Die Nachfrage nach gesundem Bio-Gemüse steigt – auch in Ungarn. Wer nicht gerade auf dem Land lebt und von seinem eigens angebauten Gemüse leben kann, hat angesichts der geringen Auswahl im Supermarkt kaum Möglichkeiten den nachhaltigen Lebensstil zu genießen und gleichzeitig die lokale Landwirtschaft zu fördern. In Budapest gibt es jedoch seit einigen Monaten eine Alternative: Cargonomia. Mit dem Fahrrad werden Bio-Gemüse, Eier und Brot im Budapester Zentrum verteilt.

Mit dem Cargobike durch Budapest – nicht nur die Lieferanten von Cargonomia nutzen die praktischen Räder.
Im Jahr 2015 sind die Stempel ‚Bio‘ oder ‚Fair Trade‘ für viele nichts weiter als ein Label, welche die Lebensmittel in gewisser Weise modischer wirken lassen. Doch für einen Teil derer, die Bio- oder Fair-Trade-Produkte bevorzugen, steckt hinter diesem Stempel mehr, als nur eine Bezeichnung. So auch bei den Gründern und Koordinatoren des Projekts Cargonomia. Das Projekt fördert seit Mai 2015 gezielt die lokale Landwirtschaft und versorgt gleichzeitig die Kunden im Budapester Zentrum mit gesunden Nahrungsmitteln. Cargonomia möchten damit die Grundlage für eine Alternative nicht profitorientierter Systeme schaffen. Im Angebot sind frisches Bio-Gemüse, Eier und Brot – die Nachfrage nach den nachhaltigen Lebensmitteln steigt. Doch die Koordinatoren selbst hätten das Projekt nicht ohne ihre Partner gestemmt. Ziel der Projektinitiatoren war es, die Verbindungen zwischen sozialen sowie nachhaltigen Unternehmen aus Budapest zu schaffen und Kontakte zwischen diesen Unternehmen herzustellen: „Es sollte ein Netzwerk aus sozialen und umweltbewussten Unternehmen in Budapest entstehen“, so Vincent Liegey, Koordinator von Cargonomia.
Die Aufgaben für eine reibungslose, umweltfreundliche Lieferung sind mittlerweile verteilt. „Auf dem Zsamboki Biokert Gemüsehof wächst das frische und ökologische Gemüse, das von dem Kurier- und Lieferunternehmen Kantaa wöchentlich in die Budapester Wohnungen geliefert wird“, sagt Liegey. Einmal pro Woche werden die Kisten mit den Lebensmitteln gepackt und sogar mit dem Fahrrad zu ihren neuen Besitzern gebracht. „Das frische Brot wird von der Bäckerei Pipacs Pékség in Budapest gebacken“, so der Koordinator. Die Fahrräder, auf denen die Lieferanten die Gemüseboxen durch die Stadt fahren, sind sogenannten Cargobikes. Beim dritten Partner des Cargonomia Projekts, der do-it-yourself-Fahrradwerkstadt Cyclonomia, werden die Spezialfahrräder in Eigenarbeit hergestellt. Die Kette vom biologischen Anbau der Lebensmittel, bis zur Lieferung an die Haustür ist demnach lückenlos umweltfreundlich und die involvierten Unternehmen stammen alle aus der Budapester Umgebung. Die Kunden von Cargonomia können sich nicht nur mit Lebensmitteln beliefern lassen. Das Projekt bietet auch die Möglichkeit, die in Budapest gebauten Lastenfährräder auszuleihen und zu kaufen.
Mittlerweile hat sich durch Cargonomia eine Gemeinschaft entwickelt, für die Nachhaltigkeit nicht nur auf dem Teller eine Rolle spielt. Neben der Lieferung von Gemüse-Boxen möchte das Projekt die Gemeinschaft durch unterschiedliche Aktivitäten zu einem gesellschaftlichen und nachhaltigen Zusammenleben inspirieren. Im Programm finden sich deshalb beispielsweise auch Diskussionsrunden, Selbstversorger-Workshops und vieles mehr.
„Je höher die Nachfrage an Bio-Produkten ist, desto günstiger werden sie.“
Das durch die Kooperationen und Partnerschaften entstandene Netzwerk soll in vielerlei Hinsicht der „Budapester-Bevölkerung zugutekommen“, so Liegey. Zum einen wird die Verbindung zwischen den Herstellern und Verbrauchern geknüpft; die Kunden wissen also immer, woher ihre Lebensmittel stammen. Zum anderen wird durch die Zusammenarbeit mit den lokalen Herstellern ein fairer Handel der Produkte gewährleistet. Doch der nachhaltige Lebensstil hat auch einen Haken: Gesunde und fair gehandelte Bio-Produkte bleiben für viele oftmals ein Luxusgut. Der faire Handel mit Bio-Gemüse und Co. ist für die meisten Familien in Budapest kaum erschwinglich. An eine echte Option, die eine nachhaltige und bezahlbare Ernährung bietet, glauben nur wenige. Doch auch bei den Bio-Produkten der lokalen Landwirtschaft gilt: Je höher die Nachfrage, desto günstiger werden die Produkte. Auch Liegey ist davon überzeugt, dass der Trend zum gesunden nachhaltigen Lebensstil die Preise für Bio-Produkte sinken lässt. Und schon jetzt sind die Boxen von Cargonomia sehr preiswert. Ein Beispiel: Die große Gemüse-Box, bestehend aus einem Kilogramm Äpfel, Möhren, Tomaten, Sellerie und Kartoffeln, einem halben Kilogramm Bohnen, rote Beete und roten Zwiebeln, einem Bund Lauchzwiebeln und 800 Gramm Mangold kostet gerade einmal 4.200 Forint.
Der Ernährungswandel Europas

Koordinator von Cargonomia Vincent Liegey: „Wir legen außerderm großen Wert darauf, dass die Produkte qualitativ sehr hochwertig sind.“
Zu verdanken haben wir Tiefpreise im Bio-Sektor dem Bedürfnis der Verbraucher ihre Lebensmittel ohne chemische Zusätze und Pestizide zu genießen. Eine gesunde Ernährung mit Bio-Produkten ist für viele Europäer fester Bestandteil der alltäglichen Ernährung geworden. Der westliche Trend Richtung McDonald’s, Pizza Hut und Co. nimmt ab. In den vergangenen Jahren hat die Nachfrage zu Bio-Produkten stetig zugenommen. Die Folge: Um den Bedarf zu decken, stellten viele europäische Landwirte auf den Bio-Anbau um. Der Aufwind sorgte für eine weltweit steigende Konjunktur, die einen ökologischen Lebensstil möglich und bezahlbar macht. An der Spitze des internationalen Bio-Handels standen laut Aussagen des Nachrichtenportals bio-markt.info in den letzten Jahren die USA und Europa. Innerhalb Europas zeigt sich demnach folgende Marktentwicklung: Stärkste Kraft auf dem Bio-Absatzmarkt ist Deutschland, mit einem Wachstum von 7,2 Prozent im Jahr 2013. Es folgen die Niederlande mit einer Umsatzsteigerung von 6-8 Prozent. Ungarn tauchte bislang noch nicht bei den führenden Nationen der Bio-Marktanalyse auf. Ähnlich sieht es bei Ökolandbau aus: Innerhalb Europas liegt Ungarn, laut dem statistischen Amt der Europäischen Union, mit 2,4 Prozent unter dem Durchschnitt von 4,5 Prozent für ökologisch genutzte Landwirtschaftsfläche.
In den kommenden Jahren bleibt also abzuwarten, ob der Bio-Anbau in der europäischen Landwirtschaft zunimmt oder ob tatsächlich nur eine Trendwende den Bio-Lifestyle der letzten Jahre und Projekte wie Cargonomia begünstigt hat.
Weitere Infos zum Projekt Cargonomia:
Ein Video zum Cargonomia-Projekt finden Sie auf www.youtube.com unter dem Suchwort Cargonomia.
Die Bestellungen der Gemüsekisten werden direkt auf der Homepage von Cargonomia entgegengenommen: www.cargonomia.hu