Nach dreieinhalb Jahren wird Thomas M. Fischer Budapest verlassen, um ab Anfang August das Corinthia Hotel London zu übernehmen. Gegenüber der Budapester Zeitung lässt er seine Budapester Eindrücke noch einmal Revue passieren.
Was waren die Höhepunkte Ihrer Budapester Zeit?
Alles fing zunächst einmal mit einem Tiefschlag an: Eine Woche bevor ich ankam, ging die ungarische Fluggesellschaft Malév pleite. Damit verloren wir fast von einem Tag auf den anderen etwa 20 bis 25 Prozent unseres Geschäfts. Das war gleich einmal ein gewaltiger Höhepunkt an meinem neuen Einsatzort – allerdings ein negativer. Damals war noch völlig unklar, wie es weitergeht. Bezüglich der Low-Cost-Carrier machten wir uns keine großen Hoffnungen, weil deren Klientel eher nicht unsere Zielgruppe ist. Mir wurde also ein Einstieg zuteil, den man sich nicht so unbedingt wünscht. Das Ganze hatte aber auch etwas Gutes – und deswegen erwähne ich diesen Punkt auch auf die Frage nach den Höhepunkten – ab diesem Tiefpunkt ging es die ganzen dreieinhalb Jahre dann nur noch aufwärts, quasi von einem Höhepunkt zum nächsten. Wir konnten und können immer bessere Zahlen schreiben, unsere Umsätze steigen seitdem kontinuierlich. Auch mit Blick auf den Marktanteil konnten wir zulegen. So bin ich jetzt in der Lage, ein Haus zu übergeben, welches bestens funktioniert und am Markt sehr gut etabliert ist. Dafür spricht auch die Verleihung entsprechender Preise. So erhielt unser Hotel im letzten Jahr von der Ungarischen Hotelvereinigung den Titel „Hotel of the Year“. Ich selbst wurde im gleichen Jahr von Budapest Publishing wiederum mit dem Preis „Hotelier of the year“ geehrt.
Wie ist die Marktsituation?
Auch mit den externen Gegebenheiten können wir zufrieden sein. Der Markt arbeitet uns zu, es macht Spaß, hier zu arbeiten. Nicht zuletzt auch, weil sich in der Stadt in den letzten Jahren immens viel getan hat, was sich wiederum in guten Tourismuszahlen niederschlägt. Ich denke, das wird auch so weitergehen. Insofern waren die gesamten dreieinhalb Jahre eine regelrechte Kette von verschiedenen Highlights. Von Jahr zu Jahr ging es mit der Stadt und damit auch für uns stets weiter nach oben. Damit das so bleibt, arbeiten wir permanent an der Verbesserung unserer Angebote.
Zum Beispiel?
Nach verschiedenen Umbaumaßnahmen haben wir jetzt die besten Suiten am Markt. Anfang September kommen wir zudem mit einem topmodernen Meeting-Angebot auf den Markt. Sämtliche Umbaumaßnahmen des Jahres 2015 sind jetzt nahezu beendet, sodass mein Nachfolger jetzt schon bereits geplante und neue Projekte für 2016 und darüber hinaus ins Auge fassen kann.
Welche?
Nachdem in wenigen Wochen der erste Teil des neuen Meeting-Bereichs übergeben werden kann, steht Anfang kommenden Jahres der zweite Bauabschnitt an. Außerdem werden wir weitere Suiten modernisieren. Das Gesamtprojekt soll nächstes Jahr abgeschlossen werden. Dann werden wir unser komplettes Haus praktisch einmal von oben bis unten runderneuert haben. Einschließlich neuer Teppiche, neuer Tapeten etc. Alle unsere Zimmer werden dann neu renoviert sein.
Kommt dann eine Phase ohne Baustellen?
Mein Nachfolger wird sich stärker auf andere Bereiche konzentrieren können. So ist etwa geplant, die Komplettkonzeption des Food & Beverage neu zu überdenken. Hier gilt es zu überlegen, mit welchen Outlets und welchen Restaurant- und Barkonzepten man in den nächsten Jahren am Markt Erfolg haben kann. Die Frage ist, was wollen die Gäste und wie müssen wir uns dementsprechend verändern. Das wird sicherlich ein Hauptthema. In welche Richtung das gehen wird, muss man dann einfach sehen. Wir freuen uns, dass wir etwa mit dem Bock Bistro auf jeden Fall ein paar starke Partner an Bord haben.
Welche Dinge haben Ihnen im Hinblick auf Budapest am besten gefallen?
Da gab es wirklich viele schöne Sachen, die ich erwähnen könnte. Beispielsweise ganz aktuell, dass einmal pro Jahr die Formel 1 in Ungarn Station macht. Ich bin auch total begeistert, dass das Red Bull Air Race endlich wieder zurück ist. Generell ist es toll zu sehen, was aus der Stadt geworden ist: die Restaurants, das Nachtleben, die Ruin-Pub-Szene… In der Stadt ist etwas los, die innerstädtischen Bereiche haben sich in den letzten drei Jahren deutlich belebt. Es wurde viel investiert, beispielsweise beim Parlament, im Burgviertel oder auch in ein neues Fußballstadion. Ich hoffe, dass in Zukunft noch mehr an die Infrastruktur und deren Ausbau gedacht wird, vor allem die Flughafenanbindung besitzt noch Verbesserungspotenzial. Schon allein im Hinblick auf die Olympia-Bewerbung muss hier etwas getan werden. Aber sonst ist es wirklich beachtenswert, was in der kurzen Zeitspanne, die ich hier war, so alles entstanden ist. OB István Tarlós leistet wirklich einen prima Beitrag. Die ständig wachsenden Gästezahlen von Budapest sind ein deutlicher Beleg.
Wie sieht es bei der qualitativen Zusammensetzung aus?
Auch die wird immer besser. Unsere Belegungsdaten sprechen für sich. Die Sorge, dass sich das zugenommene Gewicht an Low-Cost-Carriern in der Qualität der Gästezusammensetzung niederschlägt, hat sich zum Glück nicht bewahrheitet. Darüber hinaus kann sich die Stadt auch einer wachsenden Nachfrage seitens Donau-Kreuzfahrt-Touristen erfreuen. Diesen Punkt betone ich besonders, da diese Klientel für unser Haus eine große und steigende Bedeutung hat. Mit Blick auf die Qualitätstouristen hat uns im vergangenen Jahr übrigens auch das Erscheinen des Films „Grand Budapest Hotel“ sehr geholfen, da wir das Luxushotel in Budapest sind, das dem fiktiven Filmhotel am nächsten kommt und viele Besucher in unserem Hotel die Vorlage für das Filmhotel sehen wollen.
Was schätzen Sie an Budapest?
Insbesondere die Kompaktheit der Stadt. Obwohl es sich um eine Zwei-Millionen-Stadt handelt, ist alles relativ klein und überschaubar. Man hat kurze Wege, man kennt die Leute. Das ist sehr angenehm und wird mir in London sicherlich fehlen. Dort ist natürlich alles viel größer und anonymer. Das war hier nicht so und ist ein Teil der hiesigen Lebensqualität.
Was wird Ihnen noch fehlen?
Da gibt es viele Sachen. Ich kann das gar nicht an ein-zwei Punkten festmachen. Das Gesamtpaket stimmt in Budapest einfach. Die Stadt ist sehr lebenswert und hat einen unglaublich hohen Freizeitwert, ebenso ein gutes Preis-Leistungs-Verhältnis. Auch kommt man – vielleicht nicht gerade im Berufsverkehr – relativ schnell von A nach B, was für eine Großstadt ungewöhnlich ist. Weiterhin Klasse ist: Von Budapest aus ist man schnell in Wien und durch den hiesigen Flughafen ist man auch sonst international gut angebunden. Das ungarische Essen ist etwas Besonderes, mir persönlich aber etwas zu schwer. Die Geselligkeit der Ungarn habe ich auch sehr zu schätzen gelernt. Ich würde jederzeit wieder in Budapest arbeiten. Früher habe ich die Stadt oft mit Prag verglichen, mittlerweile ist mir Budapest jedoch zigfach lieber. Prag ist im Vergleich zu Budapest zu touristisch, hier in Budapest geht es deutlich authentischer zu. Ich kann es nicht anders sagen: Ich habe mich hier sehr wohl gefühlt.
Ist das Kapitel Budapest damit für Sie abgeschlossen?
Absolut nicht. Schon allein, weil meine Lebenspartnerin eine Ungarin ist. So werde ich weiterhin immer wieder in der Stadt sein und deren Entwicklung direkt mitverfolgen können. Wenn die langfristigen Trends und Prognosen zutreffen, dann müssen wir uns um Budapest wahrlich keine Sorgen machen. Auch im Hinblick auf den Hotelsektor. Nur eines ist klar: Die Preise müssen weiter steigen, Budapest ist für eine europäische Metropole einfach zu günstig. Entsprechend müssten natürlich auch die Gehälter steigen. Abgesehen davon, geht es, wo man auch hinschaut, nach oben. Der Flughafen und dessen Positionierung sind sehr gut. 2017 kommt die Schwimm-Weltmeisterschaft nach Budapest, immerhin die drittgrößte Sportveranstaltung der Welt und 2020 findet die Fußball-EM in Ungarn statt. Vielleicht klappt es sogar mit den Olympischen Spielen 2024. Das wäre ein Grund mehr für mich, über ein Comeback nachzudenken. (lacht) An einem meiner bisherigen Einsatzorte, nämlich in Peking, hatte ich schon einmal das Glück, die Spiele hautnah mitzuerleben.