Offen für Touristen, geschlossen für Migranten – diese Botschaft möchte die Orbán-Regierung ins Ausland tragen. Der Fremdenverkehr boomt, als könnte die Flüchtlingskrise dem Image Ungarns als Urlaubsland nichts anhaben.
Seit dieser Woche ist die Grenze zu Serbien geschlossen – neben der Polizei sind nun auch Einheiten der Armee ausgerückt, um die Sicherheit der ungarischen Bürger zu gewährleisten. Und die der Millionen Touristen, die das Land im Herzen Europas auch dieses Jahr wieder bereisen. Schon stellen wir uns die Bilder in den meinungsbildenden westlichen Medien vor, sobald ein Gerangel zwischen Soldaten und Flüchtlingen einsetzt. Die einseitige Darstellung eines Orbán´schen Polizeistaates ist in Auftrag gegeben. So wie jenes Foto vom Flüchtling, der seine Familie noch auf den Schienen vor aggressiven Ordnungshütern zu schützen versuchte. Diese Aufnahme ist willkürlich herausgetrennt aus einer Fotoserie, die zeigt, wie der Mann selbst Frau und Kind auf die Schienen stößt, woraufhin die verdutzten Polizisten die Familie von dem offenbar durchgedrehten Vater zu trennen versuchen. Egal wie, dem Image Ungarns tun solche Bilder nicht gut. Und auch nicht die für Premier Orbán so typische Art, Probleme als nüchterner Jurist zu lösen. Beinahe als zeigte diese Regierung gar keine menschlichen Regungen und Feingefühl.
Ein gefundenes Fressen also für all die Medien, die Ungarn en bloc verurteilen – dem Tourismus jedenfalls konnte die einseitige Berichterstattung in den westlichen Leitmedien bisher jedenfalls noch nichts anhaben. Im vergangenen Jahr verzeichnete die Branche ein fantastisches Rekordjahr, und 2015 sieht es zur Jahresmitte bzw. mit den ersten eintrudelnden Fakten der soeben zu Ende gegangenen Hochsaison ganz nach einem weiteren Rekord aus.
Staatssekretär: Migration berührt Tourismus nicht
Im Staatsfernsehen M1 fand der Unterstaatssekretär des Wirtschaftsministeriums, Ádám Ruszinkó, folgende Worte: „Die Migration berührt den heimischen Tourismus nicht, es ist keine dramatische Lage entstanden. Die ungarischen Behörden arbeiten professionell und human, die Hilfsorganisationen leisten Übermenschliches, um den Migranten zu helfen. Die touristischen Sehenswürdigkeiten, Reiserouten, Unterkünfte und Restaurants betrifft das alles aber nicht, weil dort keine Migranten erscheinen. Die Branche kann ihre Erfolgsgeschichte fortsetzen.“
Und so sieht das in Zahlen aus: Zwischen Januar und Juli wurden nahezu 14,5 Millionen Übernachtungen an gewerblichen Unterkunftsstätten registriert, die Zahl der ausländischen und der einheimischen Touristen hielt sich mit jeweils rund 7,2 Millionen ungefähr die Waage – alle drei Zahlen liegen knapp sieben Prozent über den vergleichbaren Vorjahreswerten. Die Zimmerauslastung in den Hotels stieg im bisherigen Jahresverlauf um drei Prozentpunkte auf 52 Prozent, im Juli sogar um fünf Prozent auf 67 Prozent. Dabei setzte die Branche Preiserhöhungen von durchschnittlich elf Prozent durch, so dass die Gesamterlöse bereits im Juli bei über 200 Milliarden Forint angelangt waren.
Ungarn möchte im Zyklus 2014-2020 mindestens 240 Milliarden Forint (800 Millionen Euro) an EU-Fördermitteln direkt dem Tourismus zugutekommen lassen. Überall im Lande werden neue Radwege angelegt, Weinstraßen attraktiv gemacht, Aussichtstürme restauriert, die Markierungen von Wanderwegen in den Naherholungsgebieten ebenso wie auf der blau markierten Wegstrecke (Kéktúra) quer durch Ungarn aufgefrischt, Naturlehrpfade und Rastplätze eingerichtet. Nach einer Welle von Investitionen in Thermalbäder im Rahmen des ersten Széchenyi-Plans können sich heute kleinere Hotels und Pensionen um Fördergelder für Anbauten oder Wellnessbereiche bewerben. Es gibt mittlerweile Dutzende Abenteuerparks und Sommerbobbahnen im Lande, ganz zu schweigen von den „typisch ungarischen“ Tourismusattraktionen vom Plattensee über die Csárda bis zum Höhlenbad, die mit stolzen Beträgen schick herausgeputzt wurden. Ob Segeln, Reiten, Angeln, Jagd oder Golf, ob Entdeckungen von Burgen, Schlössern oder Parks – Ungarn bietet an mehr und mehr Orten europäische Spitzenstandards.
Das vergangene Jahr brachte Bruttoerlöse im Fremdenverkehr von 330 Milliarden Forint, rund 24,2 Millionen Übernachtungen und eine durchschnittliche Zimmerauslastung von 52 Prozent – all das waren Rekordwerte. Dazu trug der fortgesetzte Boom bei Wellness-Hotels ebenso bei, wie 4.000 zusätzliche Betten in preiswerten Hostels und landesweit zwanzig neue Viersternehotels. Das Rückgrat des Fremdenverkehrs bilden natürlich die Hotels (mit rund zwei Dritteln der Bettenkapazitäten), die beinahe 90 Prozent aller Einnahmen der Branche generieren. Jeder sechste ausländische Tourist kommt aus Deutschland, die Gäste aus Österreich auf Platz 2 sind zahlenmäßig gegenüber jenen vom amerikanischen Kontinent ins Hintertreffen geraten. In der Länderwertung lagen die Russen im Vorjahr noch vor den Briten, was in diesem Jahr mit großer Sicherheit nicht mehr der Fall sein wird. Hinter Italienern, Tschechen und Polen folgen dafür bereits die US-Amerikaner, die noch Rumänen und Slowaken hinter sich gelassen haben.
Ungarn gilt als das Land der tausend Thermalquellen, weshalb der Bädertourismus eine der Säulen des Tourismusgewerbes bedeutet. Die ersten Hochschätzungen des Besucherverkehrs in den rund 200 Heil-und Erlebnisbädern des Landes gehen von durchschnittlich 10-15 Prozent mehr Gästen aus, wobei an einzelnen Orten sogar ein Plus von 30 Prozent erzielt werden konnte. Der Bäderverband spricht von der stärksten Saison des vergangenen Jahrzehnts – im Vergleich zu 2014 spielte diesmal auch das Wetter mit, denn im Hochsommer wurde gleich fünfmal Hitzealarm ausgerufen. Bäder in Grenznähe verzeichneten 25-50 Prozent mehr Besucher aus den Nachbarländern sowie aus Tschechien und Polen.
Budapest Airport und Wizz Air wachsen dynamisch
Immer mehr ausländische Touristen nehmen das Flugzeug. Der Betreiber des internationalen Flughafens „Franz Liszt“, die Budapest Airport Zrt., vermeldete im Juli zum ersten Mal in der Flughafengeschichte eine Million Passagiere – in einem einzigen Monat! Das glückliche ungarische Ehepaar wurde von BA-Chef Jost Lammers persönlich beglückwünscht und mit Geschenken im Gesamtwert von 1 Million Forint überrascht, zuzüglich Gratis-Flugtickets der Qatar Airways, mit welcher Gesellschaft die Jubilare gerade in ihre Heimat zurückgekehrt waren. Im ersten Halbjahr legten die Passagierzahlen am Liszt-Flughafen um zwölf Prozent zu. Damit suchten zwischen Januar und Juni allein über den Airport nahezu eine halbe Million mehr Touristen die ungarische Hauptstadt und das Land auf, als in der ersten Jahreshälfte 2014.
Im vergangenen Jahr hatte die BA zum ersten Mal neun Millionen Passagiere im Gesamtjahr gefeiert. Nicht zuletzt dank der Diskontfluggesellschaft Wizz Air zeigt Budapest die größte Dynamik in Mittelosteuropa. Diese absolvierte ihren Börsengang zwar jüngst in London und nicht in Budapest oder Warschau, doch geht sie mit ihrem ungarischen Generaldirektor an die Umsetzung ihrer ehrgeizigen Expansionspläne, die schon mittelfristig verdoppelte Kapazitäten und den Einsatz von mehr als 100 modernen Maschinen von Airbus vorsehen, um immer mehr Destinationen – auch von Budapest aus – anzufliegen.
Im Moment sieht es ganz so aus, dass die ausländischen Touristen von einem zunehmend schwächeren Forint profitieren wollen. Da beeindrucken sie abschreckende Bilder von Flüchtlingen weniger. Und letztlich könnte sich die Orbán-Strategie, Ungarn nicht in ein einziges großes Flüchtlingslager zu verwandeln, durchaus auszahlen. Die Attraktivität von Ungarn, aber auch der anderen, sich der Multikulti-Idee verweigernden osteuropäischen Länder könnte insbesondere für West-EU-Touristen, die Lust auf das ursprüngliche Europa haben, in Zukunft sogar generell deutlich zunehmen.
Kein Wunder. Alles die Zonis, die Saufurlaub am Plattensee machen. Na dann viel Vergnügen…
@Mathilde was sind Zonis? Kann mit dem Begriff nichts anfangen.
Saufurlauber sind Russen, Engländer und Schweden. Aber nicht
alle. Ach, noch eine Nation vergessen. Deutsche.
Als „Zonis“ wurden früher die DDR-Bewohner von geistig etwas minderbemittelten Berlinern bezeichnet.
Billigen Saufurlaub am Plattensee kenne ich nur von Westdeutschen, die sich Italien, Spanien und selbst Jugoslawien nicht leisten konnten.
Mathilde, es gibt schlimmere. Die saufenden Zonis zahlen ihren Rechnungen und werden ausgenüchtert wieder zu normalen, freundlichen Mitteleuropäern. Auf andere Gäste und „Freunde“ würde Ungarn lieber verzichten.
Habe den Beitrag mit Interesse gelesen, und freue mich über die Positive Entwicklung im Bereich Tourismus.
Ich bereise das Land seit mehr als 20 Jahren und kann diesen Trend nur bestätigenbestätigen.
Ich denke das die aktuellen Entscheidungen zu den Asylanten und der daraus resultierenden kontrollierten Einreise an den ungarischen Grenze der richtige Weg ist den Ministerpräsident Orbán mit seiner Regierung beschlossen hat.
Die Zeit wird am Ende zeigen welcher der richtige Weg war ob der von Ungarn oder der von Deutschland und Co.
Ich sage weiter so Ungarn aber vergesst auch bitte nicht eure Identität und bewahrt euch das Landestypische.
Ich hoffe, dass der Touristmus in Ungarn weiter boomt. Die Einnahmen wird das Land dringend benötigen, denn ich befürchte, dass der Abgasskandal von Volkswagen auch den Automobilstandort Ungarn hart treffen könnte, wenn die Nachfrage nach VW-Produkten infolge des Imageschadens zurückgeht.
http://www.zeit.de/wirtschaft/2015-09/vw-abgase-manipulation-faq/komplettansicht
Der große Vorteil von Ungarn ist eben der niedrige Preis. Das zählt für den Plebs und nicht irgendwelche schwarzen Horden die Ausländer und Zigeuner prügeln. Zum Schulterklopfen von wegen ‚s is schon alles in Ordnung besteht aber kein Anlass.