Am Montag traten Regierungssprecher Zoltán Kovács und der Regierungsbeauftragte für die Wohnnebenkostensenkung, Szilárd Németh, gemeinsam vor die Presse. Ihre Aufgabe: Die Kapitulation im Kampf um die Nebenkosten bekanntzugeben.
Das wohl stärkste Mittel im Wahlkampf 2014 war auf Regierungsseite die Senkung der Wohnnebenkosten. Die Onlineausgabe des linksliberalen Wochenmagazins hvg erhielt nun Einblick in ein Schreiben der ungarischen Regierung, in der sie dem Europäischen Energieausschuss über die kommenden Schritte in Sachen Wohnnebenkosten berichtet. Dabei geht es hier nicht nur um den Stopp der Senkungen. Die hvg geht davon aus, dass es in absehbarer Zukunft auch wieder zu Verteuerungen auf dem Strom-und Gasmarkt kommen wird.
Streichung von Steuern in Aussicht
Besagtes Schreiben datiert auf den Mai zurück und ist die Antwort der ungarischen Regierung auf ein Vertragsverletzungsverfahren. Zur Erinnerung: Im März initiierte die EU ein Verfahren gegen Ungarn, Hauptkritikpunkte dabei waren vor allem, dass die Energiebehörde nicht unabhängig arbeitet und die Energieversorger in ihren Rechten beschnitten wurden. Absender des Regierungsschreibens ist Justizminister László Trócsányi, der Brüssel drei Schritte in Aussicht stellt, die zur Einstellung des Verfahrens führen sollen. Als erstes soll mit einem Drei-Stufen-Programm die Preisgestaltung neu geregelt werden. Derzeit schreibt die staatliche Energiebehörde die Preise für Lieferung und Verteilung fest, worunter die Energiewerke leiden. Im Brief ist weiterhin die Rede davon, dass es zur Rücknahme von gleich zwei Steuerarten kommen könnte, der Transaktionssteuer (diese betrifft den Energiesektor nur mitttelbar) und der Energie-Sondersteuer. Diese durften weder auf die Verbraucher umgelegt noch abgeschrieben werden. Ebenfalls für Freude bei den Energieunternehmen dürfte sorgen, dass auch der Bereitstellungspreis nicht länger festgeschrieben sein wird. Derzeit drückt diese Festschreibung die Einnahmen der Energieversorger so sehr, dass kein Spielraum für Investitionen, geschweige denn Profit bleibt.
Weiße Fahne als Siegessymbol?
Am Montag sprach Nebenkostenbeauftragter Szilárd Németh jedoch weiter davon, die Erfolge der Nebenkostensenkungen verteidigen zu wollen. Generell geht es vor allem um Fragen der Regulierung, nur ganz am Rande ist die Preisbildung ein Thema, so Németh weiter. Der auch von großen Teilen der Gesellschaft begrüßte „Nebenkostenkampf“ habe einen Riss im System geschaffen, das ansonsten die Energieversorger privilegiere. Dass die Preise für Energie in Ungarn die zweitniedrigsten in Europa sind, sei ein Erfolg, „von dem wir nicht einen Fußbreit zurückweichen werden“, stellte Németh noch einmal klar. Sollten die Maßnahmen im publik gewordenen Regierungsschreiben realisiert werden, werden Preiserhöhungen jedoch ziemlich wahrscheinlich sein.