Im eigenen Wohnzimmer regelmäßig fremde Gäste bewirten – Für viele unvorstellbar. Trotzdem hat sich auch in Ungarn das ungewöhnliche Konzept der Wohnungsrestaurants etabliert. Als Katalin Angyalosy jedoch vor vier Jahren ihr „Lakásétterem“ (deutsch: Wohnungsrestaurant) eröffnete, war sie unter den Pionieren. In ihrer Küche verbindet sie das Beste aus der pfälzisch-elsässischen Küche mit ungarischen Rezepten und einer Prise internationalem Flair. Wir waren einen Abend bei ihr zu Gast.
Wir stehen vor einem Einfamilienhaus in einer ruhigen Nebenstraße im Vorort Budaörs. Name und Hausnummer stimmen zwar, aber nichts deutet darauf hin, dass wir hier richtig sind. Wir sind allerdings ein bisschen früher als die anderen Gäste. Bei deren Ankunft sind Haus und Garten von vielen Kerzen und Fackeln erleuchtet. Katalin Angyalosy begrüßt uns mit einem strahlenden Lächeln und in fast akzentfreiem Deutsch. Während sie uns durch ihr hell und klassisch-modern eingerichtetes Haus führt, erzählt sie, wie sie als 17-Jährige ihren Schwager, damals Motorradrennfahrer, kreuz und quer durch Europa begleitete. Und in Deutschland hängenblieb. Die heute 41-Jährige studierte in Heidelberg Literatur, lebte danach in der Pfalz und gründete eine Familie. Ihr 10-jähriger Sohn fährt heute selber Rennen in der Go-Kart-Liga.
Katalin ist nicht nur Köchin, sondern Gastgeberin
Mittlerweile sitzen wir auf der Terrasse, trinken spanischen Sekt und genießen den Ausblick. Als Katalin vor viereinhalb Jahren aus Deutschland nach Budaörs zurückkehrte, hatte sie zunächst keine Idee, was sie beruflich machen wollte. In ihrem gelernten Beruf als Lehrerin wollte sie nicht arbeiten. „Nichts für mich“, erklärt sie lächelnd. Sie saß mit ihrer Mutter auf der Couch, als die Idee mit dem Wohnungsrestaurant entstand. Denn kochen, das konnte sie. In Deutschland hatte sie sowohl die pfälzische und elsässische Küche lieben – aber auch die Offenheit der deutschen Küche für internationale Einflüsse schätzen gelernt.
„Und während ich weg war, hat sich Ungarn sehr verändert. Auch die Küche. Vor 20 Jahren gab es praktisch nur typisch ungarisches Essen. Jetzt öffnet sich die Küche. Da passe ich gut rein mit dem, was ich aus Deutschland mitbringe.“ Katalin ist aber nicht einfach nur eine gute Köchin. Sie ist Gastgeberin!
Das ist wohl der größte Unterschied zu einem normalen Restaurant. Dort ist man zu Gast in einem Lokal, maximal bei einem Koch, wenn dieser bekannt ist oder ab und zu aus seiner Küche hervorlugt. Im „Angyalosy lakásétterem“ ist man zu Gast bei Katalin. Auch wenn das Essen im Vordergrund steht, hat sie das Menü und die Zubereitung so organisiert, dass sie viel Zeit für Ihre Gäste hat. Sie scherzt, lacht, erzählt, hört zu. Sie erklärt das Essen, vor allem die Weine, für die sie eine große Leidenschaft besitzt. Auf Wunsch organisiert Katalin Livemusik, Kabarett oder Zauberer – was der Gast eben wünscht.
Der Gast steht wirklich im Mittelpunkt
Auch beim Essen stellt sie sich ganz auf ihre Gäste ein. Ungarische Gäste kommen eher zu ihr, um deutsche, französische oder internationale Küche zu genießen, während nicht-ungarische Gäste gerne kommen, um ungarische Gerichte zu probieren. Katalin versteht es, die oft etwas derben und schweren ungarischen Rezepte „etwas feiner“ zuzubereiten. Zum Beispiel könne man „túrógombóc“ (eine Art Quarkknödel) auch als Parfait zubereiten. Oder „pörkölt“ (Gulasch) mal mit Reh. Was Katalin genau kocht, spricht sie immer mit ihren Gästen ab, die meist als geschlossene Gesellschaft zu mindestens sechs Personen kommen. Sehr oft sind es Geburtstagsgesellschaften, Kollegen oder Weihnachtsfeiern. Nur etwa jeden zweiten Samstag gibt es offene Abende bei Katalin, zu denen sich jeder anmelden kann. Dann bestimmt allerdings Katalin selbst das Menü.
Das Beste aus zwei Welten
Heute hat sie drei ungarische Pärchen zu Gast, Unternehmer aus Budapest. Zum spanischen Begrüßungssekt gibt es Baguette mit Lachscreme (und eine Schinkenvariante für die Gäste, die nicht so gern Fisch mögen). Danach eine Pilzcremesuppe mit Sherry, Rucolasalat mit Parmesanhobeln und als Hauptgang Rumpsteak mit gegrilltem Gemüse. Als Nachtisch serviert Katalin eine Schokomousse mit Waldbeeren, die es wirklich in sich hat. Insgesamt kein „experimental food“, aber mit viel Können und auf hohem Niveau zubereitet. Für Katalin sind dafür gute Zutaten besonders wichtig – was man definitiv auch schmeckt. Alles was frisch ist, kauft sie direkt beim Bauern. „Ich bekomme in Ungarn jedoch nicht immer alles, was ich haben will. Dann muss ich auch schon mal nach Wien fahren oder aus Deutschland etwas kommen lassen. Wie die Kuvertüre für die Schokocreme mit 80-prozentigem Kakao.“ Neben den Zutaten legt Katalin viel Wert auf ihre Fonds, die sie alle selbst ansetzt. Diese sollen zu den Weinen passen, die sie ausschenkt: „Ich koche für Weine“, lacht sie. Das funktioniert. Am Ende passt alles perfekt zusammen und die Gäste lassen den Abend noch lange ausklingen. Eigentlich schließt das Angyalosy lakásétterem um 23 Uhr – „aber ich halte mich nicht fest an diese Uhrzeit“ schmunzelt Katalin. Sowas kann man eben – als Gastgeberin.
2040 Budaörs
Öffnungszeiten nach Absprache
Termine für offene Abende auf www.angyalosylakasetterem.hu
Kontakt: +36 30 864 2774
Preise
5-Gänge Menü am offenen Abend:…………………………………………15.000 Forint
Individuelle Angebote für 3-5 Gänge-Menüs für geschlossene Abende auf Anfrage