Bei der DUIHK-Veranstaltung mit den beiden Außenpolitikexperten Elmar Brok und Zsolt Németh wurde am Dienstag einmal mehr klar, wie tief der Graben zwischen West- und Ost-EU-Ländern in der Flüchtlingskrise inzwischen ist.
Vor allem hinsichtlich der Quotenlösung, die insbesondere von Deutschland nach wie vor genauso vehement gefordert wird, wie sie von Ungarn und anderen Ost-EU-Ländern zurückgewiesen wird. Auf wie wackligen Beinen der deutsche Wunsch nach Weiterreichung eines Teils der Flüchtlinge steht, wird immer wieder durch eigenartigste Vermengungen mit völlig anderen Themen deutlich. An vorderster Stelle rangiert hier die Idee, die „widerspenstigen“ Ost-EU-Länder mit dem Zurückhalten von ihnen zustehenden EU-Fördergeldern zur Aufnahme von Flüchtlingen zu zwingen.
Wer so argumentiert, muss sehr schlechte Karten oder das Wesen von EU-Transfers nicht begriffen haben, vielleicht sogar beides. Der EU-Profi Brok war bei seinem Vortrag immerhin intelligent genug, sich nicht einmal andeutungsweise auf diese Ebene zu begeben. Mit der Vermengung der Quotenfrage mit fremden Themen liebäugelte er aber trotzdem. Und auch mit Erpressung, wenngleich nicht übers Geld, sondern über die Moral.
Einer seiner moralischen Argumentationsstränge lief darauf hinaus, dass sich Deutschland bisher mit einem dreistelligen Milliardenbetrag finanziell an der Rettung Griechenland beteiligt hat, also Solidarität bewiesen habe und daraufhin jetzt selber Anspruch auf Solidarität habe. Dass beide Themen, abgesehen davon, dass Griechenland auch bei der Flüchtlingskrise eine unrühmliche Rolle spielt, nichts miteinander zu tun haben, schien Brok nicht zu stören.
So richtig abstrus wurde es bei einer weiteren Themenvermengung. So äußerte sich Brok allen Ernstes verwundert darüber, dass sich die Ost-EU-Länder zwar gerne von der NATO schützen lassen, auf der anderen Seite aber nicht bereit seien, einige Tausend Flüchtlinge aufzunehmen. Gegen eine solche Verquickung von zwei völlig unterschiedlichen Themen erscheint der eingangs erwähnte beliebte Erpressungsversuch mittels EU-Geldern geradezu plausibel!
Sicher dürfte Leuten vom Schlage eines Brok klar sein, dass das moralisierende Herstellen von Zusammenhängen, wo es keine gibt, bei Vortragsveranstaltungen vielleicht ganz unterhaltsam ist, in der Praxis die Ost-EU-Regierungen aber wohl kaum davon überzeugen wird, den West-EU-Ländern aus der selbstverschuldeten Flüchtlingsmisere zu helfen. Eben deshalb können sie – ganz Realpolitiker – auch ganz andere Geschütze auffahren. So etwa das Mehrheitsprinzip, mit dem die zahlenmäßig noch immer überlegenen West-EU-Länder ihren östlichen Partnern, wenn nichts anderes mehr hilft, einfach die „richtige“ Entscheidungen aufzwingen können.
Von der Sache her sind Mehrheitsentscheidungen bei größeren Organisationen sicher nicht verkehrt. Immerhin garantieren sie eine fortwährende Handlungsfähigkeit und schützen – wie Brok ganz richtig feststellte – gegen Erpressungsversuche von Seiten der Minderheit. Es ist aber nicht egal, ob man per Mehrheitsbeschluss über irgendwelche, eher technische Fragen wie etwa die Ausgestaltung des europäischen Binnenmarktes eine Entscheidung fällt oder über grundlegende Fragen, wie zum Beispiel, ob man sein Land gegen den mehrheitlichen Willen der eigenen Bevölkerung für die Masseneinwanderung öffnet oder nicht.
Solche substanziellen Fragen sollten möglichst nicht über die einzelnen Nationalstaaten hinweg entschieden werden. Ganz richtig sprach sich Németh dafür aus, bei Themen wie der Quotenregelung eher nach Konsenslösungen zu suchen. Eine Machtpolitik in solchen Fragen würde seiner Meinung nach zum Zerfall der EU führen.
Eine weitere Forcierung der rein praktisch ohnehin nicht umsetzbaren Quotenregelung hätte ganz sicher das Potenzial, der EU neben Euro- und Flüchtlingskrise eine weitere hinzuzufügen, nämlich eine Ost-West-EU-Krise.
Die West-EU-Vertreter sollten sich daher, statt über neue Tricks und Kniffe nachzusinnen, ihren östlichen Partnern doch noch ein paar Zehntausend Flüchtlinge unterzuschieben, lieber überlegen, ob es die Quotenfrage wirklich wert ist, sich darüber zu zerstreiten und ob es nicht auch konsensorientierte Lösungen in dieser Frage gibt.
Zuerst lässt Frau Merkel die Migranten nach Deutschland einreisen und dann will sie diejenigen, die die deutsche Wirtschaft nicht braucht, ebenso großzügig in andere EU-Länder abschieben. Und da wirft man Orbán Zynismus vor!
“ .. in der Praxis die Ost-EU-Regierungen aber wohl kaum davon überzeugen wird, den West-EU-Ländern aus der selbstverschuldeten Flüchtlingsmisere zu helfen. “ (Mainka)
Was den Westeuropäern nicht im Geringsten klar ist: Ihre Dominanz in wirtschaftlichen Fragen wie in politischen Fragen – also ihre Tonangebende Rolle in der EU – missfällt zusehends den Osteuropäern. Ohnehin fühlt sich ein guter Teil der ärmeren Bevölkerung dieser Länder in der Falle von Markt und Kapitalismus. Darum auch die Überzeugung von Polen bis Rumänien, das sich D das nimmt, was es braucht (gutausgebildete Flüchtlinge aber auch gutausgebildete Osteuropäer, Mediziner und Ingenieure) – alles gereicht zum eigenen Nachteil und führ ins Chaos. Wie recht sie haben. Deutschland ist nicht moralisches Vorbild sondern wieder mal Verbrecher. Wer das Gegenteil behauptet, sollte erst mal mit den Osteuropäern reden. Wessis würden schon nach einem Tag anfangen zu winseln, müssten sie so im Alltag kämpfen wie Ungarn, Polen, Rumänen, Esten ….. Europa ist noch lange nicht zusammen gewachsen. Die Gegensätze scheinen auf allen Ebenen noch größer zu werden. Merkel ist hoffentlich bald weg, denn sie verkörpert mittlerweile selbst für Österreicher den selbstgefälligen, ignoranten Deutschen.