Das in der unweit von Budapest gelegenen Kleinstadt Szentendre ansässige Regional Environmental Center (REC) feierte vergangene Woche sein 25-jähriges Bestehen. Anlass genug, um zum Thema Klimaschutzpolitik und eine „nachhaltige Zukunft“ eine internationale Konferenz zu organisieren. Einer der Gastredner war der ungarische Staatspräsident János Áder, der in der Vergangenheit wiederholt für mehr Nachhaltigkeit appelliert hatte.
Áder berichtete in Sachen Klimaveränderung von einem „persönlichen Erlebnis“, das er mit seinen Zuhörern, darunter die US-amerikanische Botschafterin Colleen Bell, teilen wollte. Wie Áder erzählte, war er einige Tage zuvor bei einem der namhaftesten Winzer der Weinregion Villány (südlich von Pécs gelegen), Ede Tiffán, zu Gast gewesen. Dieser habe ihm mitgeteilt, dass sich die herausragenden Jahrgänge gemehrt hätten. Während es früher etwa alle fünf Jahre Top-Jahrgänge gegeben habe, sei dies inzwischen alle drei bis vier Jahre der Fall. Mithin sei die Region Villány gegenwärtig ein „Nutznießer“ der globalen Erwärmung.
Das Klima in Ungarn wird heißer und heißer
Ein anderer bedeutender Winzer der Villány-Region, Tamás Dúzsi, untermauerte die Worte Tiffáns, so das Staatsoberhaupt. Dúzsi habe ihm, Áder, von den Veränderungen in der Agrarmeteorologie berichtet. Der Weinbauer habe darauf hingewiesen, dass das Thermometer vor einigen Jahrzehnten nur an vier bis fünf Tagen pro Jahr über dreißig Grad Celsius geklettert sei. Heute gäbe es 40 bis 50 Tage im Jahr, an denen die Temperaturen über 30 Grad lägen. Die Erderwärmung finde demnach auch in Ungarn ihren Niederschlag.
Apropos Niederschlag. Auch hier gäbe es Veränderungen, die durch den Klimawandel bedingt sind, erklärte Áder. Es gäbe Regentage in Ungarn, an denen so viel Niederschlag niederprassle wie früher in einem ganzen Monat. Oder Beispiel Balaton. Am Plattensee habe es früher ein bis zwei heftige Stürme in einem Jahr gegeben. Heute gibt es pro Monat zwei, so Áder. Überhaupt seien die Schlagzeilen seit Jahren mit Naturkatastrophen voll, die auf den Klimawandel zurückzuführen seien: biblische Regengüsse, Erdrutsche, Überschwemmungen, Tornados, Hurrikans und so weiter.
Nicht mehr auf der Stelle treten!
Das ungarische Staatsoberhaupt redete einem Perspektivenwechsel das Wort. „Es geht um unser eigenes Leben!“ Dies müsse auch jenen Menschen klar gemacht werden, die nicht gebildet seien. Der Menschheit müsse endlich ins Bewusstsein dringen, dass sie „in Gefahr“ sei, wenn sie so weiter mache. Er rief die größten globalen Umweltverschmutzer, die USA und China, denn auch auf, ihre Schadstoffemissionen „ambitioniert“ herunterzuschrauben. Bislang sei die Menschheit in Sachen Klimaschutz „auf der Stelle getreten“, nun müssten aber endlich Taten folgen, zum Beispiel beim bevorstehenden Klimagipfel in Paris, betonte Áder.
Der ungarische Präsident würdigte diesbezüglich auch die Arbeit des REC, bei dem Experten und Forscher aus den unterschiedlichsten Ländern Europas tätig sind (www.rec.org). Er verwies auf ein erfolgreiches Forschungsprojekt (Carpath Climate Change Framework Project) des REC, das die in den kommenden dreißig Jahren zu erwartende Klimaveränderung im Karpatenbecken zum Inhalt hat. Sieben Länder seien daran beteiligt gewesen. Das Projekt sei ein Musterbeispiel für die grenzübergreifende Kooperation beim Klimaschutz.
Áder schloss seinen Vortrag mit den Worten des ungarischen Nobelpreisträgers Gábor Dénes (Physik): Bisher habe die Menschheit gegen die Natur gekämpft, nun kämpfe sie gegen ihre eigene Natur.