Es ist noch gar nicht so lang her, da erhielt das Veranstaltungsbüro des Budapester Sziget Festivals einen Bescheid: Man sollte ab 2011 eine jährliche Nutzungsgebühr für die Óbudai-Insel zahlen, die vorher nie fällig wurde. Mit 50 Millionen Forint (circa 160.000 Euro) wurde man letzten Endes zur Kasse gebeten. Und nun der Beschluss der Regierung: Quasi als Dank dafür, dass große ungarische Festivals wie das Sziget Touristen ins Land locken, erhalten sie eine finanzielle Unterstützung – das Budapester Festival kommt damit wieder fast auf null heraus.
Vor vier Jahren argumentierte Oberbürgermeister István Tarlós die Erhebung der Gebühren noch damit, dass die Stadt Großveranstaltungen wie das Sziget überhaupt erst möglich mache. Ankurbelung des Tourismus hin oder her – man wolle das Gelände nicht mehr „für null Forint hergeben“, sondern eine direkte finanzielle Beteiligung spüren. Deshalb hatte die Vollversammlung der Stadt Budapest den Beschluss gefasst, eine Nutzungsgebühr für öffentliche Plätze einzuführen, und zwar für alle Veranstaltungen, deren Örtlichkeiten der öffentlichen Hand unterliegen.
Eigentlich ein nachvollziehbarer Beschluss, wenn auch schmerzlich für die Veranstalter, wie PR-Leiter Csaba Marinka vergangenes Jahr gegenüber der Budapester Zeitung zugab: „Gemeinsam mit dem obligatorischen Dienstleistungspaket in Höhe von mindestens 100 Millionen Forint, das wir von städtischen Gesellschaften in Anspruch nehmen müssen, um der Stadt dadurch Einnahmen zu garantieren, ist die Nutzungsgebühr eine Summe, die ein großes Loch in den Festival-Haushalt geschlagen hat.“
Nun kommt scheinbar die Wende, diesmal jedoch von Regierungsseite initiiert: Wie Staatssekretär Bence Rétvári vom HR-Ministerium unlängst bekanntgab, bekommen die Festivals Sziget in Budapest, VOLT in Sopron und Balaton Sound in Zamárdi insgesamt einen Betrag von 150 Millionen Forint (an die 480.000 Euro) zur Verfügung gestellt. Alle drei Festivals werden von der Sziget Kulturális Menedzser Iroda Kft. (Sziget Kulturmanager-Büro GmbH) veranstaltet. Für das Sziget Festival bedeutet dies also, dass sie den Betrag der Nutzungsgebühr durch die Finanzspritze in etwa wieder ausgleichen können.
Fehlende Transparenz
Den Beschluss begründete die Regierung wie folgt: „Wenn sie an Ungarn denken, fallen vielen Europäern die Sommerfestivals ein“, so Rétvári. Gerade die jungen Leute kämen gerne her, da sie das Freiheitsgefühl der Festivals zu schätzen wissen. „10 bis 12 Prozent des Tourismus im Land generieren die Festivals“, erklärte der Staatssekretär. Für die ungarische Wirtschaft entstünden dadurch jährlich Einnahmen von 100 Milliarden Forint, abgesehen von zahlreichen Arbeitsplätzen für die Einheimischen. „Die großen Festivals müssen sich neben ernsthafter internationaler Konkurrenz behaupten, deshalb hat die Regierung den Umsatzsteueranteil des Eintritts von 27 auf 18 Prozent gesenkt“, sagte Rétvári.
Der zusätzlich unterstützende Betrag geht neben den Festivals der Sziget-Veranstalter auch an weitere große Kulturveranstaltungen, darunter das Budapester Frühlingsfestival und das CAFe, die 1,9 Milliarden Forint (6 Millionen Euro) erhalten. Auch an ausgewählte, auf dem Land stattfindende Festivals gehen 250 Millionen Forint, an das Nagyon Balaton 337 Millionen Forint. Der Nationale Kulturfond verteilt darüber hinaus einen Gesamtbetrag von 300 Millionen Forint, um Kultur- und Gastroevents zu unterstützen, die besonders viele Touristen anziehen.
Die Unterstützung von Kunst und Kultur von staatlicher Seite ist obligatorisch, und Beispiele wie das Sziget, wo laut Mitgründer Károly Gerendai 90 Prozent aller Wochentickets im Ausland verkauft werden, zeigen, dass es sich dabei sogar um eine handfeste Wirtschaftsinvestition handelt. Nur: Nicht zum ersten Mal mangelt es auch diesem Regierungsbeschluss an Transparenz, wenn – statt aus einer öffentlichen Ausschreibung erfolgreich hervorzugehen – Kulturveranstaltungen scheinbar beliebig und auf subjektiven Auswahlkriterien basierend in den Genuss öffentlicher Gelder kommen.