Butter im Plastikdöschen, Milch im Tetra Pak, Müsli in Pappkarton und Plastiktüte, selbst Bio-Gurken sind einzeln eingeschweißt – Lebensmittelverpackungen verschwenden viele Ressourcen und belasten die Umwelt. Márk Monostori-Kalovits hat dem Verpackungsmüll den Kampf angesagt. In seinem erst im Oktober eröffneten Geschäft NoPack kann man alltägliche Waren wie Mehl, Nudeln, Reis aber auch Seifen und Körpercremes unverpackt erwerben.

NoPack ist der erste verpackungsfreie Lebensmittel-Laden in Mittel- und Osteuropa. (BZT-Fotos: Nóra Halász)
Viele Menschen machen sich Gedanken über Müll. Angefangen bei den eigenen Kindern, denen man erklärt, dass man ihn nicht auf der Straße hinterlassen soll, über die persönliche Einstellung zur Mülltrennung und zum Altpapierrecycling bis hin zur bewussten

Auch Kosmetik und organische Reinigungsmittel,
beispielsweise Waschnüsse,
sind im NoPack-Laden erhältlich.
Entscheidung, im Supermarkt auf die Plastiktüte zu verzichten. Manche gehen dabei aber noch einen Schritt weiter: Anhänger der Zero-Waste-Bewegung (deutsch: Null Müll) streben nach einem Leben ohne Ökologischen Fußabdruck. Sie stellen ihre eigenen Kosmetikprodukte her, verzichten auf Klopapier und natürlich erwerben sie Lebensmittel nur frisch und unverpackt. Während einige dieser Ideen extrem erscheinen mögen, ließe sich letztere auch recht einfach in die Komfortzone des Normalbürgers integrieren. Schließlich ärgert sich doch fast jeder mal über den unnötigen Verpackungsmüll vieler Lebensmittel. Das Problem: Supermärkte bieten nur selten die Möglichkeit verpackungsfrei einzukaufen und auf dem Wochenmarkt, der es anbietet, fehlt es oft an alltäglichen losen Produkten wie beispielsweise Nudeln oder Mehl. In diese Nische haben sich in den vergangenen Jahren die sogenannten „Verpackungsfreien Lebensmittelläden“ eingenistet. Ausgehend von Berlin eroberte der Trend bisher vor allem Westeuropa. Existenzgründer Monostori-Kalovits hat in Budaörs nun das erste Geschäft dieser Art in Mittel- und Osteuropa eröffnet.
Warum wir Läden wie NoPack brauchen
Denn auch in Ungarn ist ein Umdenken im Bereich Verpackungsmüll von Nöten: Hierzulande kommen jährlich im Durchschnitt 86 Kilo Verpackungsmüll auf jeden Einwohner. Davon werden circa zehn bis zwölf, allerhöchstens 20 Kilo über Recycling wieder dem Wertstoffkreislauf einverleibt. Es bleibt ein enormer Müllberg, der durch den Verzicht auf individuelle Produktverpackungen zumindest reduziert werden könnte, findet Monostori-Kalovits. Er sieht jedoch auch ein Problem in der Verschwendung von Lebensmitteln. Seiner Meinung nach kaufen Konsumenten durch vorgegebene Verpackungen mehr als sie verbrauchen können. So würden in Ungarn jedes Jahr beinahe zwei Millionen Tonnen Lebensmittel weggeworfen. Dies entspricht knapp 200 Kilo pro Kopf. „All die Arbeit, die Ressourcen und die Energie, die in die Produktion dieser Lebensmittel gegangen sind, sind komplett verschwendet“, prangert der studierte Ökonom an. Bereits während seines Studiums an der Corvinus-Universität in Budapest beschäftigte sich Monostori-Kalovits intensiv mit dem Thema Nachhaltigkeit. Für die Idee des verpackungsfreien Einkaufens begeisterte sich der Mitt-Zwanziger während eines Aufenthalts in der deutschen Hauptstadt. Damals habe er in Berlin der Eröffnung des ersten verpackungsfreien Ladens „Original unverpackt“ in Kreuzberg beigewohnt. „Seitdem habe ich diese Idee mit mir herumgetragen. Ich wusste, ich will dieses Konzept auch nach Ungarn bringen“, erzählt Monostori-Kalovits. Hat er auch.
Mit Stoffbeutel und Einweckglas zum Einkauf
So funktioniert das Einkaufen im NoPack-Laden: Alle Waren werden im Shop entweder lose in Plastikbehältern, in Kanistern, in großen Gläsern oder in Säcken aufbewahrt. Von allem darf man sich selbst abfüllen, so viel man braucht. Behälter können selbst mitgebracht oder im Laden erworben werden. Bevor das Befüllen losgehen kann, werden die selbstmitgebrachten Behälter zunächst abgewogen und das Eigengewicht mit einem Sticker festgehalten – so bezahlt man am Ende wirklich nur, was man mitnimmt. Mit kleinen Schäufelchen, Löffeln oder Tassen füllt man sich die Menge ab, die man wünscht. Die Kilopreise stehen jeweils auf Listen neben dem Produkt. Schließlich wird erneut gewogen, der Preis ermittelt und bezahlt. Gar nicht schwer! Laut Monostori-Kalovits war die größte Herausforderung im Vorfeld die passenden Zulieferer zu finden: „Wir wollen nur mit Herstellern zusammenarbeiten, die sich an gewisse Produktionsstandards halten“, schildert der umweltbewusste Unternehmer. So steht NoPack auch für Fair Trade und lokale, transparente Produktionsverhältnisse. Trotzdem können die Preise durchaus mit Supermärkten mithalten. Gerade Trockenprodukte wie Mehl, Reis, Getreide, Bohnen, Trockenobst und Haferflocken nehmen sich nicht viel im Preis und haben den Vorteil, dass man genau nach Bedarf einkaufen kann. Auch eine kleine Auswahl an frischem Obst und Gemüse von Landwirten aus der Umgebung wird im NoPack angeboten. Diese sind im Preis zwar etwas über Supermarkt-Niveau, allerdings schwört Monostori-Kalovits besonders auf den Geschmack der von ihm angebotenen Kartoffeln. Das mag natürlich auch daran liegen, dass es sich mit einem guten Gewissen gleich mit viel mehr Appetit essen lässt.
Doch NoPack steht auch für die Entschleunigung des Einkaufserlebnisses.
Neben den Regalen voller Produkte ist ein Café in dem kleinen Laden untergebracht. Hier kann man vor oder nach dem Einkauf einen Fair-Trade-Kaffee und ein aus organischem Mehl gebackenes Croissant genießen. Das Angebot an Backwaren ist reichlich, frisch und optisch ansprechend. Dabei wird auf unterschiedliche Diäten Rücksicht genommen: Eier- und milchfreie Kekse für Veganer, glutenfreier Kuchen und Gebäck mit alternativen Süßstoffen, wie Stevia oder Xylit (ebenfalls lose im Laden erhältlich) für Diabetiker – hier kann wirklich jeder zugreifen.
Unser Fazit: Der Einkauf im NoPack ist ein Erlebnis. Es macht Spaß mit den kleinen Scheffeln und Döschen zu hantieren. Es weckt den Spieltrieb und Erinnerungen an altmodische Kaufmannsläden im heimischen Kinderzimmer. Viele der angebotenen Lebensmittel sind erstaunlich günstig, was beweist – ein nachhaltiger Lebensstil muss nicht teuer sein. Der Nachteil zum Discounter liegt allerdings im beschränkten Angebot. Den Wochenbedarf einer Familie (außer es handelt sich um Vögel) lässt sich hier nicht decken. Andererseits spart das spartanische Angebot Zeit. In fünf Minuten sind Mehl, Reis und ein paar Nudeln in die jeweiligen Boxen gefüllt und man ist fertig. Das ewige Produkte Vergleichen vor dem Regal entfällt und anschließend bleibt noch Zeit für Kaffee und Kuchen im hauseigenen Café.
- Katrin Holtz
NoPack
Budaörs, Szabadság út 88
Öffnungszeiten: Montag bis Freitag 7 – 18 Uhr, Samstag und Sonntag 8 – 12 Uhr www.nopack.hu

Fertig mit dem Einkauf? Dann genießen Sie auch schnell noch einen Fair-Trade-Kaffee und ein mit Xylit gesüßtes Croissant im hauseigenen Café.
Neun Tipps, um Müllberge zu reduzieren
- Vermeiden Sie Müll schon beim Einkauf: Bevorzugen Sie Produkte mit weniger Verpackung.
- Gehen Sie statt zum Discounter in die Markthalle: Gerade Budapest hat viele schöne
historische Markthallen, in denen Sie frische, unverpackte Lebensmittel kaufen können. - Jutebeutel statt Plastiktüte: Damit liegen Sie voll im Trend an der Supermarktkasse.
- Planen Sie ihre Lebensmitteleinkäufe und kaufen Sie nur, was Sie brauchen:
Lebensmittel sollen auf dem Teller enden, nicht im Müll. - Reparieren statt wegschmeißen: Spart oft Geld, schont die Umwelt und hilft bisher
unbekannte Talente zu entdecken. - Borgen oder Mieten statt selber kaufen: Jeder hat diese Dinge im Haushalt, die 364 Tage
im Schrank liegen, um dann einmal im Jahr nützlich zu sein. Oder wie oft nutzen Sie
diese wahnsinnig dekorative Quiche-Auflaufform? - „Des einen Müll, ist des anderen Freud“: Verschenken Sie Dinge, die Sie nicht mehr nutzen,
statt sie wegzuwerfen. Hier hilft die Facebook-Gruppe „Free Your Stuff Budapest“. - Leitungswasser statt Wasserflaschen: Wo es die Wasserqualität erlaubt, ist das nicht nur
die kostengünstigere, sondern auch umweltschonendere Variante. Mit einem
Trinkwassersprudler kommen auch Sprudel-Liebhaber auf ihre Kosten. - Seien Sie kreativ: Wie wäre es mal mit einem selbstgemischten Putzmittel auf Essigbasis,
Windlichter aus Einweckgläsern oder einem Stuhl aus alten Plastikflaschen
(für Fortgeschrittene)? Müll wiederverwerten oder vermeiden kann, wenn es
ums Basteln geht, sogar Spaß machen. Im Internet kann man dazu in zahlreichen
Blogs Inspirationen finden.