Ab dem 11. September dreht sich in Miskolc wieder alles rund um das Thema Film. Die Kleinstadt im Nordosten Ungarns ist nun bereits zum 12. Mal Austragungsort des Jameson CineFest, das als bedeutenstes Filmfestival in Ungarn gilt. Wer jetzt schon wissen will, welche Filme demnächst die Kinocharts erobern werden, kann im diesjährigen Festivalprogramm einen Vorgeschmack auf die kommende Leinwandsaison erhalten. Ehrengast des Festivals ist in diesem Jahr die italienische Filmdiva Claudia Cardinale.
Unter Ungarns Cineasten steigt bereits die Vorfreude. Nur noch eine Woche trennt Filmliebhaber, die zwischen dem 11. Und 20. September nach Miskolc strömen werden, von der Eröffnung des beliebten Jameson CineFest Filmfestivals. Das diesjährige Programm, das bereits Anfang August bekannt gegeben wurde, verspricht Besucher in den Genuss bildgewaltiger und berührender Filmwerke zu bringen. Aber auch zahlreiche weitere Programmpunkte wie die CineClassics, filmbezogene Workshops, Konzerte und Plakatausstellungen machen das diesjährige Jameson CineFest erneut zu einem lohnenden Event für Filmschaffende, Journalisten und Laien.
Eine echte Filmdiva in Miskolc
Bereits der Eröffnungsabend im Miskolcer Haus der Kunst sorgt für eine kleine Sensation, denn in diesem Jahr wartet das wohletablierte Festival mit einer wahrhaftigen Filmlegende auf: Filmdiva Claudia Cardinale beehrt Miskolc durch ihre Anwesenheit. Eine Wertschätzung, von der die Stadt und das Festival vor einem Jahr sicherlich noch nicht zu träumen gewagt hätten. Die italienische Schauspielerin galt in den 60er Jahren nicht nur als Inbegriff der mediterranen Schönheit, sondern zählte zu den begehrtesten Frauen der Filmwelt: Neben Schauspiellegenden wie Jean-Paul Belmondo oder Klaus Kinski stand sie vor der Kamera. Regisseure wie Federico Fellini, Luchino Visconti, Werner Herzog oder Blake Edwards rissen sich um die in Tunis geborene italienische Aktrice. Doch insbesondere durch ihre Rolle als junge Witwe Jill McBain in Sergio Leones Meisterwerk „Spiel mir das Lied vom Tod“ (1968) erspielte sich „La Cardinale“ einen Platz im Olymp der Filmgeschichte.
Ihr zu Ehren eröffnet das Jameson CineFest in diesem Jahr sein Programm mit eben jenem Filmklassiker. Nach der Vorführung empfängt die Filmdiva persönlich auf der Bühne den Preis des Jameson CineFest für ihr Lebenswerk. Für die Filmdiva eine weitere in einer langen Reihe von Auszeichnungen, denn obwohl Cardinale niemals mit dem Oscar ausgezeichnet wurde, erhielt sie in ihrer bald 60-jährigen Karriere zahlreiche Auszeichenungen für Filmrollen, ihr soziales Engagement sowie ihr Lebenswerk: Darunter den Goldenen Löwen des Filmfestivals Venedig und den Goldenen Ehrenbären der Berlinale.
Ungarns gewichtigstes Filmfestival
Dass eine Schauspiellegende und Berühmtheit wie Cardinale der Offerte nachkommt, persönlich in Ungarn einen Preis entgegenzunehmen, spricht für das gestiegene internationale Renommee des Jameson CineFest. Denn auch wenn das Miskolcer Filmfestival erst 2003 das Licht der Welt erblickte, wird ihm bereits seit Jahren von vielen Seiten attestiert, dass es zum bedeutensten Ereignis der ungarischen Filmbranche aufgestiegen sei. Und so ist das Jameson CineFest, auch wenn es eher zur Riege der mittelgroßen Festivals in Europa gehört, für das kleine Ungarn, in dem internationale Filmproduktionen eine rentable Einnahmequelle darstellen, von enormer Bedeutung.
Auf diesen Lorbeeren ruhen sich die Veranstalter rund um Festivaldirektor Tibor Bíró jedoch nicht aus. Von Jahr zu Jahr gibt das Filmfestival, für dessen Programmauswahl Filmkritiker Géza Csákvári verantwortlich zeichnet, alles, um den Zuschauern ein noch vielfältigers und hochwertigeres Programm zu bieten. Dabei sind vor allem Erstlings- oder Zweitwerke junger Regisseure fester Bestandteil des Festivalprogrammes. Junge Filmschaffende unter 35 zu fördern, ist eines der erklärten Ziele des Miskolcer Fimfestivals.
Filme im Wettbewerb
Im offiziellen Wettbewerb um die Preise der Jurys stehen in diesem Jahr 19 Spielfilme, sieben Dokumentarfilme, 33 Kurz- und Experimentalfilme sowie 15 Animationsfilme. Darunter viele, die bereits auf einem der namhaften A-Kategoriefestivals wie der Berlinale (The diary of a teenage girl, Aferim! Und Victoria), Cannes (The Lobster, Les deux amis), in Karlovy Vary (Sangaïlé) oder auf dem renommierten US-amerikanischen Sundance Festival (Me and Earl and the dying girl, James White) Premiere gefeiert haben.
Einer der diesjährigen Favoriten im Wettbewerb um den Hauptpreis des CineFest ist die europäische Filmkooperation „The Lobster“, die von vielen Filmkritikern als der witzigste Film des Cannes-Filmfestivals bezeichnet wurde. Der Film spielt in einer nicht allzu fernen dystopischen Zukunft, in der Alleinstehende per Gesetz gezwungen sind, sich in einer Einrichtung, genannt The Hotel, zusammenzufinden und einen Partner zu wählen. Wer sich dem widersetzt wird in ein Tier verwandelt und in die Wälder verbannt. Eine Geschichte, die so absurd wie tiefgründig ist und dank der schauspielerischen Leistungen von Colin Farrell, Rachel Weisz und Léa Seydoux noch an Tiefe gewinnt.
Ebenfalls mit Spannung erwartet wird der US-Amerikanische Coming-of-Age- Film „James White“: Der Film von Regisseur Josh Mond erzählt die Geschichte eines jungen New Yorkers, der angesichts des Todes seines Vaters und der Krebserkrankung seiner Mutter lernen muss, was es heißt Erwachsen zu werden und Kontrolle über sein eigenes Leben zu ergreifen. Den Protagonisten mimt Christopher Abbott, der vielen aus der Fernsehserie „Girls“ bekannt ist. Für Ungarn dürfte dieser Film unter anderem deshalb spannend sein, da Mátyás Erdély für die Kameraführung verantwortlich zeichnete. Der Ungar hatte zuvor an der Bildgestaltung von László Nemes‘ prämierten Holocaustdrama „Son of Saul“ mitgewirkt.
Im Wettbewerbsprogramm finden sich in diesem Jahr sogar drei Spielfilme aus dem deutschsprachigen Raum. Die beiden österreichischen Filme „Superwelt“ und „Ich seh, ich seh“ sowie die von Filmkritikern hoch gelobte deutsche Produktion „Victoria“. Das besondere an diesem Film: Er wurde in nur einer 140 Minuten andauernden Einstellung (also ohne Schnitte) gedreht. Das Werk von Regisseur Sebastian Schipper begleitet fünf Jugendliche in Echtzeit durch das nächtliche Berlin und auf einen Bankraub, der so nicht geplant war.
Rahmenprogramm
Neben den Wettbewerbsfilmen bietet das Miskolcer Filmfestival ein reichhaltiges Rahmenprogramm mit zahlreichen Höhepunkten. Dazu gehören unter anderem die CineClassics. Jedes Jahr wird im Rahmen dieser Veranstaltungsreihe, die bereits seit sechs Jahren ihren festen Platz im Programmheft des Jameson CineFest hat, ein Schwerpunktthema aus der Welt der Filmklassiker beleuchtet. In diesem Jahr dreht sich, passend zum Eröffnungsfilm „Spiel mir das Lied vom Tod“, alles um die Frage: „Hat das Genre Western ausgedient?“ Neben einer Diskussionsrunde werde daher Westernklassiker wie Sergio Leones „Zwei glorreiche Halunken“ oder John Fords US-amerikanischer Spätwestern „Der Mann, der Liberty Valance erschoß“ erneut über die Leinwand flimmern.
Wenn im Kinosaal der Vorhang fällt, neigen sich die Abende auf dem Miskolcer Filmfestival jedoch noch lange nicht dem Ende zu. Jameson Whisky sorgt in der Jameson Lounge nicht nur jeden Tag ab 16 Uhr für die ausreichende Versorgung mit Kaffee und alkoholischen wie nicht alkoholischen Getränken in Festival Nähe, sondern lädt am Abend zur Afterparty mit live DJ-Sets ein. Doch auch auf dem zentralen Szent István tér der Stadt Miskolc sorgt das Jameson CineFest für mehr Leben, als die ungarische Kleinstadt gewohnt ist: Auf der eigens aufgebauten Bühne sorgen am Eröffnungswochenende insgesamt acht ungarische Bands für Stimmung. Den Anfang macht am Samstag die junge Miskolcer Ska- und Reggaeband Sky Fanatic. Beinahe schon Tradition ist der Auftritt der ebenfalls aus Miskolc stammenden, aber weit über die Stadtgrenzen hinaus bekannten Irish Folkrock-Band Paddy and the Rats. Wie bereits in den vergangenen Jahren werden alle Programmpunkte sowie der Besuch der Filme dem Publikum zum Nulltarif dargeboten – Ein weiterer Anreiz, dem Filmfestival am nächsten Wochenende einen Besuch abzustatten.
Katrin Holtz und György Frenyó
Jameson CineFest Filmfestival Miskolc
- – 20. September 2015
3525 Miskolc, Rákóczi Ferenc utca 5
Weitere Informationen sowie das vollständige Programm des Filmfestivals finden Sie unter www.cinefest.hu