Während viele Arbeitnehmer am Tag nach Neujahr sich noch wohlig zuhause entspannten und dem Kalender dankten, dass Neujahr auf einen Freitag fiel, ging es auf den Straßen der Hauptstadt weniger ruhig zu. Dabei waren die Spannungen genau lokalisierbar: Überall dort, wo Litfaßsäulen des Medienmoguls Lajos Simicska zu finden waren – oder eben wieder sind.
Die Bocskay út im XI. Bezirk ist zwar viel befahren, aber ansonsten weder touristisch sonderlich interessant, noch für Kneipengänger ein Must-know. Am frühen Nachmittag wurde es jedoch plötzlich unruhig, Polizeiwagen, Sicherheitsleute und ein Hebekran reihten sich an der Ecke zur Fehérvári út. Grund war, die Hauptstadt hatte laut Simicskas Firma Mahir eigenmächtig begonnen, die Anzeigenflächen zu entfernen. Vorausgegangen war eine Sondersitzung der Stadtversammlung vor Weihnachten, auf der beschlossen wurde, der Mahir eine Woche Zeit zu geben, ihre Litfaßsäulen zu entfernen, andernfalls übernimmt die Stadt selbst diese Aufgabe, auf Kosten der Mahir natürlich.
Orbán-Simicska-Krieg auf neuer Ebene
Damit wird ein neues Kapitel in der Geschichte des in Ungnade gefallenen Oligarchen Lajos Simicska eröffnet. Der einstige enge Vertraute des Premiers befindet sich seit Monaten in mal mehr, mal weniger öffentlich ausgetragenem Streit mit Viktor Orbán (die Budapester Zeitung berichtete). Dies ist aber keineswegs der erste Versuch, das unliebsame Medienunternehmen aus dem hauptstädtischen Straßenbild zu entfernen. Bereits Ende November des vergangenen Jahres berichtete die linksliberale Tageszeitung Népszabadság über Pläne des Budapester Verkehrszentrums BKV, nach denen die Kostenloszeitung Metropol ab 2016 aus den U-Bahnstationen verschwinden soll. Stattdessen, so mutmaßt das Blatt, soll das von einem neuen Orbán-Vertrauten gegründete Lokál den Platz übernehmen. Bisher ist keine Entscheidung gefällt worden, doch der neue Schauplatz Litfaßsäule zeigt, wie sehr Simicska zur persona non grata geworden ist. Doch kampflos will der Medienmogul sich nicht geschlagen geben. Davon zeugten bereits am Samstag die aufgereihten Sicherheitsmänner, die postiert wurden, um die Säulen vor dem Abtransport zu schützen – erfolglos, wohlgemerkt.
Rechtliche Konsequenzen – für wen?
Während also am Samstag die Säulen ab-, wurden sie am Sonntag wieder aufgebaut. György Magyar, rechtlicher Vertreter der Mahir sieht seinen Mandanten im Recht. So sprach er gegenüber dem Nachrichtenportal index. hu davon, dass die Stadt die Säulen vollkommen eigenmächtig entfernt habe. Zwar gebe es den Beschluss der Vollversammlung, gegen diesen hätte man aber Rechtsmittel eingelegt, die Verhandlung dazu findet jedoch erst kommende Woche statt. Doch Magyar geht noch weiter: Auch mit strafrechtlichen Schritten droht er, sollte die Stadt erneut selbst Hand anlegen. Zum Redaktionsschluss sah es so aus, als ob die Säulen vorerst nicht stehen bleiben würden. Aber ein so frühzeitiges Ende der Auseinandersetzung scheint bei den Kontrahenten eher unwahrscheinlich.