Es ist vollbracht: Das Parlament beschloss vergangenen Dienstag den Staatshaushaltsplan für 2016. Normalerweise geschieht desgleichen im späten Herbst. Damit beweist uns die Orbán-Regierung, dass Planen in diesem Land wieder Sinn machen soll.
Ministerpräsident Viktor Orbán versprach den Staatshaushalt 2016 noch vor der Sommerpause des Parlaments, Wirtschaftsminister Mihály Varga löste das Versprechen ein. Am Dienstag verabschiedete das Parlament mit einer knappen Zweidrittelmehrheit den Haushaltsentwurf für das kommende Jahr, der Planungsstabilität und sogar Steuersenkungen bringen soll. Insgesamt 230 Mrd. Forint verbleiben zusätzlich in der Wirtschaft, bei den Arbeitnehmern, den Familien und den Unternehmern, würdigte Varga sein eigenes Werk. Das sind auch wieder zwei Drittel, nämlich zwei Drittel von einem Prozent am Bruttoinlandsprodukt. Diesen gigantischen Betrag „schenkt“ Vater Staat seinen treuen Bürgern demnächst. Die Hälfte davon fließt über die Senkung der Einkommensteuer um sage und schreibe einen Prozentpunkt (von 16 auf 15 Prozent). Das sind 30.000 Forint (100 Euro) mehr pro Steuerzahler. Auch beim Kauf von Schweinefleisch, ein Punkt, der in der Regierungskommunikation gleich an zweiter Stelle gewürdigt wird, werden die ungarischen Verbraucher 2016 durchschnittlich etwa 5.000 Forint einsparen. Steuerzahler mit zwei Kindern fahren besonders gut, da sie übers Jahr hinweg insgesamt 60.000 Forint zusätzlich von ihrer Steuer absetzen können.
Den Banken wird ihre Sondersteuer um 60 Mrd. Forint gesenkt, zudem erhalten sie weitere Abschreibungsmöglichkeiten im Falle intensivierter geschäftlicher Aktivitäten. Allen anderen Wirtschaftsakteuren winkt die Zusage eines Bürokratie- und Gebührenabbaus im Volumen von 10 Mrd. Forint bzw. in ungefähr gleicher Höhe der für die Unternehmen vorteilhafte Umbau des Systems der Berufsausbildungsbeiträge.
Wichtiger sind vielleicht die von der Regierung in Aussicht gestellten Makroindikatoren, die für eine fortgesetzte Gesundung der ungarischen Wirtschaft sprechen. Das Wirtschaftswachstum wird sich nach dem Höhenflug der vergangenen Monate auf bescheideneren 2,5 Prozent ansiedeln, die Inflation wirkt mit 1,6 Prozent im Jahresmittel noch nicht bedrohlich, das Haushaltsdefizit soll mit 2,0 Prozent am BIP weiter gesenkt werden, wie auch die Staatsschulden bis Ende 2016 bei 73,3 Prozent am BIP landen sollen.
Selbst die Kritiker stimmen der Regierung hinsichtlich ihrer Wachstumsprognose weitgehend zu (der BIP-Zuwachs wird 2016 praktisch von allen mit mindestens 2 Prozent erwartet), und ebenso ist man sich in Bezug auf das Defizit einig, dass es wie seit dem Antritt der Orbán-Regierung Jahr für Jahr in Stein gemeißelt nicht mit dem Maastricht-Vertrag in Konflikt geraten wird. Was die Senkung der Staatsschulden anbelangt, hat die Regierung leider bisher noch jede Prognose zu optimistisch angesetzt, doch wären auch die von der OECD erwarteten 75 Prozent aus heutiger Sicht erstrebenswert.
Bemerkenswert ist vor allem der niedrige Inflationsansatz der Regierung, den ausgerechnet die ansonsten auf Harmonie bedachte MNB nicht teilt: Sie geht für 2016 von einer Jahresteuerung von durchschnittlich 2,6 Prozent aus, ähnlich wie IWF, EU-Kommission und OECD. Ein ganzer Prozentpunkt Differenz bei der Inflation, um den sich der Spielraum der Regierung erweitert. Die abgesehen von verschiedenen Haushaltsreserven im Gesamtvolumen von 200 Mrd. Forint noch einen weiteren Puffer von 300 Mrd. Forint eingebaut hat: Sollte das ehrgeizige Defizitziel von 2,0 Prozent am Ende nämlich nicht gelingen, wird deshalb niemand reklamieren.
Das mit dem Schweinefleisch ist eine gute Nachricht. Hat doch selbst der Israeli Ephraim Kishon, definitiv kein Freund der Orban-Regierung, ungarische Salami („hauchdünn geschnitten“) in einer seiner Kurzgeschichten gepriesen.
Das mit der Familienförderung geht natürlich gar nicht, dies ist steinzeitliches Denken. In einer Zeit, da der europäische Konsens politisch korrekt ein völliges Aussterben der abendländischen Eingeborenen in spätestens 5-6 Generationen vorsieht, tanzen diese komplexbeladenen, uneinschtigen Neandertaler in Ungarn wieder einmal aus der Reihe.