„In jedem von uns steckt ein Künstler. Wir brauchen nur Gelegenheit und die richtige Anleitung, um unsere künstlerische Seite nach außen zu kehren.“ Dieser Ansicht ist zumindest Júlia Kupa, Projektleiterin bei PaintCocktail. Das neue Freizeitangebot verbindet einen gediegenen Cocktailabend mit einer professionell angeleiteten Malstunde. Am Ende des Abends geht jeder Teilnehmer mit einem fertigen Kunstwerk und Erinnerungen an eine unvergessliche Erfahrung heim. Die Budapester Zeitung war einen Abend lang zu Gast bei PaintCocktail.
In der linken Hand ein Cocktailglas, in der Rechten den Pinsel – mit diesem Bild lassen sich die abendlichen Events von PaintCocktail wohl am besten beschreiben. Erst im März dieses Jahres startete der Veranstalter mit Sitz in Budapest sein kreatives Abendprogramm und erfreut sich in der Hauptstadt seither großer Beliebtheit und einer stabilen Fangemeinde. Die Idee stammt, wie es mit neuen Trends häufig der Fall ist, aus den USA: Hier sind die feuchtfröhlichen Malstunden, wie uns PaintCocktail-Projektleiterin Kupa erzählt, schon seit Jahren in allen größeren Städten zu finden. Auch in Europas Metropolen gibt es immer mehr Anbieter für diese Kategorie kreativen Abendprogramms. Budapest steht dem in nichts nach.
Kreativ und hip
Was PaintCocktail zu etwas Besonderem macht, ist, dass die Malstunde nicht in irgendeinem Allzweckraum im Gemeindezentrum oder im lokalen Jugendclub stattfindet, sondern an unterschiedlichen Hotspots des hippen Budapester Nachtlebens: Neben der stets belebten Gartenbar Szimpla arbeitet PaintCocktail mit weiteren populären innerstädtischen Lokalen wie Ankert, Mazel Tov oder dem Pirítós Pub zusammen. Diese stellen nicht nur den Raum für die Veranstaltungen, sondern mixen auch die Cocktails für die durstigen Maler und Malerinnen.
Am 31. Oktober gab es PaintCocktail im Púder Bárszínház, einem beliebten Ausgehspot am Beginn der Restaurantmeile Ráday utca im V. Bezirk. Im hinteren Bereich der Bar, der sonst als Raum für Kleinkunst und Theater dient, sind bereits zahlreiche Staffeleien aufgestellt. Zwischen acht und 25 Teilnehmer nehmen je nach Veranstaltungsort und Nachfrage an den Events teil. Heute sind es 15 Personen, die sich bereits aufgeregt die bereitliegenden Schürzen umbinden und neugierig die Ausrüstung inspizieren: Dazu gehören drei Pinsel in verschiedenen Stärken, eine Malpalette mit vier Farbklecksen, ein Wasserglas zum Waschen der Pinsel und ein Tuch zum Abtrocknen. Man wolle den technischen Aufwand bei den Events minimieren, erklärt Kupa. Alle Events, unabhängig welches Bild gemalt wird, kommen mit dieser bescheidenen Ausrüstung aus. Weitere Farben werden einfach auf der Palette zusammengemischt, Bilder, die komplizierte Maltechniken erfordern, werden vermieden.
Zum eigenen „Van Gogh“ in nur wenigen Schritten
Nachdem im Raum des Púder Bárszínház alle ihre Plätze eingenommen haben, beginnt Kursleiterin Judit Lola Bodnár mit einer kurzen Einführung zur heutigen Malstunde. Bodnár ist eine von vier Instrukteuren, die PaintCocktail für seine Events beschäftigt. Hauptberuflich ist die Endzwanzigerin Journalistin beim Online-Nachrichtenportal 24.hu, ihre Freizeit gehört allerdings ihrer Leidenschaft für Bildhauerei und Malerei. In ihrer Funktion als Kursleiterin bei PaintCocktail wählt Bodnár nicht nur die Motive aus, die gemeinsam bei den Events reproduziert werden, sondern bricht die Kunstwerke in einzelne für Laien nachvollziehbare Schritte herunter.
Nicht nur Werke berühmter Künstler wie Vincent van Goghs Gemälde „Zwölf Sonnenblumen in einer Vase“ oder Gustav Klimts „Umarmung“ werden nachgemalt, sondern zu speziellen Anlässen auch Eigenkreationen der Instrukteure. Für den Halloweenabend hat Bodnár sich ein ganz spezielles Motiv ausgedacht: Eine schaurig-schöne Nachtlandschaft, samt knochigem Galgenbaum und mitternächtlichen Wildtieren. Fehlen darf natürlich auch nicht der Vollmond im Hintergrund, der die Szenerie in ein geisterhaftes Licht taucht. Für die Teilnehmer ist das Motiv keine Überraschung, denn Motiv und Kursleiter werden, gemeinsam mit dem Termin und Veranstaltungsort, schon früh auf der Webseite des Veranstalters bekanntgegeben. Eingestimmt werden die Teilnehmer mit einem kleinen Halloween-Snack: Fruchtgummi in der Form von Vampirzähnchen und Augäpfeln. Und dann geht es auch schon los. Gemalt wird mit Acrylfarben auf Leinwand. Diese ist besonders gut für Anfänger geeignet, erklärt Bodnár, da sie wasserlöslich ist und sich gut mischen lässt.
Am Cocktail nippen und malen
Schritt für Schritt erklärt die Kursleiterin, wie das Bild aufgebaut wird, gibt Tipps, wie man beispielsweise auch als Laie einen perfekten, runden Mond hinbekommt oder mit ein paar Schatten mehr Leben in das Kunstwerk zaubert. Jeder einzelne Handgriff ist vorgeplant und einfach auszuführen. Wer zu Beginn noch ängstlich einen ersten Farbklecks auf die Leinwand gemacht hat, beginnt spätestens nach einer halben Stunde an Selbstvertrauen zu gewinnen: „Es ist gar nicht so schwer, wie es anfangs aussieht“, sagt eine Kursteilnehmerin. Insbesondere nachdem die erste Runde Cocktails ausgeteilt ist, scheinen die kreativen Säfte ins Fließen zu kommen. Als erster Cocktail des Abends wird ein Wodka-Bitterlemon serviert, an dem die Teilnehmer konzentriert nippen, während sie weiterhin die Pinsel schwingen. Natürlich steht auch eine alkoholfreie Variante des Drinks für all jene bereit, die noch mit dem Auto fahren müssen. Nur der erste Cocktail ist im Preis des Events – 9.850 Forint pro Person – enthalten. Doch weitere Cocktails können auf eigene Kosten beim regelmäßig vorbeischauenden Barpersonal bestellt werden. Davon machen die meisten Teilnehmer kräftig Gebrauch. Gegen Ende ist die Stimmung nicht nur ausgelassen, sondern sind auch die Pinselstriche mutiger. Jeder scheint mit seinem eigenen Werk zufrieden.
Keine Angst vor der leeren Leinwand
Kursleiterin Bodnár kann bisher nicht von negativen Erfahrungen mit Teilnehmern berichten: „Einige haben zwar Berührungsängste. Manche fürchten, sie könnten etwas falsch machen oder halten sich einfach nicht für den ‚kreativen Typ‘. Aber wenn sie erst einmal anfangen und sich darauf einlassen, waren bisher noch alle begeistert.“ Deshalb eignet sich das Event auch bestens für Teambuildings und ähnliche Gruppenaktivitäten. Hier bietet PaintCocktail auch besondere Pakete an: So ist es beispielsweise möglich, dass die Gruppe gemeinsam ein großes aus mehreren Leinwänden zusammengesetztes Bild malt. Dies erfordert nicht nur gemeinsame Vorarbeit beim Aufzeichnen des Motivs auf die Leinwände, sondern auch ständige gegenseitige Abstimmung während der Arbeit. Nur wenn die Gruppe eng zusammenarbeitet, ergeben die zusammengesetzten Leinwände später ein stimmiges Bild. „Viele Firmen hängen das Bild später im Büro auf, um an die Früchte der gemeinsamen Arbeit zu erinnern“, berichtet Bodnár, die mit ihrer Ausbildung zur Trainerin bereits vor ihrer Zeit bei PaintCocktail Erfahrungen im Bereich des Teambuildings gemacht hat. Aber nicht nur Arbeitsgruppen kann das gemeinsame Malen und Trinken näher zusammenbringen: Auch für Paare, ob nun frisch verliebt oder seit Jahren verheiratet, ist es oft eine fruchtbare Erfahrung sich miteinander einer neuen Herausforderung zu stellen: Das Malen eines, wenn auch unter Anleitung entstandenen, eigenen kleinen Kunstwerkes ist da genau das Richtige.
Zu den Teilnehmern des Halloweenabends gehören auch Danka und Gábor. Für Gábor ist der Abend mit PaintCocktail ein verspätetes Geburtstagsgeschenk: „Ich habe seit Jahren keinen Pinsel mehr in der Hand gehabt“ berichtet er, „aber trotzdem habe ich den Abend sehr genossen. Es war wirklich eine witzige Erfahrung und ich würde gerne noch einmal kommen.“ Ihre fertigen Gemälde wollen Gábor und Danka miteinander tauschen, sodass jeder das jeweils andere Kunstwerk als Erinnerung an die gelungene Geburtstagsüberraschung mit heimnehmen kann. Doch es sind nicht nur die beiden, sondern alle Teilnehmer, die den Kurs zufrieden, die Leinwand unter den Arm geklemmt, beenden. Viele bedanken sich ausgiebig bei Bodnár für die zwei tollen Stunden und versprechen wiederzukommen. Einige zieht es danach heim, doch manch einer bleibt noch für ein paar weitere Getränke in der zu dieser Uhrzeit prall gefüllten Bar sitzen.
Falls Sie auch Ihre kreative Ader über einen Cocktail neu entdecken möchten, finden Sie weitere Informationen zu den Veranstaltungen und aktuelle Termine unter www.paintcocktail.com.
- Katrin Holtz