Nevem Senki
Ich glaube, es ist inzwischen müßig, darüber zu berichten, was einzelne Regierungspolitiker zum Thema Devisenkredite von sich geben. Wir wollen sie aber mit den Tatsachen konfrontieren. Viktor Orbán sprach zuletzt in einem Interview mit dem Kossuth-Rádió davon, dass die Familien von den Banken rund tausend Milliarden Forint zurückbekämen, was in der ungarischen Geschichte beispiellos sei. Nach Orbáns Worten waren der Regierung bei der Rettung der Devisenkreditnehmer in rechtlicher Hinsicht enge Grenzen gesetzt. Doch vermochte sie diese Grenzen maximal auszureizen. (…)
Statt nun die gemeinen Sozialisten einmal mehr an den Pranger zu stellen, die seinerzeit die raffgierigen Banken komplizenhaft dabei unterstützten, Hunderttausenden arglosen Menschen Schweizer Franken Kredite anzudrehen, sollten wir vielmehr unter die Lupe nehmen, was der Fidesz jenseits der großen Töne und vollmundigen Versprechungen bisher für die Schuldner getan hat.
Sie haben zumindest erfolgreich erreicht, dass viele Menschen noch immer folgenden Interpretationen anhängen: 1) Die Schuldner werden aus Steuergeldern entlastet. 2) Sie sollten ihrem eigenen Schlamassel überlassen werden. (…)
Eins ist auf jeden Fall sicher: Werden die Schuldner in ihren finanziellen Verpflichtungen nicht spürbar entlastet, wird es hierzulande keine Belebung des Binnenkonsums geben – voraussichtlich jahrzehntelang. Als Folge davon wird der Dienstleistungssektor aufgrund des permanenten Nachfragemangels nach und nach an Terrain verlieren, ebenso die Bauindustrie, die Autohändler und so weiter und so fort. Mit anderen Worten: Auf diese Sektoren warten dürre Zeiten, weil sich die Banken die Vermögen der Devisenkreditnehmer unter den Nagel reißen werden. (…)
Nun da sie per Brief mit den Abrechnungen ihrer Banken konfrontiert wurden, schäumen viele Devisenkreditnehmer vor Wut, schließlich wurde ihnen etwas anderen versprochen, unter anderem um 30 Prozent niedrigere Tilgungsraten und niedrigere Restschulden. Stattdessen ist das Gegenteil eingetreten: Gemessen an den aufgenommenen Krediten sind horrende Restschulden und darüber hinaus astronomisch hohe Rückzahlungsraten zu entrichten.
Fidesz-Rettungspaket taugt überhaupt nichts
Stellt sich nun unweigerlich die Frage: Welche Entlastung gibt es für die Devisenkreditnehmer? Fast keine. Und welche Hilfe gibt es? Fast keine. Segnen die Kreditnehmer die Umstellung auf Forint-Darlehen mit ihrer Unterschrift ab, heißen sie automatisch diese ganze Schweinerei gut, die von der Regierung unter dem Motto „Rettungspaket für die Devisenkreditnehmer“ ausgeheckt wurde. Unterschreiben die Schuldner nicht, haben sie sechzig Tage Zeit – welch himmelschreiender Zynismus! –, um ihre Gesamtschuld abzutragen.
Die Boulevardzeitung Blikk illustrierte kürzlich die Ungerechtigkeit und Unhaltbarkeit der Situation an einem Beispiel. Ein Szegediner Mann nahm 2008 einen Schweizer Franken Kredit in Höhe von 20,5 Millionen Forint auf, den er in den Folgejahren brav zurückzahlte. Bis heute konnte er 16 Millionen Forint abstottern. Per Brief von seiner Bank erfuhr er aber nun zu seinem Leidwesen, dass die Bank nicht weniger als 69 Millionen Forint von ihm fordert. Noch einmal: seine Kreditsumme belief sich 2008 auf 20,5 Millionen Forint! So wurde er also von der Regierung gerettet.
Daraus folgt die Feststellung: Das Rettungspaket des Fidesz ist keinen lumpigen Heller wert. All die Versprechungen waren Augenwischerei und Irreführung, wofür die verlogene Regierungspartei bei künftigen Wahlen noch teuer bezahlen wird. Der Fidesz wird sich von dieser Schande nie und nimmer reinwaschen können.
Der hier in Auszügen abgedruckte Text erschien in der unabhängigen Wochenzeitung Nevem Senki.
Aus dem Ungarischen von Peter Bognar