Eine sportliche Überraschung erleben Passagiere der Buslinien 15 und 115, wenn sie dieser Tage an der Haltestelle Széchenyi utca im innerstädtischen V. Bezirk aussteigen: Statt eines langweiligen Wartehäuschens mit ungemütlicher Sitzbank erwartet Teilnehmer des öffentlichen Nahverkehrs und Passanten hier eine farbenfrohe Freiluft-Sportanlage. Zu verdanken ist die witzige Konstruktion dem Unternehmen Coca-Cola, welches mit dem gekonnten Werbegag auf sein soziales Engagement im Bereich Sport aufmerksam machen möchte.
Im kräftigen Coca-Cola-Rot erstrahlt die hauptsächlich aus Plastikteilen gefertigte Sportanlage. Viele der auf den Bus wartenden Passagiere beäugen die beiden Hometrainer sowie die vier aus gewöhnlichen Stühlen und aus dem Boden ragenden Pedalen bestehenden Sportgeräte eher misstrauisch. Nicht jeder traut sich sofort die Geräte auszuprobieren. Zwei asiatische Touristen machen es vor und zeigen sichtlich Spaß an der Sache. „Die Pedale lassen sich zu einfach treten, um wirklich einen Trainingseffekt zu erzielen. Aber warum nicht? Es ist besser als nur herumzustehen und zu warten“, beurteilt eine der beiden ihre gerade gemachte sportliche Erfahrung. Ein dazugekommener Student wiederum nutzt den Sitz des Sportgeräts, um sich gemütlich in sein Buch zu vertiefen.
Bereits seit Jahrzehnten steht der Getränkekonzern Coca-Cola im Verdacht, an der zunehmenden Zahl ernährungsbedingter gesundheitlicher Schäden in den Entwicklungsländern eine Mitverantwortung zu tragen. Trotzdem oder gerade deshalb setzt sich der Hersteller süßer Brausen besonders im Bereich Sport aktiv ein. Auf nationaler und internationaler Ebene bietet sich der Konzern vor allem als Sponsor athletischer Großereignisse, wie beispielsweise die Fußball-Weltmeisterschaft, an. In vielen Ländern veranstaltet Coca-Cola jedoch auch eigenen Programmreihen.
In Ungarn engagiert sich Coca-Cola seit 2005 mit seinem „Wake your body“-Programm (ungarisch Testébresztő) für einen aktiveren Lebensstil. Über 500 Sportveranstaltungen in 50 Sportarten hat der Konzern bisher im Rahmen des Programms auf die Beine gestellt. Ganze drei Millionen Menschen haben, laut Angaben auf der Unternehmenswebsite, bereits daran teilgenommen. Meist handelt es sich bei den Aktionen um thematische Laufwettbewerbe, Fahrradrennen oder gemeinsames Gruppenfitness. Auch die neu installierte Sportanlage an der Széchenyi utca steht ganz im Zeichen des „Wake your body“-Programms. Motivierende Plakate mit Slogans wie „Wenn du auf den Bus wartest, tritt ein paar Minuten in die Pedale!“ oder „Du kannst es schaffen!“ ermuntern dazu, noch heute mit einem neuen, aktiveren Lebensstil zu beginnen.
Was die Plakate verschweigen: Auf den Genuss des bekanntesten Produkts des Getränkekonzerns, die namensgebende Coca-Cola, sollte man dann lieber verzichten. 100 Mililiter des kohlensäurehaltigen Zuckergetränks schlagen mit ganzen 42 Kalorien zu Buche: Um diese wieder zu verbrauchen, müsste man mindestens sechs Minuten an der Bushaltestelle in die Pedale treten. Es bleibt zu hoffen, dass man darüber nicht den nächsten Bus verpasst.
Katrin Holtz