Neben dem Gesicht sind unsere Hände unser wichtigstes nonverbales Ausdrucksmittel. Dies kann man nicht zuletzt an den Italienern beobachten, deren wildes Gestikulieren dem gesprochenen Wort oft eine ganz neue Bedeutung hinzufügt. Umso wichtiger ist es, während der kalten Jahreszeit die Sprache unserer Hände durch passgerechte, ästhetische Handschuhe zum Klingen zu bringen. Doch leider sind die zehnfingrigen Wegbegleiter ein stark unterschätztes Accessoire. Die Handschuhmarke Parola will das ändern.
Die Geschichte des Handschuhs ist beinahe so alt, wie die Menschheitsgeschichte selbst. Dabei hatte das Bekleiden der Hände mit Stoffen oder Tierhäuten neben dem Schutz vor Kälte, Hitze oder Verletzungen schon immer auch eine gesellschaftliche Bedeutung. Bereits den alten Pharaonen galten Handschuhe als Symbol der herrschenden Kaste. So wurden unter den Grabbeigaben Tutanchamuns auch 27 Paar Lederhandschuhe entdeckt. Im Mittelalter durften neue Städte nur gegründet werden, wenn der Landesherr zuvor sein Einvernehmen durch das Senden eines Paar Handschuhe signalisierte. Auch in Liebesdingen spielten sie eine wichtige Rolle: Wie aus Schillers Ballade „Der Handschuh“ bekannt, konnten sie von den Damen als Pfand der Liebe übergeben werden. Das Zurückgeben derselben wiederum wurde als Ablehnung gewertet. Bis Mitte des 20. Jahrhunderts waren Handschuhe aber vor allem ein modisches Muss. Keine Ballgarderobe, kein Herrenfrack, keine Berufsuniform oder Chanel-Kostümchen waren ohne sie vorstellbar. Handschuhe zu tragen galt als sittlich und schick.
Wiederbelebung eines Traditionsbetriebs
Laut Nóra Berczel und Dávid Cone kann uns das Tragen eines guten Paar Handschuhe, auch heute noch einen Hauch der Klasse von damals verleihen. Die beiden jungen Designer sind das dynamische Duo, welches hinter der Wiederbelebung der in den vergangenen Jahren in Vergessenheit geratenen ungarischen Handschuhmarke Parola steckt. Parola wurde offiziell 1988 in Budapest gegründet. Doch schon zuvor, seit den 60ern, wurden in den Produktionshallen der heutigen Parola Manufaktur im IV. Bezirk Handschuhe hergestellt. Damals noch von Mönchen und Nonnen der Gegend, rekapituliert Cone die lange Tradition der Marke. Der Name Parola stammt aus dem Lateinischen und bezeichnet ein formelles Versprechen, welches mit Handschlag besiegelt wird. Ende der 80er und Anfang der 90er bediente Parola mit ihren modischen Produkten vor allem die Bedürfnisse anspruchsvoller Kunden. Nach der Wende kam es allerdings zum Niedergang des Geschäfts. Die Produktion wurde in Länder mit gerineren Lohnkosten verlagert, die Kaufkraft der lokalen Bevölkerung sank. Zwar hat sich Parola seitdem über Wasser halten können, verlegte sich aber auf die Produktion von Sporthandschuhen für Drittanbieter. Eigene Kollektionen wurden nicht weiterentwickelt und schließlich eingestellt.
Das Blatt wendete sich vor anderthalb Jahren. Der Markt, und vor allem das Kaufbewusstsein der Bevölkerung haben sich in den vergangenen Jahren zunehmend verändert, berichtet Cone. „Viele Menschen legten plötzlich wieder Wert darauf, lokale Produkte zu kaufen und sind dafür auch gewillt, einen höheren Preis in Kauf zu nehmen.“ Berczel, die an der technischen Universität Budapest Industriedesign studiert, trat damals mit ihren Ideen für neue Handschuhdesigns an die Manufaktur heran. Ihre Initiative wurde mit Begeisterung aufgenommen und sie begann eine Kollektion aus acht neuen Handschuhmodellen zu entwerfen. Mit Dávid Cone, der ebenfalls als Industriedesigner arbeitet, holte sie einen Partner in ihr Projekt, der vor allem auf dem Gebiet der Vermarktung Erfahrung vorweisen kann. Gemeinsam begannen sie nicht nur die Details für ihre neue Kollektion auszuarbeiten, sondern auch vergangene Kollektionen wiederzubeleben.
Diese Handschuhe haben Charakter
Dabei ist den beiden wichtig, dass ihre Produkte nicht nur Eleganz und Finesse, sondern auch „die Persönlichkeit ihrer Kunden zum Ausdruck bringen“, wie uns Cone erklärt. „Jedes Handschuhmodell ist einzigartig, so wie sein Besitzer.“ Sie tragen Namen wie Kate, David, William oder Erica und präsentieren sich nicht nur in pulsierenden Farben, sondern auch mit extravaganten Details: Nehmen wir beispielsweise Rose. Dieser aus Nappaleder gefertigte Damenhandschuh kommt in leuchtendem Rot daher. Am Handrücken tummeln sich Reihe um Reihe freche Lederfransen in Charleston-Manier. Gut könnte man sich dieses Modell in Kombination mit einem eleganten Mantel und Cocktailkleid vorstellen. „Wir wollten jedem Handschuh in unserer Kollektion eine eigene Geschichte geben, die ihn zu einem ganz persönlichen Produkt macht“, schmunzelt Cone. Neben Rose ist beispielsweise zu lesen: „Wenn sie den Raum betritt, hält die Welt inne und jeder schaut nur auf sie.“
Die Handschuhe von Parola sollen wie eine zweite Haut sitzen, sie dürfen weder die Bewegungsfreiheit einschränken, noch des Fingerspitzengefühls berauben. Daher werden neben vorgefertigten Handschuhgrößen auch Maßanfertigungen angeboten. Letztere garantiert, dass das fertige Produkt wie angegossen an der Hand sitzt. Bei Maßanfertigungen können auch die Farbe des Leders und angebrachte Details wie Fransen, Raffungen und Schnitte individuell vereinbart werden. Für das Innenfutter der Handschuhe wählt man zwischen Seide und angerauter Baumwolle. Auf Wunsch werden natürlich auch andere Materialien verarbeitet. Sind alle Details vereinbart, beginnt der Herstellungsprozess: Dabei wird dieses exklusive Accessoire in mehreren aufwendigen Schritten und aus insgesamt 28 Einzelteilen von Hand gefertigt. Dabei stehen hohe handwerkliche Fähigkeiten im Vordergrund: Im Gegensatz zu günstigen Handschuhmodellen werden die verschiedenen Teile nicht linksseitig vernäht, um anschließend die Nähte nach innen zu wenden – dies kratzt und kann unangenehm spannen. Stattdessen befinden sich die Nähte auf der Außenseite des Handschuhs. Dies erfordert millimetergenaues Arbeiten, um zu vermeiden, dass Kanten entstehen. Wie Berczel verrät, ist die Technik dabei dieselbe, nach der bereits im 17. Jahrhundert in Frankreich traditionell gefertigt wurde.
Man kann sich an fünf Fingern abzählen, dass diese Qualität und Individualität ihren Preis hat: Wer Handschuhe von Parola tragen möchte, der steigt je nach Modell bei einem Preis von 18.000 Forint ein und bezahlt für ausgefallenere Stücke oder Maßanfertigungen bis zu 42.000 Forint. Hinzu kommt, wer die zehnfingrigen Weggefährten besonders lange erhalten will, muss auf eine behutsame Handhabung und Pflege achten. Daher wird jedes Paar nicht nur in einer eleganten Box, sondern auch mit allerlei Infomaterial zum korrekten Umgang mit den exklusiven Teilen geliefert, denn das für die Handschuhproduktion verwendete Leder ist besonders empfindlich. Um die Geschmeidigkeit des Materials zu erhalten, sollte man es möglichst von Wasser und übermäßiger Hitze fernhalten.
Derzeit können die Kreationen nur online auf der firmeneigenen Webseite bestellt werden. Doch wie uns Cone verrät, soll Parola auch bald in lokalen Designläden und Bekleidungsboutiquen erhältlich sein. Eines ist jedenfalls klar: Wer Handschuhe von Parola trägt, wird wohl nie wieder in Versuchung kommen, seine Hände in den Manteltaschen zu verstecken. Und wer einmal angefangen hat, die Philosophie des Handschuhs für sich zu entdecken, der wird sich bald dabei ertappen, dass es nicht bei einem Paar bleibt: Die Dame und der Herr von Welt haben nämlich für jede Saison sowie verschiedene Anlässe und Outfits jeweils die perfekten Handschuhe bereit.
Weitere Informationen zu den eleganten Handschuhkreationen von Parola finden Sie unter www.parolagloves.com.
Katrin Holtz
Die geheime Sprache der Handschuhe
Wussten Sie, dass zu ihrer Blütezeit, im 19. Jahrhundert, Handschuhe nicht nur dem Schutz und Schmuck zarter Damenhände diente, sondern durch sie auch kommuniziert wurde? Gerade bei romantischen Techtelmechtel spielten diese alltäglichen Accessoires eine entscheidende Rolle, konnte man doch so einem Liebhaber signalisieren, ob man gewillt ist, seine Zuneigung zu erwidern oder ob die Luft rein ist für ein Zusammentreffen. Die Liste der geheimen Handschuhzeichen und deren Bedeutung war dabei nicht nur ausgesprochen lang, sondern auch recht subtil. Nehmen Sie nur diese beiden Beispiele:
Streicht man die Handschuhe zart mit den Händen aus, kann es heißen: „Ich vermisse dich“ oder „Ich würde gerne mit dir reden“
Zwirbelt man den Handschuh wiederum verspielt um die Finger der rechten Hand, bedeutet dies: „Achtung, wir werden beobachtet.“
Parola hat noch weitere dieser seltsam anachronistisch und doch romantisch anmutenden Kommuniqués zusammengetragen. Eine Zusammenfassung der Sprache der Handschuhe liegt jedem Einkauf bei.