Das Zentralamt für Statistik (KSH) publizierte auf über 100 Seiten eine Bestandsaufnahme des vergangenen Jahres. Wir blätterten uns für unsere Leser durch ein Zahlenmeer und fanden neben vielen bekannten auch manch verblüffende Daten.
Im Jahre 2014 standen knapp 4,1 Millionen Ungarn zwischen 15 und 64 Jahren in Lohn und Brot. Das entspricht einer Erwerbsquote von 61,8 Prozent und rangiert nur noch 2,7 Prozentpunkte unter dem EU-Durchschnitt, während dieser Rückstand 2013 noch 5,3 Prozentpunkte ausmachte. Diese Statistik wurde freilich entscheidend durch die Zunahme der öffentlichen Arbeitsprogramme geprägt, in die gegenüber dem vorangegangenen Jahr 118.000 Menschen mehr einbezogen wurden. Nach dem Schulabschluss betrachtet bleiben die Akademiker die mit Abstand aktivste Gruppe am Arbeitsmarkt, deren Erwerbsquote von 80,8 Prozent im Kontrast zu 31,5 Prozent im Kreis der Hilfsarbeiter mit Grundschulabschluss steht. Als erwerbslos galten 2014 noch 7,6 Prozent der Männer und 8,0 Prozent der Frauen, 20,4 Prozent der Berufsanfänger (15-24-Jährige) und nur 6,4 Prozent der über 55-Jährigen. Erwerbslosigkeit traf nahezu jeden fünften Ungarn, der beim Grundschulabschluss stehengeblieben war, aber nur 3,2 Prozent der Akademiker.
Allein Budapest zahlt über Durchschnitt
Die Bruttolöhne für Vollzeitbeschäftigte erreichten im vergangenen Jahr 237.700 Forint, netto verblieben 155.700 Forint (ca. 510 Euro). In der Wettbewerbssphäre wurden netto gut 165.000 Forint, im öffentlichen Dienst durchschnittlich rund 155.000 Forint gezahlt. Die an den öffentlichen Arbeitsprogrammen beteiligten 183.000 Menschen erhielten brutto 78.000 Forint monatlich. Das meiste Geld verdienten wie gehabt die Mitarbeiter des Finanzsektors (im Schnitt netto 320.000 Forint), das wenigste wurde im Gesundheitswesen und im Gastgewerbe gezahlt, wo die Mitarbeiter weniger als 100.000 Forint im Monat mit nach Hause nahmen. Erhebliche Diskrepanzen zeigen sich zwischen den einzelnen Regionen des Landes. Mittelungarn mit der Hauptstadt übertrifft erwartungsgemäß den Durchschnittswert von 155.700 Forint um ein gutes Fünftel mit 188.000 Forint im Monat. Alle anderen Regionen drücken auf den Durchschnitt, die Regionen Nordungarn und Südliche Tiefebene liegen jeweils ein Fünftel, die Nördliche Tiefebene mit knapp 120.000 Forint sogar um ein Viertel unter dem Durchschnitt.
Der „Zehnte“ auf Mindestlohn und weniger
Die Regierung generiert mit jedem noch so schlecht bezahlten neuen Arbeitsplatz Wachstum: Wo die ob ihrer bescheidenen Effizienz kritisierten öffentlichen Arbeitsprogramme der Wirtschaft keine Impulse längs der Wertschöpfungskette zu verleihen vermögen, kassiert der Staat wenigstens über Steuern und Abgaben, denn in Ungarn wird nicht nur der Mindestlohn besteuert, hier holt sich der Staat den „Zehnten“ selbst noch von Leuten, die niedrigste Einkommen beziehen. Womöglich handelt es sich um nichts weiter als Einsicht in die Notwendigkeit, denn die demographische Lage ist nach wie vor erdrückend.
Im vergangenen Jahr wurde Ungarn wieder um eine Stadt der Größenordnung Salgótarján, Cegléd, Baja oder Szigetszentmiklós ärmer: Die Bevölkerungszahl sank um 35.000 Personen, nachdem die Sterblichkeit mit 126.000 Personen nur unerheblich, um 700 Personen, zurückging. Seit den 1980er Jahren leert sich statistisch betrachtet Jahr für Jahr eine ganze Stadt! Die Orbán-Regierung rückte nach 2010 deklariert die Familien in den Mittelpunkt ihrer Gesellschaftspolitik, die Profiteure des Einheitssatzes in der Einkommensteuer und von Steuervergünstigungen sind. So kamen im Vorjahr immerhin 2.800 Babys mehr zur Welt, als noch 2013. Landesweit wurden 91.500 Geburten gezählt, tatsächlich der beste Wert seit dem Tiefpunkt 2010, aber noch immer bei weitem nicht die in den Krisenjahren erreichten 100.000 Geburten im Jahr.
Die Förderung junger Familien spiegelt sich des Weiteren in einer zunehmenden Zahl an Eheschließungen wider – wenn sich 38.700 (junge) Paare das Jawort geben, hofft der konservative Demograph in der Folge mit Recht auf eine steigende Geburtenzahl. Zur traurigen Realität der Statistik gehört aber, dass während der tristen Krisenjahre unter den sozialistisch-liberalen Regierungen zwischen 2002 und 2010 jährlich mehr als 40.000 Ehen geschlossen wurden. Der Fidesz muss das Kunststück vollbringen, in einer alternden Gesellschaft mehr Menschen vor den Altar zu locken.
Kein neoliberales Modell, kein Wohlfahrtsstaat
Die aktuelle Schätzung des KSH setzt die Bevölkerungszahl (ausgehend von den Daten der letzten Volkszählung im Jahre 2011) auf 9,85 Mio. Menschen an – es fehlt den Magyaren im Mutterland also bereits ein komplettes Miskolc oder Szeged, um die magische Zahl von zehn Millionen Einwohnern zu erreichen. In dieser Schätzung finden die internationalen Wanderungsströme bereits Berücksichtigung, d. h. im Zuge der Migrationsbewegungen kann die ungarische Gesellschaft ihren Bevölkerungsschwund heute nicht kompensieren. Nach Deutschland, Österreich, in die Schweiz, nach Schweden, Großbritannien und Übersee sind Hunderttausende Magyaren ausgewandert, gemessen daran nehmen sich einige Zehntausend Deutsche, Chinesen, Vietnamesen, Russen und natürlich Siebenbürger Ungarn statistisch als unerheblich aus. Vor diesem Hintergrund muss die von der Regierung undifferenziert propagierte reservierte Haltung gegenüber Einwanderern nur verwundern.
In der Quintessenz scheint abseits jeder Hysterie klar, dass Ungarn unter der Orbán-Regierung abgesehen von den nach wie vor gern (wieder-)gesehenen Auslandsungarn ganz sicher nicht auf Zuwanderung setzt, um den nicht eben schleichenden Bevölkerungsschwund zu kompensieren. Die kommenden Jahre werden zeigen müssen, ob die bewusst eingeführten Maßnahmen zur Stärkung der Familie nur dazu reichen, den krisenbedingten Tiefpunkt zu überwinden, oder ob es der mit Zweidrittelmehrheit angetretenen Fidesz-KDNP-Regierung in acht Jahren tatsächlich gelingt, die Gesellschaft abseits von Verfassung und Symbolik umzukrempeln und aufzurütteln.
Der Ministerpräsident spricht mit Vorliebe von einem dem Untergang geweihten Westen, dessen neoliberalem Modell Ungarn nicht länger blindlings folgen will. Dabei verschweigt er seinem Volk, dass er ihm den Wohlfahrtsstaat ersparen wird. Schließlich steckt das (nord-) westeuropäische Modell der sozialen Marktwirtschaft, das den Osteuropäern im Sturmwind der politischen Wende von 1989 vorschwebte, in einer tiefen Krise. Die den Träumen jener Zeit nachjagen, zieht es heute noch in den Westen. In ihren Augen erscheint das deutsche oder britische Gesellschaftsmodell halt attraktiver, als das neue ungarische Modell. Orbán wird also weiter viel Überzeugungsarbeit leisten müssen, weniger mit Reden, denn mit Taten.
Die bisherigen drei Teile der Serie können Sie hier („Zahlenspiele mit Milliardenbeträgen“), hier („Bürger schnuppern Wohlstand“) und hier („Produktivere Bereiche“) nachlesen.
“Vor diesem Hintergrund muss die von der Regierung undifferenziert propagierte reservierte Haltung gegenüber Einwanderern nur verwundern”…in welchem Paralleluniversum lebt der Autor dieses Satzes? Natürlich findet eine Differenzierung statt. Niemand kommt in Ungarn auf die Idee, deutschen Facharbeitern, russischen und chinesischen Geschäftsleuten und niederländischen Rentnern Steine in den Weg zu legen. Diese Menschen sind natürlich willkommener, als zB. die kräftigen, jungen, gut gekleideten und mit teuren Handys ausgerüsteten Afrikaner und Orientalen, die jeden Morgen vom Flüchtlingslager Bicske nach Budapest fahren oder in der Lage sind, an Ungarns Südgrenze Taxifahrern ein paar hundert Euro zahlen, um nach Norden kutschiert zu werden. Hier nicht zu differenzieren, wäre ungefähr genauso realitätsbezogen, als hätten die Ungarn des 18. Jh. keinen Unterschied zwischen donauschwäbischen Bauern und plündernden Tataren gemacht.
Wer das britische Modell für attraktiv hält, hat Tomaten auf Augen und Ohren, einige Städte in Großbritannien sind unregierbar geworden, das Land steht kurz vor den Austritt aus der EU und vor der Spaltung.
Da ich in Deutschland lebe und am sozialen Leben der Ungarn hier beteiligt bin, kenne ich recht viele ungarische Familien, die seit 2010 hierher kamen. Sie sind natürlich froh, hier arbeiten zu können-und achten darauf, Wohnungen in überwiegend DEUTSCHEN Stadtteilen zu bekommen. Wenn sie feiern oder Gottesdienste besuchen wollen, nehmen Kontakt mit der lokalen UNGARISCHEN Gemeinde auf. Auf die entstehenden Ghettos und no-go-areas in den Großstädten reagieren sie mit Entsetzten (Orginalzitat:”Mein Gott, sind wir hier in Angyalföld gelandet!?!”). Mögen viele von ihnen Orban kritisieren, so etwas wie Berlin-Kreuzberg oder das Frankfurter Bahnhofsviertel möchte keiner von ihnen haben.
Flüchtlinge: Ungarn setzt Dublin II außer Kraft – “Das Boot ist übervoll!”
Österreich kann Asylwerber nun nicht mehr nach Ungarn abschieben.
Premierminister Viktor Mihály Orbán, geht der Not gehorchend –
auf Konfrontationskurs, setzt nun die Dublin-II-Verordnung außer Kraft.
Damit sind Rückführungen von Asylwerbern nach Ungarn nicht mehr möglich.
Orbáns Regierungssprecher Dr. Zoltán Kovacs sagte:
„Wir alle wünschen uns eine europäische Lösung, aber wir müssen die ungarischen Interessen wahren und unsere Bevölkerung schützen. Viele dieser Menschen sind junge Männer und/oder WIRTSCHAFTSFLÜCHTLINGE!”
„Über 3.000 Flüchtlinge hat Ungarn schon untergebracht, obwohl für lediglich 2.500 Personen Kapazitäten bestehen.das Boot ist übervoll !”
“Wir erwarten Solidarität von unseren europäischen Partnern!“
“Alle schauen nur aufs Mittelmeer. Doch weitaus mehr Menschen kommen über die Balkan-Route in die EU !“
„Dementsprechend sieht die ungarische Führung in einer Abschottungspolitik die einzige Möglichkeit, endlich eine politische Änderung auf europäischer Ebene zu erreichen!“
„Ungarn fühlt sich in Sachen Flüchtlinge alleingelassen.”
„Wir sehen mit diesem Schritt die einzige Möglichkeit, eine politische Änderung herbeizuführen!“
https://de.wikipedia.org/wiki/Viktor_Orb%C3%A1n
http://diepresse.com/home/politik/aussenpolitik/4761198/Boot-ist-voll_Ungarn-nimmt-keine-Fluchtlinge-zuruck?_vl_backlink=/home/index.do
http://www.spiegel.de/forum/politik/fluechtlingspolitik-australien-bietet-europa-nachhilfe-a-thread-276830-3.html
http://www.pi-news.net/2012/12/sloterdijk-vermutet-amerikanischen-plan-zur-destabilisierung-europas/
http://www.pi-news.net/index.php?s=Fl%C3%BCchtlinge
http://homment.com/a4iUXMNbfe
http://info.kopp-verlag.de/hintergruende/deutschland/markus-gaertner/mit-den-fluechtlingsstroemen-waechst-auch-in-europa-die-gefahr-von-buergerkriegen.html
http://www.focus.de/politik/deutschland/rechtsstaat-auf-dem-rueckzug-spd-politiker-das-verschweigen-uns-polizei-und-justiz-ueber-arabische-mafia-clans_id_4770358.html
http://alles-schallundrauch.blogspot.de/2015/04/europa-zahlt-den-preis-fur-die-us.html
https://www.sein.de/festung-europa-zaeune-und-waffen-gegen-fluechtlinge/
Hírlap Magyar