Laut Rogán stehen sich heutzutage zwei Standpunkte bezüglich der Flüchtlingskrise gegenüber. Dabei spricht er nicht von den USA und der Sowjetunion, sondern von Viktor Orbán und György Soros. Orbán sagt, dass die äußeren EU-Grenzen geschützt werden müssen, während Soros der Meinung ist, dass die Einwanderung frei möglich sein sollte.
Diesem etwas einfach dargestellten Weltbild entsprechend, steht auch Angela Merkel hinter Soros. Aber nicht nur sie, denn Soros ist eine Verkörperung jenes Amerikas, das letztlich mehrfach der Orbán-Regierung dessen Schandtaten unter die Nase gerieben hat. Aber sie sind weit und auch zu groß und die Vorwürfe nicht konkret genug, um als Feindbild zu dienen – wofür Soros wie gerufen kommt, der mit seinen allseits diskutierten Kriterien, Eigenschaften und auch seinem Ruf das leibhaftige Konkretum, den vertrauten Urfeind darstellt.
Man könnte zu all dem jetzt sagen, dass der Propagandaminister schließlich dafür bezahlt wird Blödsinn zu reden und die empfängliche Masse zu betäuben. Wobei es dennoch ein starker Einstieg für einen Neuling ist, seinen Chef gleich auf den Luzifer der rechtsradikalen Mythologie loszulassen. Wie soll man da noch einen drauf setzen? Sollte dieser Luzifer bis Dezember erlegt sein, muss er schließlich dennoch in der Arbeit erscheinen. Wer wird also der neue Feind? Man wird ja schlecht behaupten können, dass Luzifer abgehakt ist.
Das größere Problem des Landes ist jedoch ein anderer Aspekt des Soros Hypes, für den man allerdings ein bisschen weiter ausholen muss. Und dabei denken wir nicht unbedingt an Kósa Lajos, der Rogáns Ansprache vorausgegangen und sachgerecht auf die Merkel-Soros Achse ausgewichen ist, denn auch er ist nur eine Konsequenz.
Den Ansatz hat Viktor Orbán selbst in seiner Radiosendung am Freitag gelegt und in null Komma nichts den Vogel abgeschossen. Er hat erläutert, dass die zivilen Flüchtlingshelfer in Wahrheit ungewollt den Menschenschmuggel vorantreiben. Und da sie, wie allseits bekannt von Soros finanziert werden, ist die Sache klar: Der greise Geldgeber hält die Fäden in der Hand und ist grundsätzlich für alles verantwortlich, wie für die globale Erwärmung, die steigenden Wurstpreise und die voraussichtlichen Niederlagen des ungarischen Fußballs.
Immer wenn Orbán etwas aus der Werkzeugkiste der Jobbik heraus kramt, pflegt man zu sagen, dass er gar nichts Böses will, sein Ziel ist es lediglich die äußeren Wähler für sich zu gewinnen! Aber was interessieren Orbán die Wähler, mit solchen Wahlgesetzen, vor allem, wenn die Wahlen erst in einigen Jahren fällig sind. Die Kammer gehört sowieso schon längst ihm.
Der Soros Hype ist ein sehr strickt geregeltes Genre, mit obligatorischen Elementen. Ob diese gerade von den intellektuellen Hofschranzen der Fidesz beigesteuert werden? Davon sollte man sich besser nicht täuschen lassen, denn der besagte Hof versucht nur auf Tagesebene aufzuarbeiten, was ihm vorgelegt wird und auszuklügeln, was es wohl für kurzfristige Folgen hat. Wirft man einen Blick in die Zeitung Magyar Idők, wo der Soros Hype weiter angetrieben wird, sieht man, dass es schon lange nicht mehr um den Kampf der Giganten geht, sondern darum, was diese armselige österreichische Vertreterin damit erreicht hat: Hurra, endlich darf man auf die Juden schimpfen! Es ist sogar Teil der allgemeinen Denkweise und der täglichen Kommunikation auf Ministerebene geworden.
Das unabhängige ungarische Gericht hat Fidesz vergangenen Monat zu einer Entschuldigung verpflichtet, mit der Begründung, dass ihr Sprecher „Dr. Péter Hoppál auf seiner Pressekonferenz am 17. August 2013 nicht wahrheitsgemäß behauptet hat, dass der Ausschuss von Helsinki von Organisationen, die mit György Soros in Zusammenhang gebracht werden können, gefördert werde, um dafür Ungarn, Fidesz beziehungsweise die ungarische Regierung auszumergeln”. Aber Orbán möchte international sein, wobei er nach seiner provinziellen und boshaften Aussage das Gegenteil bewies. Ob ihn das ungarische Gericht wohl auch zur Entschuldigung zwingt?
Der hier in Auszügen erschienene Text erschien als redaktioneller Beitrag in der linksliberalen Wochenzeitung Magyar Narancs Ausgabe 45.
Als die Soziologen die Geschichtsschreibung unterwanderten, verschwand der einzelne Mensch in Form als handelnder Heros und Akteuer. Plötzlich ging es nur noch um die Gesellschaft, um soziale Strömungen, um kulturelle Einflüsse uswusw. Es war nicht die Fidesz, die dieses Dogma angriff, sondern die NATO-Propaganda, indem sie aus dem „Irren von Bagdad“, dem „Henker von Libyen“, dem „Hitler von Belgrad“ comic-hafte Superschurken schuf. Einen ähnlichen Status erhielten Assad und der neue Rasputin Dugin und natürlich Putin, bei dem allein die Erwähnung des Namens ausreicht, um ganze Kontinente in Angst und Schrecken zu versetzen. Der Name Putin selbst wurde zum Markenzeichen, mit dem auch Orbán geehrt wurde.
Herr Soros, der ja wirklich sehr aktiv ist, wird immer öfter genannt-und er genießt es in vollen Zügen. Lassen wir ihm die Freude.