Vor rund drei Jahren begann durch Tatkraft der örtlichen Gemeinschaft sowie mit Unterstützung lokaler NGOs das Projekt „Transition Wekerle“. Die einmalige Gartenstadt vor den Toren Budapests ist nun Teil einer weltweiten Initiative, der Transition-Town-Bewegung, welche es sich zum Ziel gesetzt hat, durch Umwelt- und Nachhaltigkeitsprojekte in Städten weltweit für ein besseres Miteinander zu sorgen und eine nachhaltige Entwicklung voranzutreiben.
Robert Hopkins, Begründer der Transition-Town-Bewegung, vertritt eine einfache These: Die Ölvorräte gehen zur Neige. Deshalb muss die Gesellschaft bereits jetzt ihre Lebensweise umstellen, hin zu einem nachhaltigen und gemeinschaftlichen Wirken. Hopkins ist ein britischer Dozent und Umweltaktivist, welcher in Großbritannien den ersten offiziellen Lehrstuhl für „Permanente Agrikultur“ innehat. Zu internationaler Bekanntheit brachte er es durch sein 2008 erschienenes Buch „Energiewende – Das Handbuch. Anleitung für zukünftige Lebensweisen“. In Irland und Großbritannien wird er als ökologischer Vorreiter gehandelt.
Auf Basis seiner Thesen wurde die Transition-Town-Bewegung (zu Deutsch: Stadt im Wandel) ins Leben gerufen. Seit 2006 gestaltet die Bewegung Umwelt- und Nachhaltigkeitsinitiativen in Städten und Gemeinden rund um den Globus. Aktuell sind unter dem Dachverband, welcher in zahlreichen regionalen Zirkeln organisiert ist, knapp 480 offizielle Initiativen gelistet. Der Großteil der Projekte findet in den westlichen Industrienationen statt, vor allem in den Gründungsländern Großbritannien und Irland; in Deutschland sind es derzeit rund 100 offizielle Projekte.
Augenmerk auf ein besonderes Viertel
„Átalakuló Wekerle – Transition Wekerle“: Das ist der Name des ersten offiziellen Projekts in Ungarn. Das Wekerletelep (zu Deutsch: Wekerle-Siedlung) liegt im Südosten Budapests und ist dem 19. Bezirk zugehörig. Erbaut wurde das Budapester Stadtviertel Anfang des 20. Jahrhunderts, als in Zeiten der Industrialisierung neuer Wohnraum geschaffen werden musste. Sándor Wekerle, der erste nicht-adlige Ministerpräsident und damaliger Finanzminister Ungarns, brachte ein neues Städtebaukonzept und damit das Wekerletelep auf den Plan. Ergebnis war ein architektonisches Experiment einer modernen Vorstadt. Das Wekerletelep wird auch als die „Gartenstadt Budapests“ bezeichnet. Die Siedlung besteht zu einem Großteil aus eingeschossigen Häusern, jeweils mit eigenen Gärten. Viel Grün ziert die geometrisch angeordneten Straßen, welche sternförmig auf den Kós Károly tér als zentralen Platz des Viertels zulaufen. Das Stadtviertel wird auch heutzutage vor allem noch von mittelständigen Beamten bewohnt. Die Bewohner zeichnen sich durch ihre starke loyale Verbundenheit zu dem Viertel und miteinander aus. Ein eigener Verein, der Wekerle Társaskör, pflegt spezielle Feste und Brauchtümer des Viertels.
Initiiert wurde das Projekt „Transition Wekerle“ durch das Zusammenwirken der Wekerle-Gemeinschaft und lokaler NGOs. Begonnen wurde im Jahr 2009 mit Events wie dem „Green Saturday“ (grüner Samstag), um die Ideen und Einstellungen der Bewohner im Rahmen von Community-Events kennenzulernen und zu sammeln. Im Folgenden wurden Arbeitsgruppen gegründet, um Bewohner mit gemeinsamen Interessen zusammenzubringen – die Themengebiete reichen von Fahrradfahren bis hin zu „Nachhaltiges Bauen“. Auf große Begeisterung stieß beispielsweise der „Garden Circle“ – um die lokale Nahrungsmittel-Souveränität zu fördern, wurde im Wekerletelep ein Gemeinschaftsgarten gegründet. Das Projekt zeichnet sich vor allem durch Vielfalt wie auch eine stark praktische Komponente aus: Die „Energie-Brigade“ zeigt den Bewohnern beispielsweise, wie sie ihre Fenster und Türen selbst stromsparend isolieren können.
Das Projekt erhält zudem Unterstützung seitens der städtischen Verwaltung: Ein eigens aufgestellter Plan zur Energieeffizienz und erneuerbaren Energien für die bestehenden Immobilien im Viertel wurde in Zusammenarbeit mit lokalen Architekten erarbeitet und schließlich vom Gemeinderat verabschiedet.
Eine Kampagne zu gesundem Essen in Schulen, der Schutz der Agrobiodiversität durch Aussaat von Pflanzensamen, die Einrichtung eines wöchentlichen Bauernmarktes, Aufbau eines Kompost-Programms und vieles mehr: „Transition Wekerle“ vereint ein Bündel von Maßnahmen der städtischen Entwicklung.
Nach eigenen Angaben sind derzeit rund 15 Aktivisten regelmäßig mit dem Projekt beschäftigt, zudem gibt es eine größere Gruppe von 20 bis 30 Unterstützern, welche beispielsweise bei Veranstaltungen aushelfen. „Es ist ein dynamischer und anspruchsvoller Prozess“, fasst Tracey Wheatley, die Koordinatorin des ungarischen Projekts, zusammen. Insgesamt vereint das Projekt rund 200 Teilnehmer, Strukturen sind jedoch mittlerweile auch außerhalb der Initiative gewachsen. In Zukunft wird vor allem daran gearbeitet, die Zusammenarbeit mit einer immer breiteren Palette von weiteren lokalen Projekten und Organisationen zu stärken. Hierzu gehören auch Coaching und Unterstützung anderer neuer Initiativen, die Informationsweitergabe an die interessierte Öffentlichkeit und die Schaffung von Möglichkeiten für lokale Initiativen – „Transition Wekerle“ möchte hierbei vor allem als Katalysator eines wachsenden und breiteren Engagements dienen.
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