In der vergangenen Woche erhielt Premier Viktor Orbán erneut hohen Staatsbesuch. Sein britischer Amtskollege David Cameron war seit elf Jahren das erste Regierungsoberhaupt des Inselstaates, welches den Weg in die ungarische Hauptstadt fand. Premier Camerons Stippvisite war Teil einer Reise zu politischen Verbündeten auf dem europäischen Festland.
Wir wollen beide ein starkes Europa, sagte Ministerpräsident Viktor Orbán auf der gemeinsamen Pressekonferenz mit dem britischen Premier David Cameron. Ein starkes Europa müsse aber wettbewerbsfähig sein, fügte er hinzu und hielt fest, von den vier britischen Reformvorschlägen drei „von ganzem Herzen“ zu unterstützen. Beide Länder fordern, dass die Rolle der nationalen Parlamente innerhalb der EU überdacht wird und den Nicht-Euroländern keine Diskriminierung widerfahren dürfe. Außerdem müsse der Missbrauch der Sozialsysteme in allen EU-Staaten unterbunden werden.
Gemeinsame Vorstellungen
Zu dem britischen Reformvorschlag, wonach Arbeitnehmer aus anderen Ländern vier Jahre warten sollten, ehe sie Sozialleistungen in Anspruch nehmen dürfen, erklärte Orbán: „Die ungarische Regierung tritt überall auf der Welt für die Interessen der anständig tätigen Magyaren ein. Jene 55.000 Ungarn, die zu einer prosperierenden britischen Wirtschaft beitragen, sollen nicht diskriminiert werden. Wir sind keine Migranten in Großbritannien“. Dies war wohl auch der konfrontativste Satz des Treffens, ansonsten herrschte fast plakative Einigkeit. Sowohl seitens Orbáns als auch des britischen Premiers ging es vor allem darum, die Gemeinsamkeiten zu beschwören.
Dabei vertrat Viktor Orbán nicht nur Ungarn, sondern teils auch die V4-Staaten. Die Visegrád-Staaten streben eine einheitliche Vereinbarung mit London an, verwies Orbán auf seinem Kurzbesuch am Vortag in Südpolen, wo er mit PiS-Chef Jaroslaw Kaczynski zusammengetroffen war. Allerdings, stellte der ungarische Premier heraus, befinden sich derzeit etwa 800.000 polnische Bürger in Großbritannien als Arbeitnehmer, während sich dort „nur“ 55.000 Ungarn verdingen. Doch obwohl Polen diesbezüglich eine viel stärkere Verflechtung hätte, wollen die V4-Staaten auch in Sachen der angestrebten Vereinbarung gemeinsam auftreten.
Großbritannien und Ungarn haben ähnliche Vorstellungen von der EU und von einem funktionierenden Europa, sagte Cameron. Für Großbritannien sei es wichtig, in einer reformierten EU zu verbleiben, ebenso wie Großbritannien für die EU wichtig sei. Übrigens hatte Cameron bei seinem Bayernbesuch nur Stunden zuvor großes Lob von Orbán-Freund Horst Seehofer eingeheimst, der den absoluten Wahlsieg der Konservativen im vergangenen Jahr auf deren Vorgehen gegen die Zuwanderung in die Sozialsysteme zurückführte.
Eitel Sonnenschein?
Von außen betrachtet könnte das Treffen zwischen den beiden Regierungsoberhäuptern also durchaus als positiv bewertet werden. Es wurde „geduzt“, es wurde Einigkeit gezeigt. Und doch bleibt ein schales Gefühl, wie der Publizist Attila Kálmán in der linksliberalen Wochenzeitung hvg schreibt. Denn obwohl Viktor Orbán nachdrücklich dafür warb, ungarische Arbeitnehmer als produktiven Teil der englischen Wirtschaft zu betrachten, ließ sich sein Amtskollege Cameron nur zu einer kurz angebundenen Antwort hinreißen: „Ich bin für die Freizügigkeit, aber unser Sozialsystem steht unter enormem Druck.“ Cameron sagte selbst, er will eine „Lösung, keinen Kompromiss“. Wenig gute Aussichten für die V4-Staaten vorerst, wie es scheint.
Großbritannien wird im kommenden Jahr aus der EU austreten. Dann kann jedes Land seine eigenen Handelsbeziehungen mit den Briten verhandeln. Ungarn sollte freiwillig diesen bürokratischen Verein (EU) verlassen. Aus eigenem Interesse.
Grober Unfug den Sie da von sich lassen. Ich stimme dem Prof. zu.
Natürlich sind sich alle osteuropäischen Häuptlinge darin einig, dass ein Austritt in Chaos und Verderben führen würde.
Was wir brauchen : Ein Soziales Europa der Glaubwürdigkeit, in dem nicht nur derjenige sein Ziel erreicht, der die „besten“ Steuergesetze hat (Luxemburg als Steueroase)) oder eine besondere Dreistigkeit wie (Deutschland)bei der Ausbeutung durch Billigstlöhne – wie sie in fast ganz Mittel-Osteuropa usus sind.
Das Liberale Eropa ala Asselborn, Verhofstadt … und anderer Banausen des Liberalismus sollte man nicht mit Nationalismus und Alleingängen bzw. Austritten begegnen. Im Grunde genommen hätten Ungarn und Polen im Moment die Möglichkeit, sich in dieser drängenden Frage des sozialen und wirtschaftlichen Zusammenhalts in der EU mehr einzubringen.
Leider sind ihre dialogischen Fähigkeiten sehr mangelhaft und ihre Ziele wenig europäisch. Wo sind die klugen Köpfe, die keine Betonköpfe sind ?
Lieber Frank,
Ihre Reaktion ist verstaendlich, denn die Eu-Buerokratie entwickelt sich allmaehlich zu einer Diktatur in politischen und oekonomischen Fragen.
Bitte aber fuer Ungarn realistisch bleiben. Ein Austritt Ungarns aus der EU haette fuer das Land unabsehbare negative Folgen: aufgrund von Importzoellen wuerden ungarische Erzeugnisse auf den Weltmaerkten teurer. Somit wuerde insbesondere die ungarische Exportwirtschaft leiden.
Der Investitionsstandort Ungarn wurde fuer auslaendische Investoren uninteresant.
Eu-Zuschuesse wuerden wegfallen.
Dieses haette steigende Arbeitslosenzahlen und fallende Steuereinnahmen zur Folge.
Einfaches Fazit: Ungarn wuerde in eine oekonomische und soziale Katastrophe steuern.
Exportmaerkte ,die diesen Effekt abmildern koennten, sind leider nicht auszumachen.
Deshalb ist es fuer die ungarische Wirtschaftspolitik notwendig, sich verstaerkt anderen Regionen zuzuwenden, als da waeren: China, Russland. Engere politische Beziehungen mit diesen Staaten koennten zu verstaerkten Investitionen in Ungarn fuehren. Auch waeren diese Staaten an ungarischem, technologischen Know How interessiert, wie ich aus eigenen Erfahrungen weiss.
Mit bilateralen Verträgen könnte sich Ungarn wie die Schweiz an die EU binden. Dann hätte man Zollfreiheit und Arbeitnehmerfreizügigkeit mit der EU. Zwar würden dann weniger Subventionen fließen, jedoch könnte man sich mit Russland/China weiteren Märkten öffnen, was im Verbund der EU nicht möglich ist. Politsch hätte es den Vorteil, dass man keine Flüchtlinge aufnehmen muss und wenn doch, dann könnte man sich wie die Türkei mit 3 Mrd. € dafür extra bezahlen lassen. Die Chance die also ein bilaterales Verhältnis mit der EU hat im Vergleich zu einer Vollmitgliedschaft werden leider nicht gesehen. Desweiteren könnte man den Kauf von Immobilien von Ausländern in Ungarn einschränken. Dies würde verhindern, dass durch reine Kapitalanleger die Immobilienpreise in Ballungsräumen wie Budapest über ihrem realen Wert liegen. Denn kleine Einkommen und hohe Immobilienpreise passen nicht in die ungarische Marktwirtschaft sondern werden „von außen“ verursacht. In Thailand gibt es hierzu die Regel, dass Ausländer überhaupt keine Grundstücke oder Immobilien erwerben dürfen. Zusammenfassend kann man also sagen, dass eine Freihandelszone von Lissabon bis Peking und eine nationale Abschottung vor Immobilienspekulanten wünschenswert sind.