Zerknitterte Papiertickets, Stempelautomaten und grimmige BKK-Mitarbeiter, die an Metrostationen aufpassen, dass alle Passagiere ihre Fahrkarten validieren – all dies gehört schon bald der Vergangenheit an: Der öffentliche Nahverkehr in Budapest soll innerhalb der nächsten zwei Jahre durch ein elektronisches Ticketsystem revolutioniert werden. Wie das Budapester Verkehrszentrum (BKK) noch Ende Dezember bekannt gab, geht das System, das auf den Namen RIGO getauft wurde, bereits in die erste Testphase.
Wer bereits in London oder Istanbul war und dort die öffentlichen Verkehrsmittel nutzte, kennt sie schon – die mit Mikrochip versehenen Plastikkarten, über die Zahlungen in Bus, Bahn und Co. abgewickelt werden. Statt ein Papierticket abzuknipsen, hält man diese einfach nur an ein entsprechendes Kartenlesegerät und schon öffnet sich beispielsweise das Eingangstor zur „Tube“. Vorausgesetzt, man hat zuvor ein G u t h a b e n auf die Karte eingezahlt. B e r e i t s 2011 entschied die Stadt Budapest, dass auch die BKK ihr Ticketsystem durch die Einführung der elektronischen Fahrkarten modernisieren solle. Diese beauftragten 2013 das deutsche Unternehmen Scheidt & Bachmann mit der Gestaltung, dem Aufbau sowie dem Betrieb des Systems für fünf Jahre. Seitdem arbeitet man auf Hochtouren an der Umsetzung von RIGO.
„Einfach und bequem“
RIGO – das steht für „Rugalmas. Integrált. Gazdaságos. Okos.“ (deutsch: „Flexibel. Integriert. Wirtschaftlich. Intelligent.“) und drückt zugleich die Hoffnungen aus, die das BKK in das neue Fahrkartensystem setzt. Bisher glänzte das Ticket- und Tarifsystem der ungarischen Hauptstadt nämlich durch keine dieser Eigenschaften, auch wenn zuletzt das flächendeckende Aufstellen von Ticketautomaten zumindest den Erwerb von Fahrscheinen vereinfachte. Besonders ärgerlich ist es bislang für Fahrgäste, wenn sie auf kurzen Strecken umsteigen müssen, denn Einzelfahrkarten sind nur für eine Strecke mit jeweils einem Verkehrsmittel gültig, unabhängig von der Länge der Strecken. Mit RIGO, so verspricht es BKK, soll es möglich werden, flexibel Fahrpreise zu ermitteln, zum Beispiel durch die Einbindung zeitbasierter Tickets. Der Ticketerwerb werde mit RIGO auf neue Kanäle ausgeweitet. So werde man einfach und bequem online oder per Telefonhotline Guthaben aufladen oder den Preis für das Monatsticket abbuchen können. Ebenso soll RIGO dazu beitragen, die Einnahmen des Verkehrszentrums zu sichern. So werde das System nicht nur Schwarzfahren erschweren, sondern auch das Fälschen von Fahrscheinen unmöglich machen. Damit das später klappt, ist die Phase der Kartenentwicklung, in der sich das Projekt gerade befindet, von entscheidender Bedeutung. Dafür testen hunderte BKK-Mitarbeiter in diesen Tagen, mit einer Vorläuferversion der RIGO-Karte ausgerüstet, erstmals Hardware und Software des Systems. Ein erstes Lesegerät für den elektronischen Fahrschein wurde dazu an der Metrostation Corvin Negyed aufgestellt. Das Verkehrszentrum kündigte an, bis zur endgültigen Einführung des neuen Fahrkartensystems Anfang 2018 über 800 vollautomatische Kontrolltore in Metrostationen und rund 10.000 Kartenlesegeräte in den über 2.500 Fahrzeugen des BKK installieren zu wollen. Um den Bedarf der Großstadt zu decken, rechnet man mit der Produktion und Verteilung von mehreren Millionen RIGO-Karten. Die erste Karte wird für jeden in Budapest wohnhaft gemeldeten Kunden übrigens kostenlos erhältlich sein.
Katrin Holtz