
Hartes Urteil: Ex-Premier Ferenc Gyurcsány geht mit seinen linken Mit-Oppositionellen scharf ins Gericht. (Foto: MTI)
Ex-Premier Ferenc Gyurcsány (2004-2009) ist auf den Plan getreten, um die ungarische Linke wieder einmal so richtig aufzurütteln, befindet sie sich doch seiner Meinung nach im Dauerschlaf und der Starre – und das schon viel zu lange. Nachdem er vor Kurzem eine Streitschrift (Titel: „Das Ungarn vieler Menschen”) veröffentlicht hatte, gab der heutige Vorsitzende der Demokratischen Koalition (DK) dem führenden linken Printorgan unter den ungarischen Tageszeitungen, Népszabadság, ein ausführliches Interview, das am Montag dieser Woche erschien.
In dem Interview geht Gyurcsány denn auch auf das „Hauptproblem“ der Linken in Ungarn ein: „Die Linke ist nicht imstande, sich als regierungsfähige Alternative zu präsentieren. Folglich mangelt es auch den Wählern am Glauben, dass die Linke zum Regieren fähig ist.“
Auf die Frage, was dazu notwendig sei, um diesen Glauben wieder zum Leben zu erwecken, antwortet der Ex-Premier: „Wir benötigen eine gemeinsame Sprache. Wir brauchen zudem eine relativ einheitliche politische Organisation, weil wir heute ziemlich zerklüftet sind. Und wir brauchen eine starke Führung.“ Gyurcsány weist darauf hin, dass er in diesem Punkt mutwillig missverstanden werde, schließlich glaubten viele, dass er sich selbst an die Spitze einer von ihm erträumten linken Allianz aufschwingen will. Keineswegs, sagt Gyurcsány. „Deshalb sage ich mit Absicht nicht Führer, sondern Führung.“
Linke muss eingeschworene politische Gemeinschaft schaffen
Gyurcsány spricht auch von der Notwendigkeit, im linken Lager eine eingeschworene politische Gemeinschaft zu formen, wie sie im Lager der Rechten von Premier Viktor Orbán geschaffen worden sei. Sollte es der ungarischen Linken nicht gelingen, so Gyurcsány, an einem Strang zu ziehen und eine Einheit zu bilden, dann drohe ihr dasselbe Schicksal wie der polnischen Linken, nämlich das Verschwinden in der Versenkung.
Gyurcsány erklärt, dass der politische Wettstreit in Ungarn nicht zwischen „links“ und „rechts“ stattfinde, sondern zwischen einer „östlichen Willkür“, verkörpert durch die Regierung von Viktor Orbán, und den Fürsprechern einer „westlich orientierten bürgerlichen Demokratie“.
Der Ex-Premier geht diesbezüglich auch auf seinen Austritt aus der MSZP (Sozialistische Partei) im Jahr 2011 ein. „Ich habe seinerzeit mit der MSZP gebrochen, weil ich grundsätzlich folgenden Standpunkt vertrat: Formen wir aus der sozialistischen Partei eine demokratische Partei, die sich auch der Mitte öffnet. Die damalige und heutige Führung der MSZP hegt jedoch den Wunsch, die traditionellen linken Werte zu vertreten.“
In Hinblick auf die Flüchtlingspolitik redet Gyurcsány der „Barmherzigkeit“ das Wort. Die Barmherzigkeit sei in „unserer Kultur“ ein universales Diktat. Gerade Jesus Christus habe den Menschen die Nächstenliebe und Offenheit gegenüber Fremden vermittelt. Gyurcsány: „Wer sagt, dass unsere Aufnahmekapazitäten gleich null sind, will eine egoistische Welt, gegen die ich ankämpfe.“
Kumpel, ihr werdet verschwinden, egal an welchen Stricken ihr zieht.