Von Béla Galló
Wir hoffen nicht. Doch ist die Hoffnung keine politische Kategorie. Wir können weiterhin auch nur hoffen, dass die Geheimdienste im Besitz entsprechender Informationen sind (sein werden), um ein solches Szenario zu verhindern. Der Analyst ist freilich weder Politiker noch Geheimagent, sondern stützt sich lediglich auf die Logik, die aus den Ereignissen herauszulesen ist. Aufgrund dieser schwant ihm nichts Gutes.
Im Übrigen ist es keine schlechte Methode, das schlimmste Szenario als Ausgangspunkt zu nehmen. Wenn wir uns darauf vorbereiten, kann es eigentlich nur besser kommen. Wenn das Schlimmste indes unerwartet zutrifft, dann ist es sehr schwierig, gut darauf zu reagieren.
Ich möchte jetzt nicht darauf eingehen, was die Gründe für die Völkerwanderung sind, ob irgendeine politische Strategie dahintersteckt oder ob sie „nur“ die Konsequenz jahrzehntelanger, ja jahrhundertelanger Prozesse ist. Egal, wie es sich verhält, die viel wichtigere Frage liegt derzeit darin, welche internationalen politischen Akteure von der Massenwanderung am ehesten profitieren können.
Der Terrormiliz Islamischer Staat (IS), die zu einem universalen Dschihad gegen alles geblasen hat, was in ihren Augen nicht muslimisch ist, kommt all dies gelinde gesagt gelegen. Ihre Kommunikationsstrategie beruht auf der Einschüchterung, mordet sie doch in einer Art und Weise, dass dies stets in den Weltnachrichten steht. Angesichts der Migrationsströme hat sie nun noch leichteres Spiel, weil sie beweisen kann, dass sie allerorten und jederzeit zu morden imstande ist. Sogar wöchentlich, und wenn es sein muss mitten in Europa.
Der IS ist vor unserer Haustür
Neben dem organisierten Morden legt der IS viel Gewicht auf Eigeninitiative. Ihre Sympathisanten müssen sich nicht organisieren, müssen sich nicht in Zellen tummeln, es reicht, wenn sie entschlossen genug sind (und sie sind es in der Regel), die Ungläubigen dahinzumorden. Gehe hinaus mit Allahs Hilfe und gehe vor, wie es dir beliebt! Gegen solche Attentate ist es viel schwieriger, sich zu schützen als gegen Al-Qaida etwa, weil im Falle der IS-Schergen strukturelle Spuren – falls es überhaupt welche gibt – kaum vorhanden sind.
Wie viele IS-Sympathisanten, die auf eigene Faust handeln, sind mit dem Flüchtlingsstrom ohne jegliche Schwierigkeiten nach Europa gekommen?
Geben wir uns keinen falschen Illusionen hin.
Die Entscheidungsträger des IS wissen allzu gut, welche Spannungen der Flüchtlingsstrom in Europa verursacht. Sie dürften wohl auch wissen, wie die einzelnen Staaten reagieren, wo ihre Schwachpunkte liegen und wo in ihnen am ehesten Chaos und Instabilität geschaffen werden können. Ihre Strategie ist eindeutig: die weitere Stärkung ihrer Präsenz in Europa. Denn vergessen wir nicht: Sie befinden sich bereits auf dem Balkan, sprich Bosnien-Herzegowina, der wichtigsten europäischen Basis des IS, die nur wenige hundert Kilometer von der ungarischen Grenze entfernt liegt.
Es stellt sich hierbei nur noch die Frage: Wann und wo werden sie ihre Serienattentate beginnen?
Wenn Europa derweil weiterhin auf der Stelle tritt, ist es nicht schwer auszurechnen, was hier geschehen wird. Allenthalben wachsen der Fremdenhass und der Wunsch nach einer rigiden Law-and-order-Politik. Nicht zu sprechen von der Verschärfung der Kriegspsychose, der Radikalisierung der Politik und der Stärkung der radikalen Rechten.
Alles passiert genau so, wie es der IS will.
Wir hoffen natürlich, dass es nicht so sein wird.
Dazu muss Europa aber aufwachen.
Der Autor ist Politologe. Der hier wiedergegebene Text erschien auf dem Blogportal Mozgástér.
Aus dem Ungarischen von Peter Bognar
Ja, das ist genau der Punkt. Es muss kontrolliert werden, WER dort eigentlich kommt. Teilweise bekommt man Angst vor dem trojanischen Pferd des IS. Allerdings müssen sich die Perspektiven auf dem Balkan für die Menschen verbessern, denn sonst haben die Rattenfänger leichtes Spiel. Nur diese Hilfe kann dauerhaft die Völkerwanderung stoppen. Nicht, dass der arabische Frühling zur Götterdämmerung des Abendlandes wird.