mangelt es nicht an Nachfrage – in den umliegenden Straßen sind genügend Touristen unterwegs – Botschaften sowie Bürogebäude bringen vor allem mittags Kundschaft. Das Gastronomie- Vakuum fiel dem Unternehmer Péter Baldaszti ins Auge, der mit seinem neu eröffneten Lokal das ansonsten ruhige Viertel kulinarisch bereichert.
Klassisch modernes Ambiente
Im Gegensatz zu seinen „prähistorischen“ Kaffeehaus-Vorfahren präsentiert sich das Liberté – ganz ohne Goldprunk – mit einer zwar eklektischen, aber doch insgesamt stimmigen Inneneinrichtung. Der Mosaikboden bestellt die Bühne für ein Ensemble aus Möbeln und Vertäfelungen in warmen Holztönen, hellen Marmortischplatten und kräftig orangefarbenen Polsterkissen. Einfache, klare Formen dominieren das Interieur, das zugleich an den Stil der klassischen Moderne in Deutschland erinnert. Schon beim Betreten schlagen einem jazzige Pop-Klänge oder Swing-Musik entgegen. Liberté will elegant sein, ohne altbacken zu wirken. Dazu gehört auch, dass Brettspiele und ein Pooltisch zum Zeitvertreib bereitstehen – selbstverständlich kommen diese in ebenso hochwertigen Ausführungen daher wie der Rest der Einrichtung. Alles andere als unzeitgemäß ist auch die Menüauswahl des Grand Cafés. Obwohl es sich beim Liberté um ein Kaffeehaus handelt, stehen die angebotenen Gerichte einem Restaurant in Umfang und Qualität in nichts nach. Interessant ist dabei die internationale Zusammenstellung.
So lädt die übersichtliche Speisekarte kulinarisch zu einer kleinen Weltreise ein. Bei den Vorspeisen kann man beispielsweise zwischen panierten Lachstörtchen in karibischer Sauce, Quinoa-Salat aus Südamerika, italienischem Büffelmozzarella oder gefüllten Wan Tan-Taschen aus Asien wählen. Oft wird im Liberté dem Ursprungsrezept noch ein Hauch ungarischer Fusionsküche beigemischt. Auch bei den Hauptgerichten geht es international weiter. Passionierten Fleischessern sei das argentinische Filet Mignon empfohlen. Dieses wiederum aus dem Filet geschnittene Fleischstück ist eines der zartesten Teile des Rindes; sein Genuss bedarf nicht unbedingt einer Beilage oder Sauce. Wem das zu einseitig ist, dem sei zu den zart gesalzenen Fondant-Kartoffeln geraten oder – etwas exotischer – zu einer Beilage aus geröstetem Mais mit Limettensaft und Manchengo-Käse. Leichte Fischgerichte mit Lachs oder Wolfsbarsch werden durch eher würzige Geflügelgerichte ergänzt. Vegetarier bleiben bei der Auswahl unter dem Menüpunkt Hauptgerichte leider etwas auf der Strecke. Dafür gibt es aber zahlreiche andere vegetarische Speisen auf der Karte und die Spezialität des Hauses, der Liberté Pilzburger, kommt beispielsweise ganz ohne Fleisch aus.
Im Bereich der Desserts kehrt das Liberté wieder auf eher heimisches Terrain zurück – mit französischen Klassikern wie Crêpe Suzette, Schokoladen-Soufflé oder Baiser.
Neben Mittag- und Abendessen bietet das Liberté auch die Möglichkeit eines ausgiebigen Frühstücks: Hier locken organische Müslis und Fruchtsalate, aber auch Deftiges wie beispielsweise Frankfurter Würstchen oder Eier Benedict.
Hier will ich Stammgast werden
„Unser Traum war es, den Budapestern ein Lokal zu geben, in dem sie gerne Stammgast sein wollen“, erzählt Péter Baldaszti im Gespräch mit der Budapester Zeitung. Im Liberté könne man den ganzen Tag verbringen, da es Frühstückslokal, Café, Restaurant und Bar zugleich sei. Sogar oft gefürchtete vagabundierende Freiberufler mit ihren mobilen Büros sind im Liberté gern gesehene Gäste. „Seit wir das Grand Café eröffnet haben, komme selbst ich fast jeden Tag mit meinen Laptop zum Arbeiten her“, schmunzelt Baldaszti. Im Übrigen befand sich an der Stelle des heutigen Kaffeehauses bis Ende des 19. Jahrhunderts ein Gefängniskomplex, in dem einst Lajos Batthyány nach dem Scheitern des ungarischen Unabhängigkeitskampfes 1849 auf seine Hinrichtung wartete. Noch heute erinnert vor den Türen des Libertés ein Denkmal an den ehemaligen ungarischen Premier. Auch befand sich in den heutigen Räumlichkeiten des Libertés bereits seit 1902 ein Kaffeehaus – jedoch unter dem Namen Szabadság Kávéház. Dieses war Stammlokal des ungarischen Dichters Endre Ady, der hier einige seiner berühmtesten Verse verfasste.
▶▶ Katrin Holtz
Liberté
Budapest, V. Bezirk, Aulich utca 8
Öffnungszeiten:
Täglich 8 Uhr bis Mitternacht
Reservierungen
unter +36 30 715 4635 oder
hello@libertebudapest.com
www.libertebudapest.com
Preise
Vorspeisen, Suppen und Salate:………………….1.640 bis 3.970 Forint
Sandwiches, Nudel- und Hauptgerichte:……….1.470 bis 7.450 Forint
Desserts: ……………….1.270 bis 1.870 Forint
Frühstück: ……………….470 bis 1.870 Forint