Die Budapest Airport Zrt. wird in den kommenden Jahren jährlich mehr als 15 Mio. Euro in die Weiterentwicklung des Flughafens investieren. So wird unter anderem am Terminal 2 ein neuer Pier entstehen, erklärte Jost Lammers, Vorstandsdirektor der Budapest Airport Zrt. vergangene Woche Donnerstag in einem Interview mit der Nachrichtenagentur MTI.
Die Weiterentwicklungen seien durch das beständige Wachstum des Reiseverkehrs begründet. 2014 hätte man bereits über 9 Mio. Passagiere abgefertigt, was selbst verglichen mit der Malév-Ära ein historischer Rekord sei. Dieses Jahr habe das Reiseaufkommen bereits um 12 Prozent zugenommen, so Lammers. Zum Jahresende könnte damit erstmals die Grenze von zehn Millionen Reisenden überschritten werden. Das aktuelle Wachstum im zweistelligen Bereich liege deutlich über dem anderer Flughäfen der Region: im ersten Halbjahr 2015 erreichte Budapest ein Plus von 12,3 Prozent, der EU-Durchschnitt lag bei 4,9 Prozent. Zwar werde es laut Lammers nicht einfach, dieses Tempo aufrecht zu erhalten, doch für 2018 rechne man bereits mit 12 Mio. Passagieren.
Investition in neuen Pier unumgänglich
Zur Abfertigung so vieler Reisender müsse man die Kapazität des Terminals 2 unbedingt erweitern, nicht zuletzt auch wegen immer mehr Langstreckenflügen. Die dringendste Investition sei der Bau eines neuen Piers, an den im Anschluss an das Terminalgebäude gleichzeitig mehrere Maschinen sowohl mit schmalem wie mit breitem Rumpf andocken können, erklärte der Deutsche. Entsprechende Pläne seien bereits vorhanden, 2016 werde ein entsprechender Tender ausgeschrieben, bereits 2018 könnte die Anlage übergeben werden. Daneben werden die Fluggastkontrollpunkte und Parkplätze erweitert und weiterentwickelt, fügte Lammers hinzu.
Er sehe große Möglichkeiten im Bau von Logistik-, Lager- und Bürogebäuden, die den Interessen von Logistikunternehmen dienen. Er betonte, dass auch frühere Pläne für die Errichtung einer neuen Cargo-Basis nicht verworfen seien. „Für deren Verwirklichung sind aber noch Zeit und ein weiteres Wachstum nötig“, so Lammers. Die Übergabe des „Cargo City“ genannten Projektes werde daher nicht vor 2018-2019 erfolgen.
Größer als London-Heathrow
Lammer hob auch die Entwicklungsmöglichkeiten von verwandten Tätigkeiten, so etwa der Flugzeug-Instandhaltung hervor: „Die momentan am Flughafen tätigen Unternehmen Aeroplex of Central Europe und Lufthansa Technik Budapest, die Boeing- und Airbus-Maschinen warten, beschäftigen insgesamt etwa 800 hochqualifizierte Arbeitnehmer. Sie verfügen über ein bedeutendes Markt- und Entwicklungspotenzial – der Zweig könnte ähnlich der Automotive-Branche zu einem Zugpferd für das Land werden.“ Auch die Gegebenheiten des Flughafens seien hervorragend. Die Verkehrsanbindung sei sehr gut, seine Grundfläche sei größer als die von London-Heathrow, einem der verkehrsreichsten Flughäfen der Welt, erklärte Lammers.
Bezüglich des Passagierverkehrs sagte er: „Auf dem Ferihegy hat sich ein ausgeglichenes Verhältnis von Diskont- zu traditionellen Fluglinien entwickelt. So können die verschiedenen Reiseansprüche bedient werden.“ Es sei auch nicht zu vernachlässigen, dass 99 Prozent der in Budapest ankommenden Fluggäste tatsächlich nach Ungarn reisen, und nicht nur hier umsteigen. Diese Reisenden geben bedeutende Summen in Budapest aus und tragen zum Wirtschaftswachstum bei, während die Transitreisenden nur kurze Zeit am Flughafen verbringen und außer der Transitzone keine Dienstleistungen nutzen. Es sei allerding ein Nachteil, dass man ohne sie schwerlich Gesellschaften, die Langstreckenflüge betreiben, für sich gewinnen kann, zumal Budapest aktuell über keinen regionalen „Carrier“ verfüge.
Volle Konzentration auf Terminal 2
Bezüglich des Terminals 1 erklärte Lammers, dass das Gebäude nicht für eine effiziente Passagierabfertigung geeignet und der parallele Betrieb von zwei, sechs Kilometer voneinander entfernten Terminals nicht wirtschaftlich sei. „Das Gebäude ist ein wunderschönes architektonisches Erbe, das man bewahren muss. Allerdings darf man wegen dem Denkmalschutz an der inneren Gestaltung nichts ändern, was jedoch für die Errichtung größerer Fluggastkontrollpunkte unerlässlich wäre.“ Momentan nutze man den Komplex als Veranstaltungszentrum für Konferenzen, Autoshows und Konzerte. Es wurden hier aber auch schon Filme gedreht.
Der Manager bekräftigte, dass künftige Investitionen in den Reiseverkehr auf den Terminal 2 konzentriert werden, wo genügend Freiflächen verfügbar seien. Das vermutlich in naher Zukunft zu realisierende wichtigste Projekt sei ein Flughafenhotel mit Konferenzräumen, an dem sowohl Passagiere als auch Fluggesellschaften Interesse zeigen.
Obwohl laut der Internationalen Luftverkehrs-Vereinigung der Cargo-Verkehr stagniere, mache man in Budapest vorerst andere Erfahrungen. Das Wachstum an Langstreckenflügen habe auch eine positive Wirkung auf den Cargo-Bereich, da die hierfür genutzten Passagiermaschinen pro Flug etwa 12 bis 15 Tonnen Fracht transportieren können. So seien selbst Experten des Flughafens überrascht, welch einen hohen Bedarf ungarische Exporteure und Produzenten am Frachttransport in Richtung China signalisierten.
Mehr Verbindungen in die USA
Laut Lammers bestehe bei Langstreckenflügen die größte Wahrscheinlichkeit für neue Verbindungen nach Nordamerika, aktuell arbeite man an der Aufnahme einer Verbindung zwischen Budapest und New York oder Chicago. Nach Südamerika sei der Verkehr moderat, Richtung Fernost sei der Markt sehr dicht, da die Premium-Fluglinien aus der Golf-Region Flüge zu sämtlichen wichtigen Destinationen ab Ungarn anbieten. „Nach Osten gibt es attraktive Umsteigemöglichkeiten über Dubai, Istanbul und Doha. Wir können nicht mit vielen neuen Direktflügen rechnen, aber für viele Reisende nach Asien und in die Pazifik-Region zählen nicht die Direktverbindungen, sondern die Qualität der Umsteigemöglichkeiten“, so Lammers.
Die Budapest Airport Zrt. werde fortfahren mit dem internationalen Marketing zum Gewinnen neuer Fluggesellschaften und neuer Destinationen, was auch zur Weiterentwicklung des Flughafens führe. Das Überzeugen der Fluggesellschaften sei oft ein, zwei bei drei Jahre währender Prozess, auch aktuell gebe es parallel mehrere Verhandlungen.
Budapest habe als Reiseziel in den vergangenen sieben Jahren einen großen Wandel durchgemacht und ist für verschiedene Arten von Touristen zu „einer der spannendsten Städte Europas“ geworden. Lammers ist überzeugt, dass durch gut abgestimmtes und intensiviertes Marketing die Möglichkeit zur Eröffnung weiterer Märkte für Ungarn bestehe: „Budapest ist zu einer trendy Stadt geworden, die verschiedene Gäste aus unterschiedlichen Nationen gerne besuchen. Zur Aufrechterhaltung des Interesses müsste man aber noch mehr Geld in eine bessere internationale Vermarktung von Budapest investieren.“