Am 22. Mai 2015 fand im prunkvollen Spiegelsaal der Budapester Andrássy Universität das 5. Landesfinale Ungarns im internationalen Wettbewerb “Jugend debattiert” statt. Die 4 Finalistinnen hatten sich in mehreren Durchläufen auf Landesebene qualifiziert. Im Finale diskutierten sie zu der Frage „Soll in Ungarn ein staatliches Lehrbuchmonopol eingeführt werden?“. Anna Ryan aus Budapest überzeugte die Jury besonders und konnte den 1. Platz erringen. Gemeinsam mit der zweitplatzierten Csenge Dörner vertritt sie Ungarn bei der internationalen Finalwoche, die dieses Jahr in Riga ausgetragen wird.
Eine Auseinandersetzung mit kritischen Themen fördern, die eigene Persönlichkeits- und Meinungsbildung anregen sowie kommunikative Fähigkeiten stärken: Es gibt mehr als genug gute Gründe, am Wettbewerb “Jugend debattiert” teilzunehmen. 2001 wurde das Projekt erstmals unter der Schirmherrschaft des Bundespräsidenten in Deutschland ins Leben gerufen und ist dort mittlerweile durchweg bekannt und verbreitet. Das Projekt “Jugend debattiert international” gibt es seit 2005, Ungarn nahm im Schuljahr 2010/2011 erstmals teil. Schülerinnen und Schüler ab Klasse 10 können gemeinsam mit ihren Lehrern im Rahmen eines Projektes teilnehmen, derzeit gibt es acht teilnehmende, vorwiegend mittel- und osteuropäische, Länder.
Szenenwechsel: Trotz oder gerade aufgrund der repräsentativen Räumlichkeiten in der Andrássy Universität war die Anspannung an diesem Vormittag deutlich spürbar. Über mehrere Durchläufe hatten sich die vier, dieses Jahr ausnahmslos weiblichen, Finalistinnen qualifiziert. Eröffnet wurde die Veranstaltung mit einem Grußwort des stellvertretenden Staatssekretärs des Ministeriums für Humanressourcen, Gergely Pröhle. Als Gesandter der Deutschen Botschaft Budapest richtete zudem Klaus Riedel zu Beginn der Veranstaltung ein ermutigendes Wort an die Teilnehmer. Alle Teilnehmer und die Finalistinnen hätten bereits Beeindruckendes vollbracht. Das Zitat des französischen Moralisten Joseph Joubert brachte es auf den Punkt: „Zweck des Disputs oder der Diskussion soll nicht der Sieg, sondern der Gewinn sein“.
Die Streitfrage zielt stets auf ein aktuelles Thema ab, „Soll in Ungarn ein staatliches Lehrbuchmonopol eingeführt werden?“, lautete die Frage in diesem Jahr, ein aktuell im Land stark diskutiertes Thema. Pro und Contra werden bei “Jugend debattiert” jeweils durch zwei Kandidaten vertreten.
Es folgte eine insgesamt 24-minütige Debatte, welcher Jury und Publikum gebannt lauschten und die im Anschluss mit großem Applaus honoriert wurde. Vor der Siegerehrung wurde jeder der Teilnehmerinnen ein ausführliches Feedback gegeben. Die Rückmeldung fiel überwiegend positiv aus – nicht verwunderlich bei der beeindruckenden Debatte: Die Teilnehmerinnen legten allesamt eine rhetorische Gewandtheit an den Tag, von welcher sich so mancher noch etwas abschauen kann. Tipps für eine gute Debatte hat die Budapester Zeitung deshalb im Folgenden für Sie zusammengefasst.
Debattieren – 10 Tipps für die Königsdisziplin der Rhetorik
- Legen Sie Regeln fest
Gute Debatten erfordern Regeln. Diese müssen nicht besonders ausufernd gestaltet sein, ein für alle sichtbares DIN-A4-Blatt mit den wichtigsten Regeln kann Diskussionen auch im Meeting bedeutend effizienter gestalten.
- Debatten helfen, sinnvolle Entscheidungen zu treffen
Sie kennen das: Die meisten Fragen lassen sich nur schwer mit einem klaren „Ja“ oder „Nein“ beantworten. Debatten können dabei helfen, Argumente zu strukturieren, zu gewichten und gegeneinander abzuwägen. Es lohnt sich, zu debattieren – das sollte man stets im Hinterkopf behalten.
- Gute Vorbereitung als A&O
Zunächst ist die thematische Auseinandersetzung mit der Sachlage entscheidend. Es lohnt sich dabei auch, über den eigenen Tellerrand zu blicken. Fragen Sie sich auch: Welche Argumente könnte die Gegenseite ins Treffen führen und wie lassen sich diese entkräften?
- Aktives Zuhören gefragt
Hören Sie den anderen Teilnehmern gut zu, bei Bedarf machen Sie gerne auch Notizen. Das ist erstens höflich und hilft zudem, eine eigene Antwort vorzubereiten, welche auf Gegenargumente gezielt eingeht. Und natürlich lassen sich so auch inhaltliche Schwächen oder Fehler aufdecken.
- Der Ton macht die Musik
Nicht nur während der Debatte, sondern auch in sonstigen Bereichen: Höflichkeit und eine offene Freundlichkeit sollten jedem Teilnehmer selbstverständlich entgegengebracht werden.
- Stimmen Sie Ihre Strategie mit den Mitstreitern ab
Zu einer guten Debatte gehört ein guter Plan. Nutzen Sie Kompetenzen im Team gezielt und überlegen Sie sich gemeinsam das strategische Vorgehen während der Debatte. Die Fußballweltmeisterschaft hat gezeigt: Ein gut funktionierendes Team ist nicht zu unterschätzen.
- Ruhe bewahren
Achten Sie während der Debatte auf die Stringenz der eigenen Beiträge und lassen Sie sich, sollte die Debatte hitzig werden, nicht zu unüberlegten Äußerungen hinreißen. In der Aufregung können leichter Fehler passieren, tief durchatmen und sammeln ist hier die bessere Wahl.
- Sprache und Stimme, Mimik und Gestik
Achten Sie auf Ihre Stimme und Stimmlage. Versuchen Sie, Ihre Argumente mit einer ruhigen und klaren Aussprache entsprechend zu stützen – das wirkt kompetent. Viele Menschen neigen dazu, bei Aufregung schnell und undeutlich zu sprechen. Achten Sie stets, nicht nur während Sie das Wort haben, auf Ihre Mimik und Gestik. Hier kann unter Umständen gezieltes Rhetoriktraining helfen.
- Übung macht den Meister
Zugegeben, ein alter Spruch, der sich jedoch vor allem bei der Debattierkunst bewahrheitet. Regelmäßiges Training, auch vor dem Spiegel oder mit Hilfe von Videoaufnahmen, stärken Selbstwahrnehmung und zeigen Verbesserungspotenzial auf.
- Authentisch bleiben
Neben den genannten Tipps ist der letzte Rat nicht minder wichtig: Bleiben Sie unbedingt authentisch. Am besten überzeugt es sich immer noch mit einer ehrlichen Meinung und der eigenen Persönlichkeit.